Verschwinden kulturelle Unterschiede irgendwann von selbst?

Global aufgestellte Unternehmen machen die Erfahrung, dass die interkulturellen Unterschiede ihrer Arbeitnehmer im internationalen Arbeitsalltag in den Hintergrund treten und einer firmeneigenen Kultur Platz machen. Dabei gilt, je kulturell diverser eine Abteilung oder ein Team ist, desto eher wird diese Diversität mit der Zeit zur Normalität.

Menschen, die über einen langen Zeitraum ausschließlich in einem gemischtkulturellen Umfeld arbeiten, verändern sich unweigerlich. Ihre individuelle kulturelle Prägung wird schwächer und sie entwickeln eine Anpassungsfähigkeit, die die Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen maßgeblich vereinfacht. Ein respektvolles, empathisch-einfühlsames und flexibles Arbeiten wird so zum unverzichtbaren Teil der weltweiten Unternehmenskultur.

Es muss jedoch an dieser Stelle betont werden, dass dies immer das Ergebnis eines langen Prozesses ist, der neben dem detaillierten Wissen um diverse kulturelle Unterschiede einen konstruktiven und proaktiven Umgang mit den unterschiedlichen Wahrnehmungen der einzelnen Mitarbeiter voraussetzt. Wird dieser Prozess hingegen nicht erfolgreich durchlaufen, besteht die Gefahr, dass interkulturelle Unterschiede und die daraus resultierenden Schwierigkeiten im Arbeitsalltag als gegeben, unveränderlich und schließlich als normal hingenommen werden. Oft wird dann an der Lösung schwelender Konflikte gar nicht mehr gearbeitet. Stattdessen lernen die Mitglieder eines gemischtkulturellen Teams irgendwie damit zu leben. Das internationale Arbeitsumfeld wird zum alltäglichen Hemmnis.

Gruppenbildung mit verhärteten Fronten

Ein weiteres Risiko, das vor allem in Abteilungen oder Teams besteht, in dem die Mitarbeiter nicht aus vielen verschiedenen Ländern, sondern nur aus zwei oder drei stammen, ist die Gruppenbildung. Dann besteht die Tendenz, sich entlang ethnischer Linien voneinander abzugrenzen, indem jede Gruppe untereinander in der jeweiligen Muttersprache spricht und in der Zusammenarbeit mit den anderen auf ihre kulturspezifischen Besonderheiten pocht – sei es bewusst oder unbewusst. Erschwerend kommt hinzu, dass die Unternehmensleitung oft eine bestimmte Kultur bevorzugt, beispielsweise die des jeweiligen Standortes oder auch die der weit entfernten Konzernleitung. Dann wird versucht, auf Basis dieser gewählten Kultur einen Kodex zu entwickeln, der für alle gilt. Letztlich wird einer Gruppe ein maßgeblicher Vorteil gewährt, was die Frustration der anderen kulturellen Gruppen nur erhöht.

Diese ungesunde Gruppendynamik führt fast immer dazu, dass sich aufgrund kultureller Unterschiede Fronten entwickeln und verhärten. Die kulturellen Prägungen der einzelnen Gruppen werden stärker und stärker wirksam, weil die Mitarbeiter durch die Stresssituation am Arbeitsplatz in ihre kulturellen Muster zurückfallen und so das multikulturelle Team in seiner Gesamtleistung schwächen. Die Expertise einzelner Teammitglieder der unterlegenen Gruppen werden nicht genutzt, weil sie durch ihre Gruppenzugehörigkeit ausgegrenzt werden.

Prozess zur interkulturellen Abteilung lohnt sich

Interkulturelle Unterschiede verschwinden nicht von selbst. Stattdessen ist ein intensiver Prozess notwendig, um interkulturell kompetente Abteilungen und Arbeitsgruppen aufzubauen. Diverse Studien zeigen deutlich, dass sich dieser Prozess langfristig lohnt. Denn gemischtkulturelle Teams, die durch diesen Prozess gegangen sind und eine entsprechend offene und flexible interne Arbeitskultur in ihrem Unternehmen mitgestalten, zeigen deutlich bessere Leistungen als kulturell homogene Teams. Sie sind in der Regel kreativer und profitieren von den unterschiedlichen Denkweisen ihrer Mitglieder. Ohne diesen Prozess zeigen gemischtkulturelle Teams jedoch deutlich schlechtere Leistungen, insbesondere wenn es nur einige Kulturen je Team gibt, weil die erzwungene Anpassung an eine dominante Kultur oder an einen von oben übergestülpten Arbeitskodex die Arbeitsmotivation beeinträchtigt und die Leistungen insgesamt sinken.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.


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