Kulturelle Unterschiede Vietnam

Sich begrüßen und gegenseitig vorstellen

Vietnamesen reichen westlichen Besuchern meist sowohl bei der Begrüßung als auch bei der Verabschiedung die Hand, wobei Ihr Händedruck unbedingt eher sanft ausfallen sollte. Durch einen leicht zur Seite geneigten Kopf bekunden sie ihrem Gegenüber ihren Respekt. Eine Geste, die Sie erwidern sollten.

Sich beide Hände zur Begrüßung zu reichen, ist ein Zeichen tiefer Verbundenheit und ist hochrangigen, miteinander vertrauten oder auch älteren Gesprächspartnern vorbehalten.

Die jeweils Ranghöchsten einer Gruppe von Geschäftsleuten begrüßen sich zuerst. Die anderen Mitglieder der Delegation folgen ihrem Beispiel nach und nach. Die Begrüßung zwischen zwei Gruppen von Geschäftsleuten kann also etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Männer und Frauen berühren sich in der Öffentlichkeit nicht. Deshalb gilt: Schütteln Sie die Hand einer vietnamesischen Geschäftsfrau nur dann, wenn sie Ihnen zuerst die Hand reicht. Ansonsten ist nur ein freundliches Nicken angebracht.

Die Frage „Wie geht es Ihnen?“ im Rahmen der Begrüßung ist eine reine Höflichkeitsfloskel. Antworten Sie immer positiv, erzählen Sie bitte nichts über Jetlag oder Kopfschmerzen und bedanken Sie sich für die freundliche Nachfrage. Vergessen Sie natürlich nicht, sich auch nach dem Befinden Ihres vietnamesischen Gesprächspartners zu erkundigen.

Es wird übrigens sehr wohlwollend quittiert, wenn Sie ein paar Floskeln auf Vietnamesisch einflechten! Ein freundliches „Guten Tag“ drücken Sie mit den Worten „Xin Chao“ (Sprich: Sin Tschau) aus.

Vietnamesische Namen richtig verwenden

Vietnamesische Namen bestehen aus drei Teilen. An erster Stelle steht der Familienname, welcher in der Regel vom Vater übernommen wird. Es folgt ein Mittelname, der oft dazu dient, die Familienzugehörigkeit auszudrücken oder den Namen klanglich abzurunden. An dritter Stelle steht der Vor- bzw. Rufname.

Vietnamesische Rufnamen haben meistens eine Bedeutung, die sich auf einen erhofften Charakterzug oder einen anzustrebenden Lebensweg bezieht. Es ist daher umso wichtiger, einen vietnamesischen Namen möglichst korrekt auszusprechen, um nicht ungewollt etwas Beleidigendes zu sagen. Vietnamesische Wörter haben bei gleicher Schreibweise, aber unterschiedlicher Aussprache verschiedene Bedeutungen. Am besten erkundigen Sie sich sofort nach der richtigen Aussprache des vietnamesischen Namens Ihres Gesprächspartners!

Die passende Anredeform wählen

Die gegenseitige Anrede ist in Vietnam recht kompliziert. Denn dem Rufnamen wird immer eine Anredeform vorangestellt, die das altersmäßige Verhältnis zwischen den Personen wie auch den jeweiligen Rangunterschied ausdrückt. So steht beispielsweise „Anh“ für „großer Bruder“ oder „Chi“ für „große Schwester“, wobei die Personen nicht wirklich miteinander verwandt sein müssen. Ein und dieselbe Person wird also von verschiedenen Gesprächspartnern unterschiedlich angesprochen.

Akademische Titel spielen in Vietnam hingegen keine große Rolle, werden aber durchaus verwendet, indem man sie dem Rufnamen voranstellt.

Als Gast aus dem Ausland werden Sie mit Ihren vietnamesischen Geschäftspartnern vermutlich auf Englisch kommunizieren, sodass die neutrale Anrede mit „Mr“ oder „Mrs“ in Verbindung mit dem Rufnamen ausreicht. Nichtsdestotrotz werden Vietnamesen immer versuchen, Sie richtig „einzuordnen“, selbst wenn sie letztlich im Englischen ebenfalls keine den Rang bezeichnende Anredeform verwenden.

Aus diesem Grund werden Sie in der ersten Kennenlernphase mit überraschend vielen persönlichen Fragen konfrontiert werden, beispielsweise nach Ihrem Alter, ob Sie verheiratet sind und Kinder haben und wieviel Sie verdienen. Sie müssen diese Fragen natürlich nicht alle wahrheitsgemäß beantworten, sollten aber keinesfalls abweisend reagieren. Bedenken Sie, dass die vietnamesische Seite Ihre Stellung in Gesellschaft und Unternehmen ausfindig machen möchte, um Sie angemessen zu behandeln. Seniorität kommt Ihnen in Vietnam unbedingt zugute.

Darüber hinaus gilt es, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Denn in Vietnam macht man Geschäfte nur mit Leuten, die man kennt und denen man vertraut.

Ausreichend Visitenkarten mitbringen

Um Status und Rang einer Person genau einzuordnen, sind Visitenkarten eine große Hilfe. Ziehen Sie deshalb in Betracht, Ihre Visitenkarten ins Vietnamesische übersetzen zu lassen, damit Ihre potenziellen Geschäftspartner Ihrer Karte alle relevanten Informationen entnehmen können

Visitenkarten müssen in Vietnam unbedingt respektvoll behandelt werden, da sie als eine Art „Verlängerung“ des Status einer Person betrachtet werden. Nehmen Sie eine Visitenkarte deshalb immer respektvoll mit beiden Händen in Empfang und überreichen Sie Ihre Karte auf die gleiche Weise, sofern Ihr Gegenüber Ihnen hinsichtlich Rang und Alter vermutlich höher- oder zumindest gleichgestellt ist. Ansonsten reicht eine Hand aus.

Betrachten Sie eine Ihnen überreichte Visitenkarte genau. Legen Sie sie dann sorgfältig vor sich auf den Tisch. Lassen Sie eine Visitenkarte keinesfalls ungesehen in Ihre Sakkotasche gleiten.

Gepflegte Kleidung im legeren Stil

Der Dresscode in Vietnam ist im regionalen Vergleich relativ informell. Allerdings ist gepflegte Kleidung ein Muss. Schmutzige Schuhe, ein ungebügeltes Hemd oder ein dringend fälliger Haarschnitt werden als Geringschätzung empfunden. Auch Schwitzen gilt als unfein. Frauen sollten kein allzu tiefes Dekolletee, keine zu kurzen Röcke und selbst bei heißen Temperaturen Feinstrumpfhosen tragen.

Bei Terminen mit hohen Beamten sind ein konservativer Business-Anzug bzw. Kostüm die beste Wahl.

Small Talk ist eine gute Investition

Für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, ohne das Geschäftsabschlüsse in Vietnam kaum möglich sind, ist eine gute Gesprächsatmosphäre unverzichtbar. Fallen Sie also bei einem Meeting oder Treffen nie mit der Tür ins Haus, sondern nehmen Sie sich Zeit für einen angenehmen Einstieg. Small Talk ist keinesfalls Zeitverschwendung, sondern eine Investition für den reibungslosen Verlauf späterer Gespräche.

Wählen Sie positive Themen, wie beispielsweise die Sehenswürdigkeiten des Landes, das hervorragende Essen oder auch lokale wie auch internationale Sportereignisse. Vermeiden sollten Sie unbedingt kontroverse Themen, wie beispielsweise Politik, Armut und Entwicklungsstand des Landes etc.

Generell können Vietnamesen mit der deutschen Liebe für kritische Auseinandersetzungen wenig anfangen. Kritisieren Sie daher möglichst wenig, auch nicht etwa die Unfreundlichkeit der Deutschen, die Versäumnisse des Hotelpersonals oder die unglaublichen Fehler eines Kollegen.


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Indirekt und vorsichtig kommunizieren

Vor diesem Hintergrund gilt es beispielsweise genauso zu beachten, dass es Vietnamesen generell schwerfällt, etwas Negatives zu sagen oder einen Vorschlag direkt abzulehnen. Man möchte sein Gegenüber keinesfalls vor den Kopf stoßen. Daher werden auch in geschäftlichen Gesprächen ein Vorschlag, eine Bitte oder eine Anfrage kaum direkt verneint, sondern es wird stattdessen geschwiegen oder auch eine vom Thema ablenkende Gegenfrage gestellt.

Wie in vielen anderen asiatischen Ländern bevorzugen Vietnamesen eine indirekte Kommunikation. Vieles wird umschrieben und vorsichtig angedeutet. Mit Hilfe zahlreicher Kontextfaktoren – was wird wann wie und wo gesagt – lassen sich einzelne Informationen wie ein Mosaik zusammenfügen.

Negative Dinge oder Kritikpunkte werden immer freundlich und positiv „verpackt“. Oft fällt es Deutschen daher schwer, die unterschwellige Kritik oder auch nur ein einfaches Nein eines vietnamesischen Gesprächspartners herauszuhören. Unsere deutsche Art, alles offen auszusprechen, um Klarheit zu schaffen, ruft bei Vietnamesen schnell Befremden und Unsicherheit hervor.

Denken Sie stets daran, dass in Vietnam die Harmonie zwischen den Geschäftspartnern über allem steht. Viele Dinge werden hier nicht infrage gestellt, um das Wohlbefinden beider Seiten nicht aufs Spiel zu setzen.

Souverän in Meetings und Verhandlungsgesprächen

Für Meetings in Vietnam sollten Sie im Kalender viel Platz lassen. Sich für den anderen unbegrenzt Zeit zu nehmen, ist ein Zeichen des Respekts. Rechnen Sie nicht nur mit viel Small Talk zu Beginn der Gespräche, sondern auch mit vielen Fragen nach Details, die nicht unbedingt in einer logischen und stringenten Weise vorgebracht werden. Viele einzelne Informationen fügen sich nach und nach zu einem Gesamtbild zusammen.

Während Vietnamesen durchaus auch ein paar Verhandlungstricks anwenden, bleibt es in Verhandlungsgesprächen doch oberste Priorität, dass alle Verhandlungspartner stets ihr Gesicht wahren. Die andere Seite in die Enge zu treiben, so dass potenzielle Projektpartner ihr Gesicht verlieren, schadet dem Ansehen aller und würde eine erfolgreiche Zusammenarbeit fast unmöglich machen. Es gilt wie bei Gesprächen und Meetings allgemein, zunächst eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen und erst dann kritische Punkte der Verhandlung vorsichtig zur Sprache zu bringen. Gelassenheit, Geduld und Flexibilität sind dabei wichtige Komponenten.

Auf Entscheidungen warten können

Mit sofortigen Entscheidungen nach einem Meeting oder einer Verhandlung dürfen Sie in Vietnam nicht rechnen. Die vietnamesische Geschäftskultur ruht auf dem Konsensgedanken und dem Streben nach Harmonie. Die Rücksprache mit allen am Projektvorhaben Beteiligten ist oft sehr aufwendig.

Und auch nach dem Treffen einer Entscheidung durch die Entscheidungsträger, ist noch lange nicht automatisch das Ende der Gespräche erreicht. Denn in Vietnam wird sehr gerne alles wieder verworfen und neu aufgerollt. Die Dinge brauchen eben ihre Zeit, bis sie richtig gut sind.

Das zehrt oft an den Nerven, kann sich jedoch später auszahlen. Denn nach einer langen Verhandlungsphase stehen alle hinter der Entscheidung und dem Projektvorhaben. Vietnamesen halten sich in der Regel an geschlossene Verträge und streben in der nachfolgenden Zusammenarbeit Offenheit und Ehrlichkeit zwischen allen Beteiligten an.

Ein anderes Zeitverständnis?

In den meisten asiatischen Ländern herrscht ein anderes Zeitverständnis vor, sodass deutsche Geschäftsleute immer wieder darauf hingewiesen werden, mit Unpünktlichkeit und nicht eingehaltenen Deadlines flexibel umzugehen. Vietnamesen erscheinen jedoch zu beruflichen Terminen meist pünktlich. Jemanden warten zu lassen, ist unhöflich. Es ist allerdings hochrangigen Persönlichkeiten vorbehalten, mit einem absichtlichen Zuspätkommen ihre Position und Macht zu demonstrieren. Dies sollten Sie dann tatsächlich einfach hinnehmen.

Im Umkehrschluss sollten Sie darauf achten, dass Sie Ihrem Ruf als pünktlichem Deutschen gerecht werden. Tun Sie dies nicht, kann Ihre Unpünktlichkeit schnell als beabsichtigte Demütigung aufgefasst werden. Da der Verkehr in den vietnamesischen Business-Städten Hanoi und Saigon oft unberechenbar ist, sollten Sie ausreichend Zeitpuffer einplanen.

Nichtsdestotrotz besteht in Sachen Zeitverständnis zwischen Vietnamesen und Deutschen ein großer Unterschied: Während es in Deutschland von Erfolg und Wichtigkeit zeugt, andauern im Stress zu sein, sind Hektik und Zeitdruck in Vietnam eher verpönt. Wer hektisch ist oder noch schlimmer, versucht, andere zeitlich unter Druck zu setzen, gilt als grob unhöflich.

Achten Sie also darauf, dass Sie beispielsweise in Verhandlungsgesprächen nicht mit einem Hinweis auf Ihren anstehenden Abflug oder auch nur einem verzweifelten Blick auf die Uhr signalisieren, dass sich Ihre vietnamesischen Partner besser kurzfassen sollten.

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

Das gilt auch für das vietnamesische Geschäftsleben. Allerdings weist das Thema Schenken in Vietnam einige Hürden auf:

Angefangen bei der Geschenkverpackung sind beispielsweise die Farben Weiß, Schwarz oder Rosa möglichst zu vermeiden. Weiß steht für Trauer und Tod, Schwarz für Unglück und Rosa ist rein der Liebe vorbehalten. In Asien allgemein eignen sich die Farben Rot und Gold am besten für Geschenke, denn sie stehen für Erfolg und Reichtum. Gleichermaßen fallen bestimmte Geschenkideen, wie beispielsweise Schweizer Taschenmesser, dem vietnamesischen Aberglaube zum Opfer. Messer zerschneiden die Freundschaft.

Parfüm, Kosmetik oder Seifen, und seien sie auch noch so teuer, werden schnell als Wink mit dem Zaunpfahl verstanden, nämlich dass der Beschenkte sich intensiver der Körperpflege widmen sollte. Denken Sie daran, dass Schwitzen in Vietnam sehr unfein ist. Alle Geschenke, die auch nur ansatzweise in diesem Zusammenhang betrachtet werden können, werden daher schnell missverstanden.

Meist liegen Sie mit teurer Markenwaren möglichst aus Europa goldrichtig. Lokale Spezialitäten aus Ihrer Heimat und damit einem persönlichen Bezug kommen ebenfalls gut an. Dabei sind auch alkoholische Getränke ohne Weiteres akzeptabel. Blumen sind hingegen nur bei privaten Einladungen eine Option. Vermeiden Sie weiße und violette Blumen, die nur bei Trauerfeiern verwendet werden. Denken Sie bei Einladungen ins Haus Ihres Geschäftspartners auch an die Kinder und weitere Familienmitglieder (Großeltern und die erweiterte Großfamilie), die sich ebenfalls über Leckereien und Süßigkeiten freuen.

Achten Sie zudem darauf, dass Sie Vietnamesen auf unterschiedlicher Hierarchieebene keine gleichen oder gleich aussehenden Geschenke übergeben dürfen. Wert des Geschenks wie auch Aufwand der Verpackung sollten die unterschiedlichen Ranghöhen der Beschenkten klar widerspiegeln. Geschenke an gleich- oder höhergestellte Partner werden ähnliche wie die Visitenkarten mit beiden Händen übergeben und ebenso angenommen. Die Ranghöchsten erhalten ihr Geschenk immer zuerst.

Es wäre jedoch falsch, der Einfachheit halber nur den Managern auf gleicher Rangebene Geschenke mitzubringen. Teamassistenten und Mitarbeiter auf der operativen Ebene sollten großzügig bedacht werden, um die weitere Zusammenarbeit freundlich zu unterstützen. In jedem Fall gilt jedoch auch in Vietnam, dass Geschenke nicht zum Bestechungsversuch ausgeweitet werden dürfen. Ziel ist rein der Aufbau eines harmonischen Verhältnisses, nicht mehr und nicht weniger.

In Vietnam werden Geschenke üblicherweise nicht im Beisein des Schenkenden geöffnet, zu groß ist das Risiko, dass Schenkender und Beschenkter das Gesicht verlieren, wenn das ausgewählte Geschenk nicht gut ankommt. Bestehen Sie also nicht darauf, dass Ihr Geschenk sofort geöffnet wird, weil Sie sehen wollen, ob Sie das richtige gefunden haben. Und öffnen Sie auch das Ihnen überreichte Geschenk erst später.

Es reicht, sich bei der Übergabe eines Geschenkes zu bedanken, danach finden Geschenke keine Erwähnung mehr. Sie werden also niemals wirklich erfahren, ob Ihr Geschenk gut angekommen ist oder nicht. Ebenso wenig wird von Ihnen erwartet, dass Sie sich explizit für ein bestimmtes Geschenk bedanken. Das macht die Sache wiederum ein wenig leichter.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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