Kulturelle Unterschiede Arabische Länder

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Jeder zum arabischen Kulturkreis gehörende Staat basiert auf einem Gesellschaftssystem, das von Gemeinschaftssinn und Tradition geprägt ist. Im Zentrum steht die islamische Familie. Alle Werte, die in der Familie und damit auch im gesellschaftlichen Leben eine bedeutende Rolle spielen, bestimmen auch die arabische Geschäftswelt. Großzügigkeit, gegenseitige Fürsorge und Respekt sind daher Eigenschaften, die Deutsche bei geschäftlichen Kooperationen in der arabischen Welt unbedingt an den Tag legen sollten.

Aufnahme in eine „Familie“

Neue Geschäftskontakte zu knüpfen, bedeutet in den Golfstaaten immer auch, dass man in eine „Familie“ aufgenommen werden möchte. Hier bestimmen Status und Alter die jeweiligen Position. Es ist daher empfehlenswert, sich bei einer ersten Geschäftsanbahnung von einem älteren, erfahrenen Vermittler vorstellen zu lassen, damit sich dessen Status auf einen selbst überträgt. Die eigene Anerkennung erwirbt man in der späteren Zusammenarbeit.

Araber betrachten ihren Geschäftspartner folglich nicht nur als Vertreter eines Unternehmens. Sie nehmen ihn in seiner gesamten Persönlichkeit wahr und prüfen auf Herz und Niere, ob er in ihre „Familie“ passt. Auch geschäftliche Verhandlungen werden mehr auf die beteiligten Personen als auf das Projekt selbst ausgerichtet. Eine Trennung der Beziehungsebene von der Sachebene findet kaum statt. In der Regel werden daher einem ersten Verhandlungstermin viele gemeinsame Essen vorangehen. Die dort besprochenen Themen werden in keinem erkennbaren Zusammenhang zum geplanten Geschäft stehen. Aber man lernt sich persönlich kennen. Daher gehören auch private Fragen nach Einstellungen, Werten und Ansichten mit dazu. Für den späteren Erfolg der gemeinsamen Aktivität ist es von unschätzbarer Wichtigkeit, dass man häufig und lange zu Geschäftsbesuchen erscheint und die Beziehungsebene weiter aufbaut. Telefonate und E-Mails können den persönlichen Kontakt keinesfalls ersetzen.

 Knigge: Umgangsformen Arabische Länder

  • Bringen Sie ein Gastgeschenk aus Deutschland mit.
  • Nie vergessen: Die linke Hand gilt als unrein.
  • Donnerstag und Freitag sind das Wochenende.
  • Keine Termine in den Fastenmonat legen.
  • Angebote und Einladungen zweimal freundlich ablehnen. Erst der dritte Versuch ist ernst gemeint.
  • Abendessen wird oft erst nach 22 Uhr serviert.
  • Zeigen Sie sich immer respektvoll und interessiert.
  • Vorsicht mit Gesten, die hier unterschiedliche Bedeutungen haben.

Intensive Verhandlungen

Die Einstiegsverhandlungen fallen in arabischen Ländern sehr umfassend aus. Denn sie legen den Grundstein für die gesamte langfristig angelegte Geschäftsverbindung. Bei nachfolgenden Projekten und Kooperationen wird dann teilweise gar nicht mehr verhandelt und die Dinge laufen fast von selbst.

Bei der Verhandlung von Preisen und Konditionen gehört Feilschen einfach zum guten Ton. Während Deutsche glauben, wenn ihre Preise fair kalkuliert seien, könne die arabische Seite keine allzu großen Rabatte mehr fordern, messen Araber ihren Geschäftserfolg einzig daran, wie weit sie ihren Gegenüber von seinem ursprünglichen Preis weggebracht haben. Es ist daher ein Trugschluss, dass ein niedrigerer Ausgangspreis zu geringerem Feilschen führt!

Es ist für Deutsche unablässlich, zunächst mit unrealistischen Preisen in eine Verhandlung zu treten. Ist die eigene Schmerzgrenze erreicht, muss man das seinem Gegenüber deutlich machen. Langes Schweigen muss dann ausgesessen werden. Denn wer als erster die Stille nicht mehr ertragen kann, macht ein weiteres Zugeständnis.

Eine Hand wäscht die andere

„Gibst du mir, gebe ich dir“ oder „eine Hand wäscht die andere“ könnte man als das Grundprinzip der arabischen Geschäftswelt bezeichnen. Wird man daher von seinem Geschäftspartner um eine Gefälligkeit gebeten, sollte man keinesfalls ablehnen. Lässt sich der Wunsch nicht realisieren, zählt zumindest die Bereitschaft. Ein anschauliches Beispiel für diese Auffassung, stets guten Willen zu zeigen, begegnet einem, wenn man auf der Straße nach dem Weg fragt. Auch wenn der Gefragte keine Ahnung hat, wo sich die gesuchte Adresse befindet, wird er einem höflich und freundlich eine Richtung weisen. Denn lieber sagt er etwas Falsches, als seinen Gegenüber vor den Kopf zu stoßen. Er hat es zumindest versucht.

Das Gesicht wahren

Auch in den Golfstaaten gilt das Prinzip des Gesichtwahrens. Konflikte können – falls sie sich nicht sogar besser ganz vermeiden lassen – nur durch ein ausführliches „Manöver“ beider Seiten gelöst werden. Beide Parteien werden sich in einem sehr zähen Tempo Schritt für Schritt aufeinander zu bewegen. Sie demonstrieren ihr Wohlwollen durch kleine Zugeständnisse, die ihnen alles abzuverlangen scheinen. Es erfordert viel Geduld und Sensibilität, um sich diesem arabischen Stil des allgemeinen „Aussitzens“ eines Konfliktes anzupassen. Ziel ist jedoch, in Verhandlungen mit arabischen Geschäftspartnern Zugeständnisse zu fordern, ohne dabei je die Würde seines Gegenübers aus den Augen zu verlieren.

Verhandlungstaktiken, bei denen die deutsche Seite versucht, die arabischen Geschäftspartner zu einem Zugeständnis zu drängen, werden als äußerst unangenehm empfunden. Statt dies klar zu sagen, ist es jedoch eher wahrscheinlich, dass sich der arabische Geschäftspartner durch indirekte Aussagen aus dieser Lage zu befreien sucht. Insbesondere eine Vertagung wird von deutscher Seite fälschlicherweise leicht als Zustimmung interpretiert.

Ausschweifender Kommunikationsstil

Im Kommunikationsverhalten fällt auf, dass Angehörige des arabischen Kulturkreises eine sehr weitschweifige, indirekte, streckenweise auch recht blumige Ausdrucksweise haben. Die gradlinige Direktheit der Deutschen kann daher häufig zu peinlichem Berührtsein führen. Gleichzeitig kommunizieren Araber sehr expressiv, unterbrechen gerne und sind nicht nur wortgewandt, sondern „reden“ auch intensivst über die non-verbale Ebene. Diese geballte Ladung kann für reserviertere Deutsche schnell eine kommunikative Überforderung bedeuten.

Bei der Konversation stehen Araber sehr eng beieinander. Häufig wird der Gesprächspartner berührt und noch näher zu sich herangezogen. Deutsche empfinden diese Nähe meist als unangenehm. Dennoch wäre es sehr unhöflich, in diesem Falle zwei Schritte zurückzuweichen.

Zeit ist bedeutungslos

Wie in so vielen anderen Regionen der Welt, zählen Zeit und Pünktlichkeit auch im arabischen Raum nicht zu den obersten Prioritäten. Daran muss man sich als termintreuer Deutscher wohl oder übel gewöhnen. Meetings mit arabischen Geschäftspartnern werden häufig durch Anrufe und unerwartete Besuche anderer Personen für eine unbestimmte Zeit unterbrochen und insgesamt für Deutsche oft unerträglich in die Länge gezogen. Das ist keine Unhöflichkeit, sondern ein Zeichen der dominierenden Beziehungsorientierung. Aus deutscher Sicht hilft in solch einem Fall nur eiserne Geduld. Leider ist es auch möglich, dass ein arabischer Geschäftspartner gar nicht erst zum vereinbarten Termin erscheint. Die später folgende Entschuldigung mag in deutschen Ohren fadenscheinig klingen. Aber in der arabischen Welt ist die Hilfe beim Umzug des Bruders eine Frage des Pflichtbewusstseins, des Respekts – und der Selbstverständlichkeit.

Business während des Ramadans?

Der Ramadan ist für Muslime eine Zeit der Enthaltsamkeit, die durch das Fasten Ausdruck findet: Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang sind Essen, Trinken, Rauchen oder auch der Austausch von Zärtlichkeit streng verboten. Gleichzeitig ist der Ramadan eine Zeit der intensiven Ausübung religiöser Pflichten. So erhöht sich beispielsweise die Zahl der täglichen Gebete, für die geschäftliche Aktivitäten, wie beispielsweise Meetings, selbstverständlich unterbrochen werden.

Während des Ramadan sollte man auch als Nicht-Muslim in islamischen Ländern nicht in der Öffentlichkeit rauchen, essen oder trinken. In einigen Ländern werden auch Verstöße von Nicht-Muslimen gegen religiöse Pflichten mit Geld- oder sogar Gefängnisstrafen geahndet.

Vor allem gilt es jedoch, tolerant zu sein. Die aufgrund des strengen Fastens eingeschränkte Arbeitsleistung Ihrer muslimischen Geschäftspartner oder Mitarbeiter sollten Sie unbedingt zu respektieren wissen. Das gilt beispielsweise auch für die verminderte Leistungsfähigkeit von Servicekräften in Hotels oder Restaurants. Öffnungszeiten von Behörden wie auch die Arbeitszeiten im Dienstleistungssektor und in der Produktion sind generell stark reduziert. Daneben können selbst in den international ausgerichteten Business-Metropolen wichtige Meetings auf die Nachtstunden verlegt werden.

Das sogenannte „Eid al Fittr“ (Fastenbrechen) am Ende der Fastenzeit dauert mehrere Tage. Für deutsche Geschäftsleute bietet dieses große Fest eine gute Gelegenheit, bestehende Kontakte durch Ramadan-Glückwünsche – mündlich am Telefon bzw. schriftlich per E-Mail oder Karte mit muslimischen Motiven – zu pflegen.

Geschäftsreisen nach Bahrain, Iran, Kuwait, Oman, Qatar, Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate sollten von langer Hand gut vorbereitet sein, um auf die Besonderheiten in der Geschäftskultur angemessen reagieren zu können. Nur dann können Deutsche bei Verhandlungen mit arabischen Geschäftspartnern den gewünschten Erfolg erzielen.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der Crossculture Academy

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