Kommunikation in Südostasien

In asiatischen Kulturen ist ein einmal erlittener Gesichtsverlust in aller Regel nicht mehr umkehrbar. Daher wird es meist vermieden, Personen öffentlich bloßzustellen, ihnen also das Gesicht zu nehmen, indem man ihre Fehler und Missgeschicke benennt und sie offen vor allen anderen kritisiert. Durch solch ein unangemessenes Benehmen kann man zudem selbst sein Gesicht und somit auch das des Teams oder gar des gesamten Unternehmens verlieren. Aber auch gesellschaftlich nicht akzeptierte Verhaltensweisen, wie der Austausch von Zärtlichkeiten oder eine Umarmung zwischen Mann und Frau in der Öffentlichkeit, können zu einem Gesichtsverlust führen.

Weiche und implizite Formulierungen

Die Angst vor Gesichtsverlust und ein großes Harmoniebedürfnis, insbesondere beim so wichtigen Aufbau persönlicher Beziehungen vor einer gemeinsamen Geschäftstätigkeit, begründen u.a., weshalb Südostasiaten tendenziell eher indirekt kommunizieren. Dieser Stil ist gekennzeichnet von weichen und impliziten Formulierungen, die dem Gegenüber und dem Selbst ›Gesicht geben‹ und die Harmonie wahren.

Jedoch kann in Südostasien kontextabhängig auch ein direkter Kommunikationsstil vorherrschen, etwa bei technischen Themen oder Sachverhalten, die bereits geklärt sind. Auch in internationalen Unternehmen bzw. Teams wird tendenziell eher direkt kommuniziert.

In einer sehr offenen, hitzigen, konfrontativen und argumentationsreichen, ausschließlich auf Fakten beruhenden Diskussion fühlen sich Südostasiaten jedoch schnell in die Enge getrieben. Sie empfinden einen Gesichtsverlust und brechen deshalb mitunter Gespräche und Verhandlungen ab. Geschäftsanbahnungen bzw. bereits bestehende Zusammenarbeiten werden im schlimmsten Fall ganz aufgekündigt.

Zirkulärer Gesprächsverlauf

Südostasiaten tendieren zu einem zirkulären Gesprächsverlauf: Themen werden angeschnitten, fallengelassen und später wieder aufgegriffen. Vor allem bei wichtigen und schwierigen Themen, bei denen es schnell zu Unstimmigkeiten und einer Störung der Harmonie kommen kann, wird dies praktiziert. Sobald die Wogen wieder geglättet sind, kommen die heiklen Themen erneut zur Sprache.

Redundanz ist Relevanz

Wiederholungen sind für einen indirekten Kommunikationsstil typisch. Wenn ein Thema von besonderer Wichtigkeit ist, dann wird es mehrfach im Gespräch wiederholt. Dies gilt auch für Abmachungen, Einladungen und Termine, die vereinbart werden.

Um sicherzustellen, ob es sich bei einer Aussage um eine Zustimmung bzw. Ablehnung handelt, empfiehlt es sich, mehrfach nachzufragen, dabei aber die Formulierungen zu variieren, sonst könnten der Eindruck von Besserwissertum oder auch der Aufbau von Druck entstehen. Je konkreter Aussagen, Abmachungen, Termine oder Einladungen schließlich formuliert werden, umso eher können Sie sich darauf verlassen.

Das asiatische Nein

Selten werden Sie in Südostasien ein direktes ›Nein‹ hören, hingegen eine Vielzahl von Varianten, dieses auf höfliche Art und ohne Gesichtsverlust zu umschreiben.

Häufig wird ›Nein‹ so ausgedrückt:

›Vielleicht …‹
›Möglicherweise …‹
›Es ist gut, aber …‹
›Es wäre besser …‹
›Später …‹
›Das kann schon sein …‹
›Morgen …‹

Auch ›Ja‹ bedeutet nicht immer völlige Zustimmung, sondern kann als ein Entgegenkommen gemeint sein, um das Gesicht des Gesprächspartners zu wahren. In den Ländern der Region gibt es mannigfache Bedeutungen von ›Ja‹.

Small Talk ist keine Zeitverschwendung

Für erfolgreiche Geschäfte in Südostasien sollten Sie sich folgende Aussage zu Eigen machen: Small talk is big talk! Small Talk ist keine Zeitverschwendung, sondern dient dem Kontaktaufbau auf einer beziehungsorientierten Ebene. Small Talk erzeugt Harmonie. Indem Sie mittels Small Talk Interesse an Ihrem Gegenüber zeigen, bekunden Sie auch Ihren Respekt und geben dem anderen Gesicht. Sich dafür Zeit zu nehmen, bedeutet, Interesse an einem vertrauensvollen Umgang miteinander zu haben. So erweitern und pflegen Sie Ihr informelles Netzwerk. Ziel des Small Talks ist es, ein harmonisches Umfeld zu schaffen, um auf beruflicher Ebene einen partnerschaftlichen Dialog herzustellen.

Geeignete Small-Talk-Themen sind Konsensthemen:

  • Komplimente über Land, Kultur, Sehenswürdigkeiten, landestypische
  • Spezialitäten und die Gastfreundschaft der Menschen aussprechen
  • Interesse an beliebten Sportarten (Fußball, Badminton, Tischtennis, etc.) zeigen
  • über angesagte Sportler und Künstler Bescheid wissen
  • ein paar Brocken der Landessprache sprechen

Verfängliche Themen können sein:

  • Religion
  • Staatsideologien, Politik und Geschichte
  • Korruption
  • Kritik an Land und Staatsführung (Vorsicht in Thailand: Kritik am Königshaus führt zu Gefängnisstrafen!)
  • innerethnische bzw. -religiöse Konflikte
  • Menschenrechte
  • Kinderarbeit
  • Sexualität (vor allem Homosexualität und Prostitution)
  • Umweltsünden
  • schlechte Behandlung von (Haus-)Tieren

Dennoch kann es passieren, dass Sie in einem Gespräch mit einem dieser Themen konfrontiert werden. Statt jedoch dann – wie in Deutschland oft üblich – Ihren Standpunkt darzustellen und in einer Diskussion zu vertreten, ist es besser, das Thema einfach fallen zu lassen. Bitten Sie darum, das Thema nicht weiter auszuführen. Es ist durchaus üblich, einfach das Thema zu wechseln. Dadurch bemerken Ihre südostasiatischen Gesprächspartner, dass Sie ein heikles Thema berührt haben und die Gefahr eines Gesichtsverlustes für beide Seiten besteht.

Humor ist nicht gleich Humor

Humor kann eine Situation auflockern und zwischen Gesprächspartner eine Verbindung herstellen. Dennoch ist Humor nicht gleich Humor. Humor wird immer auch durch kulturelle Aspekte bedingt. Vietnamesen und Singapurer lachen zum Teil über andere Dinge als Deutsche. Und um einen Witz richtig in einer Fremdsprache erzählen und verstehen zu können, ist eine hohe sprachliche und interkulturelle Kompetenz erforderlich.

Aber natürlich ergeben sich auch spontan lustige Momente und dann wird in Südostasien sehr gern, sehr viel gekichert und herzhaft gelacht. Wenn die als oft sehr ernst und korrekt wahrgenommenen Deutschen über sich selbst lachen können, kommt das bei südostasiatischen Partnern und Kollegen sehr gut an!


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Kritik stört die Harmonie

Südostasiaten fällt es schwer, zwischen Sach- und Beziehungsebene zu differenzieren. Direkt ausgesprochene kritische Worte, auch wenn sie nur die Sache betreffen, werden daher persönlich genommen. Kritik wirkt daher immer demotivierend, stört die Harmonie und kann zu Gesichtsverlust führen, sowohl des Kritisierten als auch des Kritikers.

Es gilt daher, dass eine Person oder ihre Leistungen niemals vor Dritten kritisiert werden darf. Auch offene oder versteckte Andeutungen werden vermieden. Darüber hinaus gilt ›Sippenhaft‹! Das heißt, kritisiert wird nicht eine einzelne Person, sondern die gesamte Gruppe.

Lässt sich Kritik nicht umgehen, sollten Sie die Sandwich-Strategie verwenden: Sprechen Sie zunächst Lob aus für alles, was gut gemacht wurde. Regen Sie dann mögliche Verbesserungen an, anstatt direkt zu kritisieren. Schließen Sie das Gespräch mit weiterem Lob ab. Verwenden Sie eine positive Wortwahl, die eigentlich das Gegenteil meint. Südostasiaten werden genau verstehen, was gemeint ist.

Konflikte auf der informellen Beziehungsebene lösen

Auch ein bestehender Konflikt wird in Südostasien nur indirekt angesprochen, d. h. das Problem wird im Gespräch verharmlost. Man sucht auch nicht nach dem Schuldigen und spricht keine Schuldzuweisungen aus. Stattdessen wird gemeinsame eine Lösung für das Problem angestrebt. Grundlage dafür bildet die Beziehungsebene, die den Konflikt aushalten können muss. Formulieren Sie also Ihre Sätze mit ›wir‹ und nicht mit ›ich‹ und ›du‹. Ziel ist, einen Konsens zu finden. Dabei verstehen Südostasiaten den Konsens als Erfolg und nicht etwa als Kompromiss.

Gerade in Konfliktsituationen sollte die Beziehungsebene zwischen Geschäftspartnern oder Kollegen stärker gepflegt werden: gemeinsame Restaurantbesuche, Ausflüge, Sightseeing-Touren und Abendveranstaltungen stehen dann auf dem Programm. In Thailand, Vietnam, Singapur und den Philippen empfiehlt sich der Besuch einer Karaoke-Veranstaltung, bei der auch die deutschen Partner sich nicht scheuen sollten, ihre Gesangskünste zum Besten zu geben.

Zurückhaltende Körpersprache

Insgesamt gilt es in Südostasien als angemessen und ›gut erzogen‹, wenig ausschweifende Gesten und Bewegungen auszuführen. ›Das Reden mit den Händen‹ wird normalerweise nicht gepflegt. Stattdessen verschränken Südostasiaten häufig bei wichtigen Anlässen ihre Hände hinter dem Rücken oder legen die Handflächen ineinander nach vorn, sodass die Arme nicht lose links und rechts am Körper ›herabhängen‹. Auch hastige Bewegungen und schnelles Gehen (Rennen) sind weniger üblich.

Beim Überreichen und Entgegennehmen von Gegenständen benutzt man stets beide Hände. Von dieser Verhaltensregel ausgenommen sind muslimische Kulturen, wie Indonesien und Malaysia, hier benutzt man ausschließlich die rechte Hand. Die linke Hand gilt als ›haram‹, also ›unrein‹. Wie bereits erwähnt, gilt dies auch für das Überreichen von Visitenkarten.

Man zeigt außerdem nicht mit dem Finger auf Personen. Es wird stets die gesamte Hand benutzt, um auf eine Person zu zeigen oder sie herbeizuwinken. Im Sitzen zeigen Fußspitzen oder nackte Fußsohlen idealerweise nicht auf eine Person.

Direkten Blickkontakt vermeiden

Im asiatischen Kontext ist es weniger üblich, sich tief in die Augen zu blicken oder einen Blick offen und ›intensiv‹ zu erwidern, vor allem zwischen den Geschlechtern oder über verschiedene Hierarchieebenen hinweg. Ein direkter Blickkontakt wird als unangenehm, unerzogen und provokant empfunden und unterliegt somit einem ganz anderen Konzept als dem unseren, welches diesen als offen, ehrlich, seriös und am Gegenüber interessiert bewertet.

Größenunterschiede berücksichtigen

Europäer sind häufig größer als viele Südostasiaten. Vor allem sehr große Menschen sind auf der Straße bereits von Weitem gut sichtbar. Das kann auf Einheimische sehr erheiternd wirken. Im Geschäftsleben jedoch ist es oftmals schwierig, ›auf Augenhöhe‹ zu verhandeln, wenn die Größenunterschiede deutlich sind. Ratsam ist es dann, sich mit raumgreifenden Gesten zurückzuhalten, denn sie unterstreichen noch die physiognomische Überlegenheit einer Person. Unbewusst kann das zur Einschüchterung des südostasiatischen Gegenübers führen.

Autorin: Susann Sumadirana – Susann Sumadirana ist Halbindonesierin und studierte Indonesistik in Indonesien und Jena. Seit 2003 arbeitet sie als interkulturelle Trainerin mit Schwerpunkt auf Südostasien in verschiedenen Bereichen.

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