Das hat höchste Priorität – oder doch nicht?

Im Job müssen wir täglich Prioritäten setzen. Meist tun wir das, indem wir bewerten, welche Aufgabe Vorrang vor anderen hat. Im Hinterkopf haben wir dabei mögliche Konsequenzen. Welches Projekt darf sich nicht noch weiter verzögern? Welches Produkt bringt den größten Umsatz? Was passiert, wenn ich nicht sofort auf dieses Schreiben reagiere? Welchem Projekt hat der Chef die höchste Priorität zugeordnet? Welcher Verkaufsabschluss bringt den höchsten Bonus ein? Diese Kriterien sind in der Regel sachorientiert. Wir reihen die Dinge nach ihrer Wichtigkeit ein, reagieren und agieren je nach Dringlichkeit.

Je nach Beziehung zur Person

In beziehungsorientierten Geschäftskulturen hat die Beziehung zwischen Geschäftspartnern oder Arbeitskollegen oft Vorrang vor der Sache selbst. Zwar sehen hier die Mitarbeiter oder Manager durchaus die Konsequenzen ihres Handelns oder Nicht-Handelns. In ihre Prioritätensetzung mit hinein spielt aber immer auch die persönliche Beziehung zur jeweiligen Person, die mit der Aufgabe in Verbindung steht – und zwar zu einem nicht unerheblichen Teil.

Hat Kollege K heute Morgen angerufen und erzählt, dass er den Report heute Abend seinem Chef vorlegen muss, braucht er die aufbereiteten Zahlen wahrscheinlich dringender als Kollege B, von dem man seit zwei Wochen nichts gehört hat. Erzählt Geschäftspartner G am Telefon immer so nette Anekdoten, macht es natürlich Spaß, ihn öfters einmal anzurufen und auf dem Laufenden zu halten. Geschäftspartner C schreibt hingegen immer so lange langweilige E-Mails, die man kaum lesen mag. Wem schulde ich einen Gefallen? Wer hat mir weitergeholfen? Mit wem gehe ich in der Kantine zum Essen? Wer wurde mir von meinem langjährigen Geschäftspartner für dieses Projekt empfohlen?

Quantitative Kriterien spielen eine untergeordnete Rolle

Eine strikte Abarbeitung der Aufgaben nach quantitativen Kriterien, wie Eingangsdatum der Anfrage, Fristsetzung oder Umsatzgröße wird in beziehungsorientierten Kulturen kaum stattfinden. Das liegt auch daran, dass hier meist der Zeit eine untergeordnete Stellung beigemessen wird. Ein Gespräch dauert so lange wie es dauert. Das Projekt braucht eben seine Zeit, um erfolgreich zu werden. Termine im Kalender können entsprechend nach hinten geschoben werden. Papier ist geduldig, die Menschen sind es auch.

Sind Sie von dem nach hinten verschobenen Termin oder der nicht eingehaltenen Frist betroffen, nehmen Sie dies Ihrem Geschäftspartner aus einer beziehungsorientierten Kultur nicht übel. Es ist sicherlich nicht als Geringschätzung gemeint. Sorgen Sie stattdessen dafür, dass Sie einen besseren Draht zueinander haben. Rufen Sie öfters an, fragen Sie nach. Der persönliche Kontakt ist wichtiger als alles andere. Denn sonst gilt: Aus den Augen, aus dem Sinn. Zeigen Sie Präsenz und verweisen Sie freundlich auf die Dringlichkeit Ihrer Anliegen. Die Qualität Ihrer Beziehung hat Priorität, nicht die Sache selbst!

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.


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