Als Expat im Ausland erfolgreich – Interview: Sicher im Ausland leben und arbeiten.

Reisesicherheit ist Sven Leidels Herzensangelegenheit. Der Fachmann berät Konzerne genauso wie kleine und mittelständische Unternehmen, damit der Auslandsaufenthalt ein Erfolg wird – für alle.


Herr Leidel, Sie sind DER Experte, wenn es ums Thema Reisesicherheit geht. Ist die Welt für Sie ein unsicherer Ort?

Sven Leidel (lacht): Ja. Aber mit gründlicher Vorbereitung und gesundem Menschverstand kann man viel steuern und zur eigenen Sicherheit beitragen. Wenn man sich an die Spielregeln hält, die im jeweiligen Land gelten, ist schon viel gewonnen.

Dieses Jahr feiern Sie zwanzigjähriges-Jubiläum, denn seit 2003 sind Sie als selbstständiger Berater weltweit unterwegs. War das schon immer Ihr Berufswunsch?

Sven Leidel: Nicht wirklich, aber der Bereich hat mich schon früh gereizt. Aber zuerst musste ich etwas Anständiges, etwas Vernünftiges lernen, wozu mir meine Eltern geraten haben. Das war damals eine Lehre zum Bankkaufmann. Nach meiner Bundeswehrzeit machte ich mich dann mit einem Sicherheitsdienst selbstständig. Als ich die Chance hatte, einen amerikanischen Global Player im europäischen Markt einzuführen, der Dienstleistungen im Bereich Security Assistance anbot, habe ich nicht lang gezögert und das Europageschäft für ihn aufgebaut. Der Markt war offen dafür und es gab zu dem Zeitpunkt keine alternativen Dienstleister in diesem Bereich.

Welchen Stellenwert hatte das Thema damals?

Sven Leidel: Das kann ich am besten anhand eines Beispiels beschreiben. Die Lufthansa hatte mich vor einigen Jahren beauftragt, einen Workshop zum Thema Frauen auf Reisen zu halten. Etwa 50 Teilnehmende waren dabei, die ich fragte, welche Online-Plattformen oder Bücher sie kennen würden, die darüber informieren. Schweigen. Es gab damals einfach nichts dazu. Auf Amazon wurden einem Schlösser und Bänder fürs Gepäck angezeigt, wenn man das Stichwort Reisesicherheit eingab. Aus der Runde kam dann die Anregung, warum ich nicht ein Buch schreiben würde – was ich dann auch getan habe. 2014 ist es erschienen und es war zu diesem Zeitpunkt das erste auf dem Markt zum Thema Reisesicherheit im Unternehmen.

Es ist ein Nachschlagewerk mit über 350 Seiten. An wen richtet es sich genau?

Sven Leidel: Zum Beispiel an Sicherheitsverantwortliche in Unternehmen, an Geschäftsleute, die ins Ausland reisen, und natürlich auch an Expats und deren Familien. Das Themenspektrum ist breit gefächert: Allgemeines zur Reisesicherheit, Notfallmanagement, Reisesicherheit in der Praxis, ausführliche Informationen zur Reisevorbereitung, Infos zum Aufenthalt und zur Rückkehr – um nur ein paar Inhalte zu nennen.

Sie beraten nationale und internationale Großunternehmen, multinationale Konzerne und Versicherungen. Wie steht’s mit den kleinen und mittelständischen Unternehmen?

Sven Leidel: Die würden wir gern noch mehr mit ins Boot holen. Bei den KMU herrscht oftmals noch die Meinung, dass das Thema Reisesicherheit nicht wichtig ist – hat man ja noch nie gebraucht. Warum jetzt? Hinzu kommt, dass sie befürchten, ihr Budget würde dafür nicht reichen. Mir liegt sehr am Herzen, deutlich zu machen, dass wir schon mit wenig finanziellem und zeitlichem Aufwand eine Menge machen können, um die Risiken für ihre Expats und Geschäftsreisenden zu minimieren. Es muss nicht das große, teure Servicepaket sein.

Wie gehen Sie vor?

Sven Leidel: Zuerst einmal schaue mir das Unternehmen genau an. In welcher Branche ist es tätig? Für Mitarbeiter*innen in der Rüstungsindustrie sind die Gefahren größer als beispielsweise in der Waschmittelproduktion. Natürlich ist es wichtig, in welchem Land sie arbeiten und wie die Sicherheitslage dort ist. Generell kann man sagen: Je exotischer die Destination ist, desto mehr muss man machen – das gilt für den Arbeitgeber genauso wie für den Expat. Ein Punkt ist auch, ob Frauen oder Männer im Ausland unterwegs sind. Frauen sind grundsätzlich stärker gefährdet, weil sie in manchen Kulturen als schwach und minderwertig gelten. Dafür haben wir ein spezielles Training ausgearbeitet. Geht der Expat mit der Familie ins Ausland, muss das ebenfalls unbedingt mit berücksichtigt werden.

Inwiefern?

Sven Leidel: Stellen Sie sich vor, ein Arbeitgeber entsendet einen Mitarbeiter – sagen wir mal – nach Kolumbien. Er erhält ein Coaching, seine Familie aus Kostengründen nicht. Erst vor Ort erleben Frau und Kinder, dass sie einen eigenen Sicherheitsbegleiter haben, sie in einem Haus leben, das mit hohen Mauern eingezäunt ist und die Kinder zur Schule gefahren und wieder abgeholt werden, weil alles andere zu gefährlich ist. Nicht erst einmal habe ich mitbekommen, dass die Familie das nicht mitmachen wollte, ihre Sachen packte und wieder nach Deutschland zurückkehrte. Nach ein paar Wochen allein ist der Expat frustriert und bricht die Entsendung ab. Für das Unternehmen ist so ein Abbruch immens teuer. Deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass die Familie schon im Vorfeld mit einbezogen wird. Und das meine ich nicht nur in Bezug auf die Lebenssituation, die sie im Zielland erwartet, sondern auch auf die Risiken.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Sven Leidel: Es sollte allen Familienmitgliedern bewusst sein, dass sie sich in manchen Ländern erpressbar machen, wenn sie Geschenke annehmen. Zuerst ist es ein Zoobesuch, zu dem die Familie von einem Dienstleister eingeladen wird, dann zu einer Urlaubsreise, einem Flug mit dem Hubschrauber und so weiter – irgendwann fliegt das dem Expat um die Ohren, weil er genötigt wird, etwas zurückzugeben, zum Beispiel in Form von Aufträgen für den Dienstleister.

Was raten Sie Expats allgemein?

Sven Leidel: Generell zur Vorsicht bei Alkohol und Drogen. Dadurch bringen sich vor allem Männer in Gefahr. Wir mussten mal eine amerikanische Delegation in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus Sarajevo retten, da ein Streit mit Locals in einer Bar eskaliert war. Ein weiteres Risiko hauptsächlich für Männer ist, sich durch kompromittierende Fotos erpressbar zu machen.

Ihre Trainings gibt es in Präsenz und online in vielen verschiedenen Sprachen. Wie werden die angenommen?

Sven Leidel: E-Learning ist bei Firmen ein großes Thema – und bei uns auch, weil wir das Angebot ständig erweitern und an die Zielgruppen anpassen. Für die Generation Z haben wir beispielsweise kleine Snippets zu unterschieden Themen zur Reisesicherheit entwickelt. Die sind etwa zwei, drei Minuten lang und leicht mal zwischendurch zu konsumieren. Audio-Learning bieten wir ebenfalls an. Ach ja, und für Kinder bringe ich gerade ein Malbuch heraus, in dem sich in 45 Kapiteln alles um die Reisesicherheit dreht. Sie sehen, die Ideen gehen mir nicht aus.


Sven Leidel (1968 in Hamburg geboren) ist gelernter Bankkaufmann und studierte Technische Betriebswirtschaft in Hamburg. Als ehemaliger Angehöriger der deutschen Militärpolizei befasst er sich seit 1988 mit dem Thema Schutz und Sicherheit. Heute ist er in diversen nationalen und internationalen Sicherheits- und Fachverbänden in beratender und leitender Funktion tätig. Leidel ist Fachdozent und Trainer, Schulungsleiter und Autor, Sicherheitsberater und Experte auf dem Gebiet der Reisesicherheit. Zudem beschäftigt er sich mit dem Spezialthema „Schutz gefährdeter Personen“.

Als Leiter der crossculture academy weiß Steffen Henkel einfach alles über interkulturelle Trainings und Entsendungen. Er liefert den Input. Das Schreiben darüber überlässt er gern der Journalistin und Texterin Andrea Toll. Das funktioniert super und macht beiden richtig Spaß – denn darauf kommt es doch auch an, oder?

Andrea Toll & Steffen Henkel

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