Kommunikation in der mehrsprachigen Schweiz

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Der Kommunikationsstil eines schweizerischen Geschäftspartners kann jedoch je nach seiner Muttersprache durchaus unterschiedlich sein. Deutsche werden vor allem in der italienischen und französischen Schweiz einen expressiveren Kommunikationsstil mit schnellem Sprechfluss, mehr Gestik und Temperament erleben. Auch gelten Schweizer aus dem Tessin oder der Romandie im Geschäftsleben tendenziell als aktiver und spontaner.

Langsame Sprechweise, andere Ausdrücke

In der deutschsprachigen Schweiz treffen Sie in der Regel auf Hochdeutsch sprechende (manchmal nur ungern) Geschäftspartner. Allerdings wird dort ein langsamer, teilweise fast monotoner Sprachfluss den ein oder anderen auf eine harte Geduldsprobe stellen. Dies sollten sich Deutsche keinesfalls anmerken lassen und auch den Schweizern niemals ins Wort fallen, um einen Satz schnell zu Ende zu bringen. Solch ein Verhalten könnte leicht mit einer den Deutschen gerne nachgesagten Besserwisserei gleichgesetzt werden.

Auch wenn Hochdeutsch die gemeinsame Geschäftssprache ist, sollten Deutsche darauf achten, dass es im Sprachgebrauch dennoch Unterschiede gibt. So verabschieden sich in der Schweiz nur enge Freunde mit „Tschüss“. Daneben existieren viele schweizerdeutsche Ausdrücke, die für Deutsche zwar interpretierbar, aber unbekannt sind, wie z. B. „uf Widerluege“ („Auf Wiedersehen“), „exgüsi“ („Entschuldigung“), „merci fürs Telefon“ („Danke für den Anruf“), „iidrücklich“ („beeindruckend“), „parkieren“ („einparken“), „Münz“ („Kleingeld“) oder gar „Gurtentrageobligatorium“ („Anschnallpflicht“). Andere gleich lautende Begriffe mögen sich wiederum durch Nuancen in ihrer Verwendung unterscheiden.

Daneben sind die Schweizer Meister darin, etwas vage anzudeuten oder durch nur halb ausgesprochene Sätze zu kommunizieren. Deutsche verstehen diese nonverbalen Mitteilungen nicht immer auf Anhieb. Gleichzeitig sollten sie darauf achten, dass in ihre eigenen Aussagen vielleicht mehr hineininterpretiert wird als tatsächlich gemeint war.

Höflichkeit ist ein Muss

Generell ist in der Schweiz auf eine sehr höfliche Ausdrucksweise mit vielen Entschuldigungen und Danksagungen zu achten. Sachverhalte müssen pro forma ausführlich erklärt werden, auch wenn etwas selbsterklärend erscheint. Es wird außerdem häufig sehr formell gegrüßt – z. B. der Nachbartisch im Restaurant oder wenn man jemanden nach dem Weg fragt. Daneben werden Türen aufgehalten, auch wenn der Nachfolgende noch Meter entfernt ist. Simple Dialoge werden gerne aus reiner Höflichkeit zu einem intensiven Frage-Rückfrage-Antwort-Spiel ausgedehnt. Telefonate beinhalten mehrfach Floskeln wie „Sind Sie noch da?“ oder „Können Sie mich verstehen?“. Deutsche müssen sich daher einfach darin üben, sich für Gespräche – auch für ein eigentlich kurzes Telefonat –immer ausreichend Zeit für Höflichkeiten zu nehmen.

Sachlicher Small-Talk

Die als verschlossen geltenden Schweizer achten sehr darauf, Distanz zu wahren. Im ersten Kontakt mit neuen Geschäftspartnern bedeutet dies vor allem, z. B. beim gemeinsamen Business-Lunch keine zu direkten Fragen zu stellen oder zu persönliche Themen anzuschneiden – obwohl auch in der Schweiz Small-Talk durchaus wichtig ist. Im Vergleich zu beziehungsorientierteren Geschäftskulturen in Südeuropa geht es hier jedoch weniger darum, sein Gegenüber näher kennen zu lernen, sondern mehr um einen höflichen gegenseitigen Austausch. Sachlichkeit ist daher immer empfehlenswert, während Ironie und Sarkasmus außerhalb eines privaten Umfeldes nur ungern gehört werden. Im italienischsprachigen Landesteil ist allerdings ein südländischeres Verhalten spürbar, das sich vor allem durch ein intensiveres Interesse an der Person des Geschäftspartners aus Deutschland zeigt. Eine gute persönliche Beziehung mag hier durchaus eine größere Rolle spielen als in der deutschsprachigen Schweiz.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der Crossculture Academy

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