In Italien beginnt jedes Gespräch mit Small Talk, um über Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte eine gute Atmosphäre zu schaffen. Unterhalten Sie sich anerkennend über Land und Leute, Kunst und Kultur oder auch Design und Architektur. Vermeiden Sie jegliche kritische Anmerkungen.
Auch Persönliches kommt zur Sprache, wie etwa Herkunftsort, Familie und Hobbys. Machen Ihre italienischen Gesprächspartner Ihnen Komplimente, sollten Sie diese annehmen ohne sie herunterzuspielen. Sprechen Sie aber unbedingt Gegenkomplimente aus.
Expressiv und schnell
Italiener kommunizieren schnell, lebhaft, wortreich und mit viel Gestik. Ihre expressive Art enthält zudem stets eine gewisse Portion schillernde Selbstdarstellung.
Deutsche Geschäftsleute, die eher sachlich und zurückhaltend sprechen, tun sich oft schwer, dem Redefluss ihrer italienischen Gesprächspartner zu folgen und hinterlassen gleichzeitig den Eindruck, nicht wirklich interessiert zu sein oder auf Distanz zu bleiben. Das liegt unter anderem daran, dass Deutsche höflich zuhören und auf eine Sprechpause Ihres italienischen Gegenübers warten, um endlich selbst etwas zu sagen. Der richtige Moment, um einzuhaken, kommt aber meistens nicht.
Denn Italiener sind es gewohnt, sich gegenseitig zu unterbrechen und auch gleichzeitig zu sprechen. Durch eingeworfene Fragen oder Kommentare signalisieren sie ihr Interesse am Gesagten. Man liefert sich also ein angeregtes Hin und her. Und so bleibt es oft beim italienischen Monolog, den beide Seiten als unbefriedigend empfinden. Daher lautet die Empfehlung, in Italien auch einmal munter dazwischenzureden und das Wort an sich zu reißen!
Indirekt und kontextbezogen
Trotz der großen Menge gesprochener Worte gilt Italien als High-Context-Kultur. Dies bedeutet, dass man sich eher indirekt und diplomatisch ausdrückt. Anspielungen und Andeutungen haben einen hohen Stellenwert und verbale Aussagen sollten stets im Gesamtkontext betrachtet werden. Wie etwas gesagt wird ist oft von größerer Bedeutung, als was gesagt wird. Mimik, Gestik und non-verbale Signale sind zudem wichtige Informationsträger.
Kritik üben
So werden Italiener trotz ihrer expressiven Art selten Kritik offen aussprechen. Denn das italienische Prinzip der bella figura, also dem Bestreben, jederzeit eine gute Figur zu machen, ähnelt dem asiatischen Gesichtwahren. So gilt es, nicht nur selbst jederzeit und überall eine gute Figur zu machen, sondern man ist auch dafür verantwortlich, dass das Gegenüber seine bella figura aufrechterhalten kann.
Wer also beispielsweise einen Mitarbeiter vor versammelter Mannschaft kritisiert und damit bloßstellt, macht durch sein unsensibles Verhalten brutta figura, also eine schlechte Figur.
In Italien wird nur bedingt zwischen Sach- und Beziehungsebene unterschieden. Sachlich gemeinte Kritik wird also immer auch auf persönlicher Ebene zu Buche schlagen und der bella figura aller Beteiligten schaden – demjenigen, der kritisiert wird, genauso wie demjenigen, der die Kritik ausübt.
Alles in allem ist es Italienern stets wichtig, eine Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen. Jeder soll sich sicher sein können, dass die anderen ihn nicht in Verlegenheit bringen. Kritik wird nur unter vier Augen ausgesprochen und auch dann in einer sehr indirekten Form. Heben Sie viele positive Dinge hervor, bevor Sie Ihre kritischen Punkt zur kurz andeuten.
Beziehungsschonend zu kommunizieren, sollte in Italien höchste Priorität haben.
Mündlich oder schriftlich?
Da Italiener gerne und viel reden, kommt der mündlichen Kommunikation ein hoher Stellenwert zu. Wollen Sie mit Ihrem italienischen Geschäftspartner etwas schnell klären, dann greifen Sie zum Telefonhörer. Es ist essentiell, die Handynummer Ihres italienischen Geschäftspartners zu kennen und diese auch zu benutzen. Oder noch besser: Arrangieren Sie ein persönliches Treffen mit viel beziehungsförderlichem Small Talk und einem guten Essen. E-Mails, Briefe und Faxe werden hingegen oft ignoriert und vor allem eine schriftliche Aufzählung von Problempunkten oder Anweisungen wird schnell als aggressiv empfunden.
Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.
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Katrin Koll Prakoonwit
Katrin Koll Prakoonwit ist eine Frau der Sprache – und arbeitet sowohl mit Medien und im Content-Management. Sie baute eine Plattform auf, in welcher sie interkulturelle Zusammenarbeit zum Kernthema hatte.
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