Kenia vereint rund 40 ethnische Gruppen (Bantu (65 Prozent), (darunter u.a. Kikuyu (20 Prozent), Luhya (14 Prozent), Kamba (11 Prozent)) und Niloten (ca. 30 Prozent), (darunter u.a. Luo (13 Prozent), Kalenjin (12 Prozent), Massai (1,6 Prozent) u.a.)) sowie eine große Zahl eingewanderter Inder, Pakistani, Araber und Chinesen. Die multiethnische Gesellschaft ist stark patriarchalisch ausgerichtet und die Stammesältesten führen die einzelnen Clans und Unterclans in einer autoritären Weise, die sich auch in die Unternehmenswelt hineinzieht. So gilt fast überall der Spruch „Sag mir wo du herkommst und ich sage dir, was du denkst“ – die Meinung des Einzelnen wird stark von der Führungspersönlichkeit seines Herkunftsortes geprägt. In kenianischen Unternehmen treffen Sie daher immer auf stark hierarchisierte Strukturen mit dominanten Führungskräften. Das Vertreten einer eigenen Meinung ist kenianischen Mitarbeitern fremd.
Wer hat das Sagen, der Chef oder der Clan?
Aus Sicht einer ausländischen Führungskraft in Kenia gilt es daher stets zu beachten, entlang welcher ethnischen Grenzen Teams gebildet werden sollten, wo die jeweiligen Loyalitätsbeziehungen innerhalb, aber auch außerhalb des Unternehmens tatsächlich liegen. Das ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Für Kenianer ist die ethnische Zugehörigkeit identitätsstiftend und kann daher nicht aufgrund gewählter Unternehmensstrukturen einfach abgelegt werden. Die Verpflichtungen der Familie und dem gesamten Clan gegenüber sind fast immer höher einzuschätzen als die Loyalität zum Arbeitgeber. Zudem ist die Kluft zwischen Arm und Reich in Kenia immens. Dies verursacht eine hohe Machtdistanz zwischen dem Top-Management und den Mitarbeitern der verschiedenen hierarchischen Ebenen.
Es gibt viele Wahrheiten
Dass die Dinge oft komplexer sind als sie den Anschein nehmen, wird auch im kenianischen Kommunikationsstil deutlich. Selten werden sich Kenianer zu einem eindeutigen Ja hinreißen lassen. Die tatsächlich Antwort auf eine Frage liegt meist irgendwo dazwischen. Denn ein Nein wäre dem Fragenden gegenüber äußerst unhöflich. Stattdessen wird gerne spekuliert, was das Gegenüber wohl hören möchte. Und diese Antwort wird dann gegeben. Fragen stellen bringt Sie in Kenia daher nicht unbedingt weiter, denn auf die Antworten ist keinesfalls Verlass. Dinge werden nie explizit beim Namen genannt, sondern man nähert sich langsam und vorsichtig mit eher vagen Aussagen einer ungefähren Wahrheit.
Komme ich heute nicht, komme ich morgen
Wer schon einmal in Afrika Geschäfte gemacht hat, dem ist die African Time sicherlich ein Begriff. „Komme ich heute nicht, komme ich morgen – oder auch übermorgen.“ Zeit und Pünktlichkeit spielen in Kenia eine untergeordnete Rolle. Es wird wenig in die Zukunft geplant, dafür mehr in der Gegenwart gelebt. Dazu trägt eine gewisse Gelassenheit bei gepaart mit einem stark ausgeprägten Fatalismus. Kenianer kennen tiefste Armut wie auch starke Naturgewalten. Die Dinge können sich schnell ändern. Daher gilt es, jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt. Pläne machen deshalb wenig Sinn. Stattdessen hat man gelernt, auf Unwägsamkeiten mit einem großen Improvisationstalent zu reagieren.
Alles ist eine Frage der Beziehung
In einem von Veränderungen geprägten Umfeld mit starker Gruppenorientierung ist die Aufrechterhaltung und Pflege von Kontakten und persönlichen Beziehungen unerlässlich. Ohne Netzwerk sind Sie in Kenia ein Niemand. Für den geschäftlichen Erfolg ist es daher essentiell, regelmäßig vor Ort präsent zu sein. Telefon und E-Mail können nur Zeiten der Abwesenheit überbrücken. Ansonsten heißt es schnell: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Laden Sie Ihre kenianischen Geschäftspartner daher unbedingt regelmäßig in eines der zahlreichen Luxusrestaurants ein, um Ihre persönliche Wertschätzung zu zeigen. Daneben wird der geschäftliche Umgang zwischen Europäern und Kenianern in einigen businessorientierten Clubs gefördert.
Statussymbole – Von Essen bis Mercedesstern
Gutes Essen spielt eine wichtige Rolle, denn Kenianer möchten durch das Auftischen vieler Speisen ihren ausländischen Geschäftspartnern demonstrieren, dass sie es zu etwas gebracht haben. Loben Sie das Essen, wenn Sie eingeladen werden. Scheuen Sie keine Kosten, wenn Sie sich mit einer Gegeneinladung revanchieren möchten. Und wundern Sie sich nicht, wenn man Ihre Figur freundlich kommentiert. Wer ein paar Rundungen aufzuweisen hat, isst gut und ist dementsprechend wohlhabend und erfolgreich. Dünn zu sein, ist in Kenia kein Schönheitsideal oder Fitnessbeweis.
Genauso wichtig sind Markenkleidung und andere Statussymbole. Man trägt im Geschäftsleben teure Kleidung, auch wenn man sie sich eigentlich gar nicht leisten kann. Das höchste Gut der Chefs ist vielerorts immer noch der Mercedesstern. Dementsprechend kann „Made in Germany“ und das Thema „Autos“ für Ihre Geschäftsvorhaben Türen öffnen.
Lockerer Small Talk für den Beziehungsaufbau
Üben Sie sich im lockeren Small Talk, denn man möchte Sie beim gemeinsamen Geschäftsessen nicht nur als potenziellen Geschäftspartner, sondern auch als Mensch kennenlernen. Schließlich macht man in Kenia nur mit persönlichen Kontakten Geschäfte, nicht mit Fremden. Sorgen Sie also auf eine entspannte Art dafür, dass Sie kein Fremder bleiben! Beschränken Sie sich aber dennoch auf unverfängliche Themen. Versuchen Sie keinesfalls, politische oder religiöse Ansichten zu diskutieren, wie Sie dies vielleicht mit einem befreundeten deutschen Geschäftspartner tun würden. Respekt und Interesse für die lokale Kultur bringen Ihnen jedoch viele Pluspunkte ein.
Verhandlungen auf Augenhöhe
Ist der Beziehungsaufbau geglückt, können Verhandlungsgespräche aufgenommen werden. Begegnen Sie Ihren kenianischen Verhandlungspartnern stets auf Augenhöhe. Wie in Meetings und Gesprächen generell gilt auch für Verhandlungen: Versuchen Sie, nicht direkt aufs Ziel zuzusteuern. In Kenia wird viel um den heißen Brei herumgeredet. Man näher sich nur vorsichtig an. Viele Aussagen sind vage und wenig konkret. Nur langsam, Steinchen für Steinchen wird das Mosaik zusammengefügt und Ihre kenianischen Geschäftspartner lassen sich auf eine Vereinbarung ein.
Gehen Sie bei Verhandlungen von einer langwierigen Angelegenheit aus, planen Sie viel Pufferzeit ein und bleiben Sie stets flexibel. Auch Nachverhandlungen sind immer möglich. Auf sich ändernde äußere Umstände reagieren Kenianer mit Gelassenheit und Improvisationstalent – solche Dinge können weder in Plänen noch in Verträgen festgehalten werden. Im Gegenteil, man geht immer davon aus, dass sich beide Parteien loyal verhalten und gemeinsam um die Lösung eines Problems bemühen. Das Pochen auf eine Vertragsklausel ist da mehr als kontraproduktiv. Das Vertrauen ist schnell zerstört und die geschäftliche Beziehung findet ein unschönes Ende.
Bei Auseinandersetzungen in der Zusammenarbeit gibt es daher drei goldene Regeln: Das Gesicht des anderen wahren. Nicht nach einem Schuldigen suchen und keine Anschuldigungen aussprechen. Bleiben Sie stets konstruktiv und offen für kreative Lösungen Ihrer kenianischen Partner. Nutzen Sie Ihre Netzwerkkontakte, um Probleme aus der Welt zu schaffen. Nur dann werden Sie langfristig in Kenia erfolgreich Geschäfte machen.
Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage.FrauKoll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.
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