Personalentwicklung für das interkulturelle Tagesgeschäft

Rund um den Globus treten Mitarbeiter miteinander in Kontakt. Einkäufer beziehen Waren aus Korea, der Vertrieb beliefert neue Kunden in Moskau und die IT-Abteilung arbeitet mit externen Dienstleistern in Bangalore zusammen. Für international expandierende Unternehmen entsteht die Notwendigkeit, ihre Personalentwicklung zunehmend auf die Herausforderungen des neuen internationalen Parketts auszurichten. Führungskräfte und Mitarbeiter müssen gleichermaßen lernen, sich auf Geschäftspartner und Kollegen aus unterschiedlichen Geschäftskulturen einzustellen. Denn interkulturelle Business-Beziehungen gestalten sich oft schwierig. Es lauern Missverständnisse und Konflikte, selten reicht das fachliche Wissen alleine aus, um reibungslose Abläufe zu erreichen.

Rolle der Führungskräfte

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Rolle der Führungskräfte in einem Unternehmen, das über Ländergrenzen hinweg expandiert. Leiten sie eine Abteilung, die mit neuen internationalen Partnern in Kontakt tritt, kommt ihnen die wichtige Aufgabe zu, ihren Mitarbeitern Vorbild zu sein, das Team dazu zu motivieren, flexibel auf die neuen Kunden, Lieferanten oder Projektpartner zu reagieren. Führungskräfte benötigen daher selbst interkulturelles Wissen, sollten aber gleichzeitig in der Lage sein, den Schulungsbedarf ihrer Mitarbeiter zu erkennen. Beziehen sich die internationalen Geschäftskontakte nicht nur auf ein Land oder eine Region der Welt, ist das interkulturelle Generalistentum wünschenswert. Firmen brauchen dann Führungskräfte, die eine hohe interkulturelle Kompetenz aufweisen, um mit Menschen aus vielen verschiedenen Ländern erfolgreich zusammenzuarbeiten.

Gute Führung ist überall etwas anderes

Denn Führungskräfte international expandierender Unternehmen sind oft auch von heute auf morgen gefragt, internationale Teams zu leiten. Verschiedene Führungsstile werden jedoch in verschiedenen Ländern unterschiedlich bewertet: In Spanien, im arabischen Raum oder auch in vielen osteuropäischen Staaten ist ein eher autoritärer Führungsstil von Vorteil. Das liegt nicht immer jedem gleichermaßen, vor allem dann nicht, wenn eine deutsche Führungskraft über Jahre auf einen kooperativen, partizipativen Führungsstil gebaut und damit Erfolg gehabt hat. Aber in diesen Ländern erwarten die Mitarbeiter von ihrem Vorgesetzten genau gesagt zu bekommen, was sie zu tun haben. Kontrolle wird positiv gesehen, als Interesse der Führungskraft an der eigenen Arbeit interpretiert. In Entscheidungsprozessen nach ihrer Meinung gefragt zu werden, ist für Mitarbeiter dieser Länder hingegen nur wenig motivierend und wird dem Chef eher als Führungsschwäche ausgelegt. Die also bisher immer erfolgreiche deutsche Führungskraft wird plötzlich von einem Teil des internationalen Teams als führungsschwach gesehen.

Ganz anders wird Führung in den skandinavischen Ländern definiert, hier werden teamorientierte Führungskräfte bevorzugt, die lediglich grobe Handlungsrichtlinien vorgeben und für Gleichbehandlung und ein gutes Betriebsklima sorgen. Gibt der deutsche Chef zu harsche Anweisungen, ist die Stimmung im Team schnell auf dem Nullpunkt. Und in Asien zeigt eine gute Führungskraft auch Interesse am privaten Leben ihrer Mitarbeiter, der Chef wird zum fürsorglichen „Vater“, der sich um seine „Familie“ kümmert. Auch das liegt nicht jedem deutschen Teamleiter im Blut, denn sie sind es gewohnt, Privates und Berufliches strikt zu trennen.

Interkulturelles Führen

Wer ein kulturell gemischtes Team führt, steht daher unterschiedlichsten Erwartungen gegenüber. Die Entwicklung hin zu einem interkulturell bewussten Führungsstil soll das Verhalten der zusammenarbeitenden internationalen Mitarbeiter steuern. Dabei muss sich die Führungskraft darüber bewusst werden, dass ihre im gleichkulturellen Kontext möglicherweise bewährten Verhaltensweisen der Mitarbeiterführung im Ausland bzw. innerhalb einer multikulturellen Gruppe nicht den gewohnten Effekt haben. Dies erfordert viel Reflexion des eigenen Verhaltens und der unterschiedlichen Konsequenzen, je nach kulturellem Umfeld. Mit einem einzigen Training ist es daher nicht unbedingt getan. Eher wird eine längerfristiges Coaching zum dauerhaften Entwicklungserfolg führen.

Interkulturelles Denken der Mitarbeiter weiterentwickeln

Auf der Ebene der Mitarbeiter läuft die neue internationale Zusammenarbeit häufig über moderne Kommunikationsmittel. Je nach Funktion verhandeln Mitarbeiter mit Kunden, Lieferanten und Kollegen aus aller Welt über Telefon, E-Mail und Videokonferenz. Doch die fehlende Kommunikation von Angesicht zu Angesicht erschwert den Aufbau von Vertrauen. Für viele Menschen aus anderen Kulturen ist die persönliche Beziehung jedoch entscheidend, um zu einer vertrauensvollen Arbeitsebene zu finden. Hinzu kommt, dass die non-verbale Kommunikation in vielen Kulturen einen weitaus größeren Anteil hat, als dies in Deutschland der Fall ist. Fallen Mimik und Gestik in der virtuellen Kommunikation einfach weg, sind diese Mitarbeiter schnell irritiert und orientierungslos. Sie ziehen sich zurück. Dies wird von Deutschen häufig übersehen und sie wundern sich, dass ihre E-Mails unbeantwortet bleiben, Lieferungen nicht ankommen, Informationen ausbleiben etc.

Gleichermaßen irritiert reagieren deutsche Mitarbeiter, wenn der spanische Projektkollege im Meeting vor Ort ständig an sein Handy gehen muss. Er tut dies nicht aus mangelndem Respekt, sondern weil es ihm die Hierarchie im spanischen Unternehmen gebietet: Für seinen Chef muss er immer erreichbar sein. Eine malaysische Ansprechpartnerin wiederum hält einen wichtigen Telefontermin nicht ein, weil ihr Bruder Hilfe brauchte, so ihre Entschuldigung. Erst wenn der deutsche Mitarbeiter weiß, dass in Malaysia die Familie über allem steht, wird er verstehen, dass es nichts weiter zu bedeuten hat, wenn dieser Termin geplatzt ist. Gleiches gilt für die arabischen Kollegen, die es wenig bedenklich finden, dass ein Meeting durch ihre Verspätung drei Stunden nach der geplanten Zeit beginnt. Nicht die Uhr gibt für sie den Startpunkt vor, sondern die Personen: Man fängt an, wenn alle da und zum Meeting bereit sind. So machen das übrigens auch die französischen Nachbarn. Die Wut der wartenden deutschen Mitarbeiter hält sich zumindest in Grenzen, wenn sie nach entsprechenden Personalentwicklungsmaßnahmen erkannt haben, dass das Zeitverständnis eben ein anderes ist.

Interkulturelle Trainings für alle

Vieles könnte in international expandierenden Unternehmen besser laufen, wenn die Mitarbeiter interkulturell geschult wären. Interkulturelle Trainings sollten daher nicht nur den Führungskräften oder Verhandlungsführern auf den oberen Ebenen vorbehalten sein. Erst wenn alle in Abteilungen mit internationalem Kontakt wissen, wie kulturelle Prägung das Handeln beeinflusst, können Abläufe entsprechend optimiert und Reibungsverluste ausgeglichen werden. Mitarbeiter lernen, auf sie befremdlich wirkende Verhaltensweisen von Kunden oder Lieferanten aus anderen Geschäftskulturen aus einer wohlwollenden Perspektive zu betrachten und nachzuvollziehen. Auf diese Weise entwickeln sie die Bereitschaft, auftauchende Probleme vor dem interkulturellen Kontext zu lösen, was langfristigen erfolgreichen Geschäfts- und Projektbeziehungen nur förderlich ist. Unternehmen, die international erfolgreich sein wollen, brauchen also mehr als nur qualitativ hochwertige Produkte und Fachwissen. Sie brauchen auf der ganzen Linie Personal, das sich auf Geschäftspartner aus anderen Kulturkreisen und die dort so wichtigen guten zwischenmenschlichen Beziehungen einstellen kann. Die Personalentwicklung sollte hier ansetzen.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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