Verhandeln in Japan – aber wie?

In vielen Fällen liegt schon in unserem westlichen Denkansatz die erste Problematik. So reisen deutsche Geschäftsleute häufig nur mit Basiskenntnissen über die Geschäftskultur ihrer angehenden Geschäftspartner ausgestattet nach Japan und sind davon überzeugt, dass sie mit ihrer westlichen Erfahrung und Intuition auch in Verhandlungen in dieser ihnen fremden Kultur erfolgreich sein werden. Dabei gilt die japanische Geschäftskultur unter westlichen Insidern als ein sehr schwer verständliches Phänomen innerhalb der industrialisierten Geschäftswelt.

Aufbau von Vertrauen

Lassen Sie mich Ihnen ein paar grundlegende Besonderheiten für Verhandlungen mit japanischen Geschäftspartnern aufzeigen. Das Fundament aller Geschäftsbeziehungen in Japan ist – weitaus stärker als in Europa – die zeitige Entwicklung einer persönlichen Beziehung und der Aufbau von Vertrauen zum japanischen Verhandlungspartner. Dabei kommt dem richtigen Auftritt bei der ersten Begegnung bereits eine große Bedeutung zu. Generell ist es schon einmal vorteilhaft, immer extrem höflich und zurückhaltend aufzutreten.

Verhandlungspartner treten als Gruppe auf

Japanische Verhandlungspartner treten in der Regel als Gruppe auf. Hier zählt nicht das Individuum, sondern die Gruppe. Daher verhandelt man meist nicht mit einem einzelnen, sondern mit mehreren japanischen Partnern. Höhergestellte gelten in Japan mehr als in der westlichen Welt, Niedriggestellte weniger. Ein japanisches Verhandlungsteam ist daher nicht mit einem westlichen Team gleichzusetzen. Bei der Konsensfindung innerhalb einer japanischen Gruppe bestehen klare hierarchische Regeln. Resultierende Entscheidungen werden nicht allein, sondern von der Gruppe in aller Regel einstimmig getroffen. Und dieser Entscheidungsprozess benötigt mehr Zeit, als die meisten Europäer für möglich halten.


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Essentielle Verhandlungsregeln

Aus diesen Besonderheiten ergibt sich eine Anzahl von Verhandlungsregeln, die Sie aus westlicher Sicht in dem erforderlichen Maße nicht anwenden würden, deren Beachtung in Japan allerdings unerlässlich ist. Hier sind einige davon:

  • Betonen Sie in Eingangspräsentationen die Vorzüge Ihres Unternehmens, Ihrer Produkte oder Leistungen. Lange Traditionen eines Unternehmens werden in Japan hoch geschätzt. Sie geben den japanischen Counterparts Sicherheit und Vertrauen.
  • Des Weiteren halten Sie Ihre Präsentationen verbindlich und nicht humorvoll ab, wobei Sie zu Beginn einen Inhaltsüberblick geben.
  • Es ist empfehlenswert, in Besprechungen nicht „westlich“ oder gar „amerikanisch“ zu agieren. Kommen Sie also nicht so schnell zur Sache.
  • Vermeiden Sie in Präsentationen viele Zahlen und Tabellen, wenn Sie diese nicht zuvor dem Geschäftspartner rechtzeitig zur Vorbereitung zur Verfügung gestellt haben.
  • Alle japanischen Teilnehmer sind in die Gespräche mit einzubeziehen und mit Respekt und Höflichkeit zu behandeln. Dem Verhandlungsführer der Gegenseite gebührt dabei besondere Achtung.
  • Vermeiden Sie, Ihre Geschäftspartner in Verhandlungen mit neuen Aspekten oder Tatbeständen zu überraschen. Im Zweifelsfall müssen Sie andernfalls mit einer Vertagung der Verhandlung rechnen.
  • Gehen Sie davon aus, dass Ihre englischsprachigen Ausführungen vom japanischen Verhandlungspartner nicht vollständig verstanden werden. Eine Nachfrage, ob sie alles verstanden haben, ist in der Regel überflüssig, da sie aufgrund eines drohenden Gesichtsverlusts nicht zugeben würden, etwas nicht verstanden zu haben.
  • Der im Westen oft belächelte Gesichtsverlust ist ein ernstes Phänomen. Vermeiden Sie daher jede offene Kritik, Hinweise auf Schwächen oder Fehlleistungen und sogar kleinste Bloßstellungen.
  • Wenn Sie langsam und deutlich reden, verringern Sie die Gefahr von Missverständnissen maßgeblich.
  • Gehen Sie davon aus, dass Sie für Verhandlungen in Japan deutlich mehr Zeit einplanen müssen als in der westlichen Welt.
  • Im Gegensatz zur westlichen Praxis, vorliegende Vertragsentwürfe schließlich Punkt für Punkt durchzugehen und durch gegenseitige Konzessionen über Teileinigungen zu einer Gesamteinigung zu kommen, sehen Japaner Vertragsdokumente als Ganzes. Verlieren Sie sich also nicht in Einzelheiten.

Es ist bewundernswert zu beobachten, wie ausdauernd Japaner sein können. Bei allem Verhandlungseifer und Durchhaltevermögen vergessen Sie nie die Wichtigkeit der Harmonie. Bereiten Sie sich auf japanische Verhandlungen richtig vor und bleiben Sie immer freundlich, so erhalten Sie eine gute Atmosphäre!

Autor: Gerd Schneider – Gerd Schneider berät Unternehmen mit dem Schwerpunkt Asiengeschäften und bietet interkulturelles Training für Länder wie China, Japan und Korea an. Insgesamt zählen über 30 weltweite Ziele zu seinem vielseitigen Repertoire.


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