Geht nicht, gibt’s nicht – indischer Optimismus

„Immer sind die Inder gut drauf“, sagte mir einmal jemand im interkulturellen Coaching. „Wie kann das denn sein? Immer fröhlich. Immer lächelnd. Das ist sicher alles nur Fassade. Gespielt. Unecht. So viel Grund zur guten Laune gibt es doch gar nicht.“

Ja, dieser indische Optimismus irritiert uns. Wir hören schon die Alarmglocken läuten und sind besonders vorsichtig, wenn auch noch der Satz kommt: „No problem!“ Fröhlichkeit und Zuversicht kommen uns verdächtig vor, weil ungewohnt.

Always think positive

Mentalitätssache, könnte man sagen. Optimismus ist nicht gerade eine Eigenschaft, die den Deutschen zugeschrieben wird. Andere sind besser darin. Warum denn verdrießlich dreinschauen, nörgeln und jammern? Das macht die Sache nicht besser, so heißt es in Indien.

Negativ sein zieht runter, verdirbt die Stimmung, schlägt sich aufs Gemüt. Und warum andere belasten? Die haben doch selbst mit sich zu tun. Da muss ich nicht mit meinen Sorgen kommen.

Auf einen ist ganz bestimmt Verlass

Und überhaupt gibt es da einen, den Inder um Hilfe bitten können: Ganesha, den Gott mit dem Elefantenkopf. Ihm wird die Kraft zugesprochen, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Entsprechend bitten ihn viele Hindus in schwierigen Angelegenheiten um Beistand. Ganesha wird es schon richten. Er hilft und lässt keinen im Stich. Gerne spendet man ihm Süßigkeiten und streichelt seinen dicken Bauch, um von ihm gesegnet zu sein.

Wenn Ihre indischen Kollegen, Mitarbeiter oder Geschäftspartner eine Ganesha-Puja veranstalten, dann bringen sie damit ihr Grundvertrauen auf göttlichen Beistand zum Ausdruck. Es wird schon. Wir haben allen Grund, optimistisch zu sein. Wir packen das. Religion schiebt Zuversicht an!

Seien Sie darauf gefasst: Diese frohe Zuversicht könnte ansteckend sein. Sie müssen nicht immer gleich eine Habachtstellung einnehmen und vermuten, dass das Lächeln aus Verlegenheit geschieht und der Optimismus über Fehler hinwegtäuschen soll. Zur unterkulturellen Kompetenz gehört es, dafür ein Gespür zu entwickeln und nicht gleich mit argwöhnischen und zutiefst misstrauischen Mutmaßungen bei der Hand zu sein.

Smile, please!

Heitere Gelassenheit und Fröhlichkeit von innen heraus, die sich in einem zuversichtlichen Strahlen bei Ihren Kollegen und Kolleginnen ausdrücken, sind von indischer Seite aus ziemlich ernst gemeint. Es ist echt! Wenn Sie schon einmal Yoga ausprobiert haben, dann haben Sie sicherlich von Ihrem Lehrer gehört: „Das Ganze bitte noch mit einem Lächeln!“ Und das bei aller Anstrengung. Aber die muss man einem ja nicht unbedingt ansehen. Also Lächeln und optimistisch gut gelaunt sagen: „Das wird schon. Wir packen das!“

Prof. Dr. Simone Rappel

Simone Rappel ist selbst sehr vielseitig: von Hause aus Theologin, ist sie lange im Bereich Globales Lernen tätig gewesen, hat eine a.o. Professur inne und berät ihre Kunden zu allen Themen, die mit der Geschäftskultur in Indien zu tun haben. Ihr besonderes Interesse gilt ethischen Fragen in der interkulturellen Zusammenarbeit und ihre Einsichten bringt sie gern ganz konkret und praktisch auf den Punkt.

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