Kulturelle Unterschiede Japan

„Im Grunde genommen weiß ich, dass ich Japaner nie verstehen werde.“ Mit diesem Zitat von Prof. Dr. Theo Hermann, ehem. Vorsitzender der Deutsch-Japanischen Gesellschaft für Sozialwissenschaften, Universität Mannheim, dürfte vielen Managern in Japan aus dem Herzen gesprochen sein. Trotzdem kann es lohnend sein, sich die japanischen Kulturstandards vor Augen zu führen, um neue Erfahrungen mit der japanischen Mentalität besser verstehen und einordnen zu können.

Japaner brauchen Kommunikation und Harmonie

Oberstes Gebot bei geschäftlichen Verhandlungen mit Japanern ist die Wahrung der Harmonie, was sich vor allem in einer indirekten, sehr impliziten Form der Kommunikation niederschlägt. Worte werden sorgfältig ausgewählt. Um einer Unterhaltung richtig folgen zu können, muss man den Gesamtzusammenhang kennen, Hintergrundinformationen gesammelt haben, Umschreibungen und Andeutungen richtig zu interpretieren wissen. Ein „Ja“ signalisiert in Japan meist nur, dass das Mitgeteilte akustisch verstanden worden ist. Ein „Nein“ wird immer auf Umwegen, durch Umschreibungen abgeschwächt übermittelt. Auch das richtige Schweigen kann in der japanischen Kultur Gold wert sein. So ist in einer geschäftlichen Besprechung eine mehrminütige Unterbrechung ganz normal. Dies fordert von den deutschen Managern ein hohes Maß an Disziplin, um das allgemeine Schweigen „ertragen“ zu können. Besonders hervorzuheben sind auch die zahlreichen nonverbalen Äußerungen wie Lächeln, wechselnde Blicke, Seufzer, Gesten etc., die in der japanischen Kommunikatino meist mehr sagen als tausend Worte.


Knigge: Umgangsformen Japan

  • Verbeugen Sie sich vor Ihren Verhandlungspartnern.
  • Visitenkarten sollten auch in Japanisch verfasst sein.
  • Visitenkarten stets mit rechter und linker Hand gleichzeitig geben und annehmen.
  • Lesen Sie die Visitenkarte Ihres Verhandlungspartners aufmerksam.
  • Legen Sie die Visitenkarte vor sich auf den Tisch oder in ein Etui.
  • Japaner schauen gerne Fotos an. Bringen Sie ein paar Familienbilder mit.
  • Es wird lautstark gegessen und getrunken.
  • Stäbchen nur auf der kleinen Porzellanbank ablegen.

Um die Harmonie nicht zu gefährden, werden in Japan Konflikte niemals direkt angesprochen. Lassen sich auftauchende Probleme oder Meinungsverschiedenheiten nicht auf die sanfte Art klären, wird meist ein externer Vermittler eingeschaltet. Er wird die Konfliktparteien Schritt für Schritt zu einer Einigung führen, ohne dass jemand einen Gesichtsverlust erleidet. Das „Gesicht“ drückt für Japaner Würde und Reputation aus, die niemals durch öffentliche Kritik oder mangelnden Respekt angetastet werden dürfen. Oberste Priorität in den Umgangsformen mit Japanern hat daher, niemals laut zu werden oder die Beherrschung zu verlieren. Denn damit beleidigen Sie nicht nur Ihren japanischen Geschäftspartner, sondern Sie verlieren noch dazu selbst an „Gesicht“. Ungeduld gilt in der japanischen Kultur ebenfalls als äußerst unhöflich.

Für den Small Talk sollte man den richtigen Gesprächsstoff wählen. Wahren Sie auch hier die Harmonie und vermeiden Sie Themen wie Politik, Religion, Rolle der Frau etc.. Reden Sie keinesfalls schlecht über Japan oder Deutschland. Berichten Sie nur von positiven Erfahrungen auf Ihrer Geschäftsreise nach Japan und heben Sie auch die Besonderheiten Ihrer deutschen Heimat hervor. Dann geben Sie sowohl Ihrem japanischen Geschäftspartner als auch sich selbst Gesicht.

Verhaltensregel Nr. 1: Beziehungen aufbauen

Neben dem indirekten, zurückhaltenden Kommunikationsstil hat die Pflege der Beziehungsebene im japanischen Geschäftsleben oberste Priorität. Der langfristige Aufbau einer geschäftlichen Beziehung ist unerlässlich. Pflanzen Sie ein Bäumchen, das langsam wächst und stets gehegt und gepflegt werden muss. Für den Beziehungsaufbau sollten mehrere Jahre kalkuliert werden.

Die investierte Zeit lohnt sich, denn japanische Geschäftspartner sind loyal und zuverlässig. Daher ist es beispielsweise bei laufenden Projekten auch gar nicht notwendig, regelmäßig nach dem Stand der Dinge zu fragen. Deutsche Manager berichten, dass sie häufig über Wochen nichts von ihren japanischen Partnern hören. Dann, wenn sie beginnen, sich ernsthaft Sorgen zu machen, kommt ein Anruf, dass alles erledigt ist. Sofern man sich sicher sein kann, dass die Beziehungsebene stimmt, muss man sich über das Arbeitsergebnis in Japan keine Sorgen machen.

Ob die Geschäftsbeziehung mit Japanern jedoch intakt ist, erfährt man spätestens zum Jahreswechsel: Bleibt die Neujahrskarte aus, ist das ein schlechtes Zeichen. Die Überreichung eines Geschenks zu verschiedensten Anlässen ist hingegen sehr positiv zu bewerten. Denn Japaner streben danach, ihr persönliches Schuldenkonto ausgeglichen zu halten, so dass kleine Geschenke im Geschäftsalltag eine wichtige Rolle spielen. Neujahrskarten und Geschenke dürfen Sie selbst daher ebenfalls keinesfalls vernachlässigen.


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Verträge haben geringen Stellenwert

Eine gute Geschäftsbeziehung ist in Japan mehr wert als jeder schriftliche Vertrag. Verträge sind hier nur als eine Art grobe Absichtserklärung zu verstehen. Trotzdem darf keinesfalls auf eine schriftliche Vereinbarung verzichtet werden, insbesondere um bereits erreichte Einigungen festzuhalten. Achten Sie also darauf, dass Details aus informellen Absprachen schriftlich aufgenommen werden.

Auch innerhalb eines Unternehmens gehört die persönliche Kontaktpflege einfach dazu. Japanische Mitarbeiter betrachten sich als Teil einer stark hierarchisierten Unternehmensfamilie: Sie bringen ihrem Vorgesetzten großen Respekt entgegen. Im Gegenzug muss sich eine Führungskraft in jeder Hinsicht intensiv um ihre Mitarbeiter kümmern. Diese enge Beziehung bildet den Grundstein einer besonderen Loyalität, die die gesamte Geschäftskultur prägt.

Präsentieren statt verhandeln

Geschäftsleute aus Deutschland warten in einer Verhandlung mit Japanern vergeblich auf eine intensive Diskussion mit anschließender Entscheidung. Stattdessen tüfteln Japaner bereits im Vorfeld alles sehr detailliert aus, das sie dann in der Verhandlung mit ihren Geschäftspartnern vorbringen. Sind diese mit etwas nicht einverstanden oder werden neue Vorschläge in den Raum gestellt, zieht man sich wieder für einen längeren Zeitraum zurück und diskutiert die neuen Sachverhalte hinter verschlossenen Türen.

Das kostet besonders viel Zeit. Denn während in Deutschland die Entscheidungsmacht immer bei einem Zuständigen oder in der Geschäftsführung liegt, wird in Japan stets die Zustimmung mehrerer Seiten benötigt. So muss zunächst bei den Abteilungen ein Okay eingeholt werden, bevor dann die oberen Hierarchieebenen einwilligen. Dieser Prozess, bei dem immer wieder aufs Neue der Konsens aller Beteiligten gesucht wird, dauert häufig mehrere Wochen.

Unterschiedliches Zeitverständnis

Immer wieder gibt das unterschiedliche Zeitverständnis zwischen Japanern und Deutschen Anlass zur Beschwerde. Während im Westen Zeit als knappes Gut verstanden wird, ordnen japanische Geschäftsleute die Zeit dem zu erreichenden Ziel oder der gerade getätigten Aufgabe unter. Außerdem handeln sie wie bereits erwähnt stets als Einheit und brauchen folglich mehr Zeit, um in Harmonie zu einer Entscheidung zu gelangen. So wird in Japan wesentlich mehr Zeit für die Planung eines Projektes und die Klärung der Einzelheiten verwendet, dafür fällt aber die spätere Realisierungsphase sehr viel kürzer aus, denn dann wird das detailliert Geplante nur noch ausgeführt.

Als Verhaltensregel in Sachen Zeitaufwand gilt: Japaner wollen überzeugt und keinesfalls gedrängt werden. Daher sollte von deutscher Seite immer genügend Zeit veranschlagt werden, um für ein gemeinsames Geschäft wirklich alle Detailfragen klären zu können. Präsentieren Sie also Ihr Vorhaben stets ausführlich und mit allen Einzelheiten. So viel Zeit muss sein!

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.


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