Wer in der koreanischen Geschäftswelt zuhause ist, weiß: Offizielle Geschäftsessen werden gewöhnlich auf den Abend gelegt, während gemeinsame Mittagessen eher der Arbeitsebene zuzuordnen sind. Letztere starten meist um zwölf, Abendessen um neunzehn Uhr. Die Treffen finden in der Regel in Restaurants statt, Einladungen nach Hause sind ausgesprochen selten.
Koreanische Gastgeber wählen oft eine exklusive traditionelle Lokalität, die dem deutschen Partner einen Eindruck der koreanischen Ess- und Trinkkultur vermitteln soll. Neben dem Hauptgericht werden viele Schälchen mit den unterschiedlichsten Speisen gleichzeitig serviert, von denen alle am Tisch gemeinsam essen.
In vielen dieser Restaurants ist es Usus, am Eingang die Schuhe auszuziehen, – frische, intakte Strümpfe sind also wichtig. Das Essen selbst wird dann, oft in einem abgetrennten Raum, auf dem Boden sitzend eingenommen. Wer dies aus gesundheitlichen Gründen nicht kann, sollte seinen Gastgeber frühzeitig informieren.
Für die Mahlzeit selbst reicht es, gute zwei Stunden einzuplanen. Allerdings folgt einer Abendeinladung oft eine sogenannte „zweite Runde“: Nach dem Essen, das häufig sehr formal abläuft, wird die Geschäftsbeziehung durch den gemeinsamen Besuch einer Karaoke-Bar oder eines Nachtclubs im lockeren Rahmen fortgesetzt.
Funktion von Geschäftsessen
Der Erstkontakt zwischen potenziellen Geschäftspartnern zählt zu den typischen Anlässen für eine Einladung. Doch auch nach erfolgreichem Projektabschluss oder während einer längeren Verhandlungspause sind Geschäftsessen üblich.
Anders als im Westen, wo Geschäftsessen häufig Meetingcharakter haben, geht es dabei in Korea vor allem um die soziale Komponente. Da langfristige Beziehungen geschätzt und gepflegt werden, ist ein gemeinsames Essen, eine gute Möglichkeit, die persönliche Bindung zum Geschäftspartner zu vertiefen. Man will den deutschen Gast besser kennenlernen und schon vor Beginn beispielsweise von Verhandlungen einen Eindruck von seiner Vertrauenswürdigkeit gewinnen.
Bei Tischgesprächen werden daher unmittelbar geschäftsbezogene Themen ausgeklammert und persönliche Aspekte fokussiert. Für Koreaner sind Gemeinsamkeiten zwischen den Geschäftspartnern von großer Bedeutung. Übereinstimmender Herkunftsort, Besuch der gleichen Hochschule oder gemeinsame Bekannte tragen erheblich zum Beziehungsaufbau bei. Berührungspunkte mit deutschen Partnern könnten z. B. sein: Der Deutsche kommt aus einer Region, in der sein koreanisches Gegenüber studiert hat oder beruflich tätig war. Der Koreaner kennt Deutschland von einer Europareise. Beide betreiben die gleiche Freizeitaktivität.
Für die distanzierten, sachlichen Deutschen ist diese Überschneidung professioneller und persönlicher Beziehungen ungewohnt. Sie empfinden die direkten Fragen des koreanischen Gegenübers oft als Eindringen in ihre Privatsphäre. Den Koreanern hingegen dienen die so gewonnenen Informationen zur Status-Einordnung ihres Interaktionspartners. Auch wenn es schwerfällt, – um ein angenehmes Gesprächsklima zu schaffen, sollten die Fragen, wenn nötig ausweichend, beantwortet werden.
Gastgeschenke
Zu einem Geschäftsessen sollte der Gast nicht mit leeren Händen kommen, kleine Präsente tragen zum Aufbau einer neuen Beziehung bei. Die Auswahl eines geeigneten Gastgeschenkes ist ein sensibles Thema: Es sollte zum Ausdruck bringen, dass sich der Schenkende Gedanken über seinen Geschäftspartner gemacht hat. Gleichzeitig darf es nicht zu groß sein, da sich Freundschaft nicht erkaufen lässt und der Eindruck von Einflussnahme entstehen könnte.
Ohnehin verbinden Koreaner mit dem Überreichen oder dem Empfang eines Geschenks die Erwartung einer Gegenleistung auf gleichem Niveau. Landestypisch deutsche Präsente von einer gewissen Wertigkeit haben sich bewährt. Aber auch edle alkoholische Getränke wie Obstbrände, Whiskys oder Cognacs finden positiven Anklang.
Gemeinsam essen und trinken
Bei Tisch ist der beste Platz, der mit dem Gesicht zur Tür, für den ranghöchsten Gast reserviert. Ihm gegenüber sitzt der ranghöchste Vertreter der anderen Seite. Die Sitzordnung der Plätze daneben ist ebenfalls von der Hierarchie bestimmt. Der Gastgeber wählt die Speisen für alle aus. Er beginnt und beendet die Mahlzeit, alle anderen passen sich seinem Esstempo an.
Es ist üblich, die Gerichte der Reihe nach mindestens einmal zu probieren und sich dabei gegenseitig zu empfehlen. Bei unbekannten Speisen ist Nachfragen möglich, höflicher ist es allerdings, sie zumindest zu kosten. Koreaner schätzen es, wenn westliche Geschäftsleute auch „ungewöhnliche“ nationale Spezialitäten essen können.
Ebenfalls zum guten Ton gehört es, bei Tisch seine Sitznachbarn mit einzubeziehen: Es ist ein Zeichen von Sympathie, wenn der Gastgeber dem Gast Leckerbissen auf den Teller legt. Ist dies der Fall, bedankt man sich, isst mit Genuss und lobt das Essen ausgiebig. Auch Getränke gießt sich niemand selbst ein. Man bekommt sie eingeschenkt und füllt dafür im Gegenzug das leere Glas des anderen. Dabei werden häufig Trinksprüche ausgebracht. Solche Toasts sind ideal, um Gastgeber, Speisen und Beziehung zu würdigen.
Nachdem dem letzten Gang wird ein Essen für den ausländischen Gast oft überraschend abrupt durch den Gastgeber beendet. Folgt keine „zweite Runde“, wird der Gastgeber seine Gäste bis vor das Restaurant begleiten, um sich dort nochmals zu verabschieden, und um sicher zu gehen, dass sie ein Taxi bekommen.
Wer vom koreanischen Geschäftspartner eingeladen wurde, sollte – dem Reziprozitätsprinzip zwischenmenschlicher Beziehungen folgend – unbedingt darauf achten, bei nächster Gelegenheit eine Gegeneinladung auszusprechen.
[Erstveröffentlicht in: KORUM – Korea, Unternehmen, Märkte – Hrsg. Deutsch-Koreanische Handelskammer – Nr. 6 | 2009, S. 23 f.]
Autorin:Prof. Dr. Anja K. Haftmann
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