Onboarding mit interkulturellem Fokus

Unter dem Begriff „Onboarding“ wird in der HR-Welt die aktive Integration neuer Mitarbeiter ins Unternehmen verstanden. Dabei umfasst eine Vorbereitungsphase meist den Zeitraum zwischen der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages bis zum ersten Arbeitstag. In dieser ersten Phase beschränken sich viele Unternehmen darauf, neuen Mitarbeitern Informationen über das Unternehmen per Post zuzuschicken. Enthalten sind häufig Betriebsregeln, Informationen zum Arbeitsschutz, zu den Kernarbeitszeiten, über Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und besondere Vergünstigungen im Umfeld des Unternehmens. Individuellere Informationen, die den jeweiligen Arbeitsplatz betreffen, wie eine Aufgabenbeschreibung, ein Einarbeitungsplan, ein Organigramm oder ähnliches können ebenfalls im Vorfeld versendet werden, sind aber häufig auch Teil der nachfolgenden Orientierungsphase vor Ort, die vom ersten Arbeitstag an etwa auf drei Monate ausgelegt ist.

Ziel dieser zweiten Phase ist es, den neuen Mitarbeiter in seine Aufgaben einzuführen, indem er das Unternehmen, die Kollegen, die verschiedenen Tätigkeiten und Abläufe sowie die Gesamtorganisation kennenlernt. Es werden zahlreiche Gespräche angesetzt, EDV-Schulungen ausgearbeitet und durchgeführt oder Rundgänge in verschiedenen Unternehmensbereichen abgehalten.

Die dritte Phase des klassischen Onboardings wird oft als Integrationsphase bezeichnet, denn nun gilt es, den neuen Mitarbeiter langfristig ins bestehende Team einzubinden. Tätigkeiten werden eigenständig durchgeführt, der Mitarbeiter erlebt den realen Arbeitsalltag. Je nach Job dauert diese Integrationsphase weitere drei bis sechs Monate. Das aktive Onboarding der Personalabteilung durch begleitende Workshops, Gespräche, Wissensvermittlung und soziale Angebote für neue Mitarbeiter läuft langsam aus.

Die emotionale Seite der Integration

Für einen langfristigen Erfolg sollte das Onboarding jedoch nicht nur auf organisatorische Komponenten und eine faktische Informationsvermittlung abzielen, sondern auch den emotionalen Teil des Integrationsprozesses berücksichtigen. Dabei gilt es, für den neuen Mitarbeiter positive Erlebnisse zu schaffen und mögliche erste Enttäuschungen abzufedern. Ein Beispiel für einen nachhaltig positiven Eindruck auf der emotionalen Ebene ist die Benennung eines Paten als Starthelfer. Als Kollege auf der gleichen hierarchischen Ebene kann dieser oft besser als der direkte Vorgesetzte den neuen Mitarbeiter mit den vielen kleinen Do’s and Don’ts im Unternehmen vertraut machen. In den ersten Tagen einen „Freund“ zu haben, der einem mit Rat und Tat zur Seite steht, wird von vielen neuen Mitarbeitern als die beste Erfahrung des Onboardings bezeichnet.

Aber auch eigentlich selbstverständliche Dinge, wie die Tatsache, dass der neue Mitarbeiter einen vollständig ausgestatteten Arbeitsplatz (Schreibtisch und Stuhl, Rechner, Arbeitsmittel , Platz für die persönlichen Dinge, Telefon, funktionierende Durchwahl, E-Mail-Account, IT-Berechtigungen, Passwörter, Schlüssel, Namensschilder etc.) und nicht etwa einen mit Kisten vollgestellten Schreibtisch irgendwo in der Ecke des Großraumbüros vorfindet, oder dass er von allen Kollegen der Abteilung freundlich mit Namen angesprochen und begrüßt wird, und nicht erstmal als „der Neue“ skeptisch in Augenschein genommen, aber öffentlich ignoriert wird, tragen maßgeblich dazu bei, dass das von der Personalabteilung von langer Hand vorbereitete Onboarding auch auf der persönlichen Schiene greift.

Besondere Herausforderungen für ausländische Impatriates

Für die Integration ausländischer Mitarbeiter ist jedoch noch mehr zu tun. So sollten auf der organisatorisch-faktischen Ebene und ganz besonders auf der emotionalen Ebene zusätzliche Faktoren Berücksichtigung finden. Zunächst ist zu überlegen, welche Unterschiede ein deutsches Unternehmen im Vergleich zum vorherigen Arbeitgeber im Heimatland des Impatriates aufweisen könnte. Natürlich sind solche Informationen nicht immer einfach zu gewinnen, aber einige grundsätzliche Dinge lassen sich meist finden.

In den meisten Fällen macht es Sinn, auch außerhalb des Unternehmens Hilfestellung anzubieten. So ist es ratsam, dass Unternehmen aus dem Ausland stammende Mitarbeiter beispielsweise bei Behördengängen, der Wohnungssuche oder beim Abschluss von Versicherungsverträgen beratend unterstützen. Oft können externe Dienstleister wie Relocation-Agenturen hier mithelfen.

Viele ausländische Arbeitskräfte in Deutschland beenden ihr Engagement, weil es ihrer Familie schwerfällt, sich einzugewöhnen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass im Rahmen des Onboardings die Belange der gesamten Familie berücksichtigt werden. Neben der Suche nach einer geeigneten Schule und Betreuungsangeboten für die Kinder, sollten auch die beruflichen Perspektiven des Ehepartners Beachtung finden.

Zwar lässt sich auf beruflicher Ebene vieles auf Englisch regeln, im Privatleben sind jedoch Deutschkenntnisse für die Bewältigung des Alltages und für das Knüpfen neuer Kontakte unerlässlich. Beim Onboarding ausländischer Mitarbeiter sollte daher nicht versäumt werden, einen motivierenden Sprachunterricht für alle Familienmitglieder zu organisieren.

Interkulturelle Sensibilisierung

Damit ein ausländischer Mitarbeiter sein volles Potenzial abrufen kann, ist es wichtig, dass er sich in seinem neuen Unternehmen wohlfühlt und integriert ist. Auf der emotionalen Ebene heißt es deshalb, für interkulturelle Unterschiede sensibel zu sein.

Eine wichtige Voraussetzung ist in jedem Fall, dass das Management und die einheimische Belegschaft von der Sinnhaftigkeit der Integration überzeugt sind. Die Vorbereitung der Kollegen ist deshalb eine wesentliche Aufgabe, um eine authentische Willkommenskultur aufzubauen. Der Vorgesetzte sollte bereits im Vorfeld seine Mitarbeiter informieren und auf den Impatriate aus dem Ausland positiv einstimmen. Ein kulturspezifische Training legt dann den Grundstein, damit Führungskraft und Team gleichermaßen mit möglichen kulturellen Unterschieden umzugehen lernen. Hier werden Kenntnisse über unterschiedliche Wahrnehmungsmuster sowie über Arbeits- und Verhaltensweisen vermittelt. Auch mögliche Unsicherheiten im Umgang mit ausländischen Kollegen können zum Thema gemacht werden. Der oder die Impatriates benötigen gleichermaßen fundierte Trainings zur deutschen Arbeitskultur. Auch die Familie sollte in interkulturelles Training zur Deutschen Kultur erhalten.

Im Anschluss sind spezifischere interkulturelle Teambuilding-Maßnahmen für den Impatriate und das deutsche Team unbedingt empfehlenswert. Daneben sollten ausländische Mitarbeiter und ihre Familien langfristig unterstützt werden, beispielsweise durch interkulturelles Coaching.

Auch Paten- oder Mentoring-Programme, in denen erfahrene Mitarbeiter Neuankömmlingen begleitend zur Seite stehen, sollten immer um eine interkulturelle Komponente erweitert werden. Ein Grundwissen über das Herkunftsland des Mentees lässt Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen und erleichtert das gegenseitige Verständnis.


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Auf kulturspezifische Bedürfnisse Rücksicht nehmen

Mitarbeiter aus anderen Ländern haben im Arbeitsalltag oft andere Bedürfnisse als ihre deutschen Kollegen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Ernährungsgewohnheiten. Bestimmte religiöse Vorschriften oder Verbote (Schweinefleisch im Islam) sollten sich beim Besuch der Kantine einhalten lassen.

Genauso essentiell ist die Beachtung kultureller und religiöser Feiertage. Ausländische Mitarbeiter sollten die Möglichkeit erhalten, für sie wichtige Feste und Rituale in angemessener Form zu begehen. So sollten beispielsweise die Urlaubsanträge islamischer Mitarbeiter für die Zeit des Ramadan wohlwollend berücksichtigt werden. Wer eine lange Reise antreten muss, um seine Familie im Heimatland zu besuchen, sollte mehr als zwei Wochen Urlaub am Stück genehmigt bekommen. Die deutsche Belegschaft wird Verständnis dafür aufbringen, dass ausländischen Kollegen entsprechende Privilegien zugestanden werden, wenn sie entsprechend informiert sind. Gemeinsamen Feiern und Aktivitäten oder interkulturelle Wochen in der Kantine schaffen nach und nach ein entsprechendes Bewusstsein für die Bedürfnisse ausländischer Kollegen. Nur so kann ein toleranter und offener Umgang mit anderen Kulturen und Religionen im Arbeitsalltag gelebt werden.

Bei einer größeren Zahl ausländischer Mitarbeiter im Unternehmen sollte Raum für Netzwerke und Zusammenkünfte zur Verfügung gestellt werden. Nicht immer finden ausländische Mitarbeiter außerhalb des Unternehmens sofort Anschluss und Freizeitaktivitäten. Umso wichtiger ist es dann, dass sich innerhalb des Unternehmens Mitarbeiter mit gleichen Interessen nach Arbeitsschluss zusammentun können. Das zur Verfügung stellen eines Raumes oder von Kommunikationsmöglichkeiten (Werbung in der Mitarbeiterzeitschrift oder eigene Seite im Intranet) kann dabei von großem Wert sein.

Ausländische Mitarbeiter bringen viel ins Unternehmen ein. Sie erleichtern den Zugang zu ausländischen Märkten, tragen zu mehr Vielfalt im Denken und Handeln bei und bereichern durch ihre Anwesenheit die Unternehmenskultur. Persönliches Wohlbefinden ist jedoch der Schlüssel zu einer langfristigen Integration, sodass sich umfassende, interkulturelle Onboarding-Maßnahmen in den meisten Fällen mehrfach bezahlt machen.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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