Es war einmal ein berühmter König mit einem attraktiven Töchterchen, für das er einen passenden Ehemann suchte, stark und aus gutem Hause, versteht sich. Er fand diesen und verband die beiden fürs Leben, mit großem Pomp und Informationen darüber in den Wirtschaftsteilen der Presse. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute … und vielleicht wollen wir gar nicht so genau wissen, wie es hinter den verschlossenen Palasttüren wirklich aussieht.
Post-Merger Integration – wie im Märchen
So ähnlich kann es beim Management von Übernahmen auch gehen: visionäre Unternehmensführer entscheiden über Integrationsprojekte. Es zeigt sich ein breites Spektrum an Interessen, Motivationen und Vorteilen, die Auslöser und Motivation für die Transaktionen sind: von reiner Gewinnmaximierung über eine Verbesserung der Marktposition oder standortbedingte, internationale Vorteile bis hin zu tatsächlichen Synergien, die die Existenz von Unternehmen sichern.
Investment Banker und Juristen bereiten Prozesse, Strukturen und deren Umsetzung bis ins Detail vor, ein Integrationsmanagement findet auf allen Ebenen statt, es gibt endlich eine große Feier und festliche Road Shows sowie Willensbekundungen, die den beteiligten Mitarbeitern die Beklommenheit im Integrationsprozess nehmen und die Umsetzung der Post-Merger Integration erleichtern sollen.
Danach hört man nicht mehr so viel von dem, was sich in den Unternehmen hinter verschlossenen Türen abspielt. – Leider ist es so, dass ca. 70 Prozent aller Unternehmenszusammenlegungen nicht von Erfolg gekrönt sind, die Umsetzung der Details mißlingt und man sich im Laufe der Zeit wieder trennt – die gut gemeinte Transaktion scheitert still und heimlich. Leider lebten sie nicht glücklichen zufrieden zusammen.
Minderung der Geschäftsaktivitäten nach Übernahmen?
Analysen und Studien sehen tendenziell eher menschliche als ökonomische Gründe verantwortlich für einen Misserfolg: das Integrationsprojekt „funktioniert“ einfach nicht, trotz guter Ideen entstehen keine gemeinsamen Prozesse, die Umsetzung der Pläne in neue Unternehmensstrukturen geht schief. Es mangelt an Vertrauen, kulturelle Unterschiede stellen eine Herausforderung dar, in der neunen Führungsmannschaft wächst kein Gefühl der Verbundenheit, eine Integration in neue Unternehmensstrukturen platzt. Die erhofften Synergien stellen sich nicht ein. Die Identifikation mit dem Unternehmen lässt nach – neue Rollen, eine gemeinsame Sprache, eine neue gemeinsame Kultur, kurz: gemeinsame Ziele entwickeln sich nicht. Die Komplexität bei Integrationsprojekten und -prozessen ist hoch und entspricht der Verzahnung von Unternehmensbereichen mit der Führungsorganisation.
Was kann getan werden, um die Post-Merger Intergrationsphase erfolgreich zu gestalten?
Obwohl die Bedeutung von Vergleichen mit der erfolgreichen Umsetzung von Integrationsprozessen bei anderen Unternehmen nicht unterschätzt werden darf, ist doch jede Integration mit ihren Akteuren und Phasen unterschiedlich. In jedem Einzelfall müssen alle Schritte gut identifiziert, abgestimmt und kontinuierlich überprüft werden, um zum Erfolg zu führen.
Welche Akteure sind im Integrationsprozess besonders wichtig? Welche Qualitäten muss die neue Führungsmannschaft besitzen? Was trägt zur Integration von Zielen, Prozessen und Strukturen bei und läßt die Mitarbeiter zusammen wachsen? Welche Bedeutung haben sich ändernde Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter?
Diese und andere Fragen im Vorfeld zu stellen ist wichtig. Es treten aber auch Dinge zu Tage, die ohne den Merger vielleicht zunächst weiter unentdeckt geblieben wären:
Welche Rolle spielt die Firmenkultur für das tägliche Geschäft? Lässt sich die eigene Kultur benennen und anderen vermitteln? Wie weit sind beide beteiligten Unternehmen national oder international aufgestellt? Wie ist die Unternehmenskultur im Bewusstsein der Mitarbeiter verankert? Wieviel Flexibilität gönnen sich die Unternehmen in ihrem Selbstverständnis?
Sich selbst und den anderen kennen
Um Unternehmenskulturen zusammen wachsen zu lassen, ist es in der Post-Merger Phase entscheidend zu wissen, wer man selbst ist, und wer der neue Partner ist. Was sind Stärken und Schwächen der beiden Seiten? Was sind die entscheidenden Werte, wie haben sie sich historisch entwickelt? Gab es Brüche und wie wurden diese verarbeitet? Gibt es in einem Unternehmen unter Umständen schon verschiedene Kulturen?
Die Antworten auf diese Fragen müssen in beiden Unternehmen mit allen Mitarbeitern kommuniziert werden, um das Zusammenwachsen zu ihrer eigenen Angelegenheit zu machen, und damit viele in allem Ungewohnten zu Extraschritten und zusätzlichem Einsatz bereit sind. Es können eigene Integrationsteams gebildet werden, die vor Ort dabei sind, um die Integration gelingen zu lassen.
Bedenken nehmen – Ziele aufzeigen
Menschen, die vor unbekannten Herausforderungen stehen, reagieren tendenziell mit Furcht und einer Neigung, Risiken zu vermeiden. Es sollen von Seiten der Unternehmen Gelegenheiten gegeben werden, diese anzusprechen, denn bei Licht betrachten schrumpfen viele Bedenken. – Und ja, viele Änderungen bringen auch Verluste mit sich, die ausgesprochen besser verarbeitet werden können, als wenn unausgesprochen vorausgesetzt wird, dass die Betroffenen damit schon fertig werden.
Gemeinsamkeiten benennen
In jeder Fusion liegt das Potenzial vieler Gemeinsamkeiten, die über die Gewinnmaximierung hinaus gehen: Öffnung in andere Märkte, Ausgleich eigener Schwächen, generell eine Erweiterung der Möglichkeiten, die für jeden Standort und für jede Abteilung anders definiert sind.
Die neuen Partner sind in einem gemeinsamen Prozess – und es ist hilfreich, sich über verschiedene Phasen im Klaren zu sein, die solche Prozesse durchlaufen: Begeisterung und Hoffnung – Schwierigkeiten und Ernüchterung – Realismus und Produktion – Erfolg mit großer Zufriedenheit. – So ist nicht jeder Rückschritt grundsätzlicher Natur. Viele erfolgreiche Kooperationen bestehen aus Vor und Zurück, man lernt gemeinsam auf dem Weg.
Vielleicht gibt es sogar schon vor einem Merger Projekte in der Zusammenarbeit, in denen Strukturen, Prozesse und neue Schritte schon vorab ausprobiert und etablierte werden können.
Neue Wege entwickeln
Etwas Neues, Drittes entsteht. Ideen werden in die Praxis umgesetzt. Die neuen Wege brauchen Planung: man muss sich über Stile der Kommunikation einig werden, gemeinsame Werte entwickeln und diese in Handlungsrahmen übersetzen, kontinuierlichen das Erreichte abgleichen.
Genial natürlich, wenn über die Zeit kleine Erfolge benannt und – gefeiert werden. Es stärkt, gemeinsam etwas erreicht zu haben!
Das alles braucht Zeit – zum Kennen lernen, Aufbauen von Vertrauen, Entwickeln und Einüben neuer Handlungsmuster. Hier gilt es zu investieren und genau die Zeit zu geben, damit Vertrauen natürlich wächst, geplant und doch organisch.
Soft Skills!?
Gescheiterte Fusionen sind teuer, und die Fähigkeiten, die zum Erfolg führen, deshalb keine Soft Skills, sondern ganz eindeutige Faktoren, die sich in konkreten Zahlen ausdrücken lassen.
Diejenigen, die täglich Brücken zwischen Kulturen errichten und andere dazu zu befähigen, diese Erfolgsfaktoren im eigenen Unternehmen umzusetzen sind – Interkulturelle Trainer. Sie sind erfahren darin, die richtigen Fragen zu stellen, Zeitbedarfe zu kalkulieren, wie lange Vertrauen zum Wachsen braucht und Richtungen zu weisen, in die Antworten gehen. Sie sind die Experten darin, Gemeinsamkeiten zwischen ganz unterschiedlichen Kulturen zu identifizieren und die Beteiligten dabei zu unterstützen, diese Gemeinsamkeiten zu benennen und geteilte Werte für neue Prozesse zu entwickeln.
So gesehen, sind M & A die Königsdisziplin für Investment Banker und Juristen gemeinsam mit Interkulturellen Trainern: komplex, herausfordernd und mit Überraschungen gespickt, befriedigend und – erfolgreich. Die Komplexität einer jeden Fusion spiegelt sich im besten Fall in der Besetzung des Integrationsteams wieder, hier ist auf Interkulturelle Expertise nicht zu verzichten.
Und Interkulturelle Trainer tragen wesentlich dazu bei, dass Könige Prinzessinnen und Prinzen glücklich machen, weise Entscheidungen treffen und ihren Ruhm in aller Welt mehren.
Die wichtigsten Punkte – basierend auf einem Beitrag von Prof. Dr. Simone Rappel:
- Bei M&A spielt der Beziehungsaufbau eine wesentliche Rolle
- Der Erfolg einer Fusion ist davon anhängig, wie die Menschen miteinander klarkommen
- Die Firmenkultur muss beim Zusammenschluss von Unternehmen zusammenwachsen
- Etwa 70 Prozent der M&A scheitern in der Integrationsphase der Unternehmenskulturen
- Ein Zugehörigkeitsgefühl schafft Bindung an Unternehmen
- Soziale Werte schaffen bei den Mitarbeiter eine Bereitschaft, über ihre Pflichten hinauszugehen
- Mitarbeiter benötigen Zeit, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen
- Gewinnmaximierung und ethische Gesichtspunkte sind miteinander kombinierbar
- Die Führungskraft sollte Raum für Begegnungen schaffen und Beziehungen wachsen lassen