Kulturelle Unterschiede Luxemburg

Luxemburg ist ein kleines, traditionsbewusstes und stolzes, aber auch ein weltoffenes sowie sehr europäisches Land. Knapp die Hälfte der Bevölkerung stammt aus 163 verschiedenen Ländern. Hinzu strömen täglich etwa 177.000 Grenzgänger ins Land, die im benachbarten Frankreich, Belgien, Deutschland und den Niederlanden leben. Alles in allem arbeiten täglich 370.000 Ausländer in Luxemburg.

Man hat es in Luxemburg also so gut wie nie nur mit einheimischen Luxemburgern zu tun, sondern immer auch mit zahlreichen Kollegen und Geschäftspartnern aus vielen verschiedenen europäischen wie außereuropäischen Kulturen.

Welche Sprache?

Die luxemburgische Multikulturalität findet darüber hinaus Ausdruck in der Mehrsprachigkeit des Landes. Luxemburg hat insgesamt drei Amtssprachen: Luxemburgisch, Französisch und Deutsch. Luxemburgisch gilt als Nationalsprache, Französisch ist die Gesetzgebungssprache und gemeinsam mit Deutsch auch die EU-Amtssprache. Im Gegensatz zu anderen mehrsprachigen Ländern ist der Sprachgebrauch in Luxemburg also nicht territorial gegliedert, sondern funktional bzw. nach wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Bereichen. Verschiedene Branchen haben in Luxemburg sprachliche Präferenzen. Der Servicebereich, das Hotellerie- und Gaststättengewerbe wie auch der Handel sind im Allgemeinen sehr Französisch orientiert. Im produzierenden Gewerbe oder im Finanzsektor dominieren hingegen Englisch und Deutsch.

Meldet sich jemand am Telefon auf Luxemburgisch, ist es für Ausländer gang und gäbe, kurz nachzufragen, ob man auch auf Deutsch, Französisch oder Englisch wechseln kann. Ist die andere Person nicht der gewünschten Sprache mächtig, wird in der Regel schnell jemand gefunden sein, der das Gespräch übernehmen kann.

Small talk variieren

Auch in Luxemburg beginnt man geschäftliche Telefonate oder Meetings gerne mit etwas Small Talk. Halten Sie sich jedoch beim ersten Kennenlernen an eher unverfängliche Themen und fragen Sie auch später nur allgemein nach, wie es der Familie geht oder wie die Dinge gerade so laufen.

Inwieweit Ihre Luxemburger Geschäftspartner oder Kollegen Small Talk führen, hängt stark davon ab, aus welchem Land sie stammen. Ein Portugiese oder Italiener wird gerne von Anfang an sehr viel persönlichere Themen ansprechen und den lebhaften Small Talk zeitlich ausdehnen, um eine gewisse Vertrauensbasis herzustellen, bevor man sich dem Geschäftlichen widmet. Luxemburger oder Niederländer hingegen sind es eher gewohnt, Berufliches und Privates strikt voneinander zu trennen.

Daher lautet die Devise für erste Geschäftstermine in Luxemburg: Erst einmal abwarten und beobachten, welche Themen die neuen Geschäftspartnern oder Kollegen anschneiden und wie die Gesprächsatmosphäre gestaltet wird. Gehen Sie also nicht gleich „in Führung“, sondern finden Sie erst heraus, mit wem Sie es zu tun haben? Durch die multikulturelle Zusammensetzung vieler Luxemburger Unternehmen und der daraus resultierenden Unterschiedlichkeit beim Aufbau neuer Geschäftskontakte können Sie als Außenstehender mit zu viel persönlichem Small Talk oder einer zu zugeknöpften Art schnell in ein Fettnäpfchen treten.

Seien Sie offen und freundlich, aber agieren Sie möglichst auf dem gleichen Level zwischen persönlichem Kennenlernen als Basis für eine potenzielle Geschäftsanbahnung (Südeuropäer, Südamerikaner, Asiaten) und einer rein sachorientierten Gesprächsführung (Luxemburger) wie Ihre neuen Gesprächspartner. Damit sind Sie immer auf der sicheren Seite.

Anrede nach Sprache ausrichten

Ähnlich flexibel sollten Sie es mit der Frage halten, ob man sich siezt und mit Nachnamen anspricht oder gleich von Anfang an per Vorname und Du ist? Zum einen hängt dies davon ab, in welcher Sprache man sich verständigt. Während im Deutschen und Französischen zwischen einer formellen, und für berufliche Kontakte angemessenen Sie-Form und einem eher informellen bis privaten Du unterschieden wird, geht man im Englischen ohne diese sprachliche Differenzierung meist sehr schnell zum Vornamen über. Entsprechend sind Geschäftsleute in Luxemburg je nach ihrer Muttersprache und Heimatkultur geprägt und werden die Förmlichkeit in ihrem Unternehmen beeinflussen: Deutsche, die Englisch sprechen, werden vielleicht dennoch an einem förmlichen Mr oder Ms festhalten, während Niederländer, die Deutsch sprechen, schnell zum Vornamen übergehen. Die so jeweils entstandene Firmenkultur spielt also ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle. Warten Sie einfach ab, wie man Sie anspricht und verhalten Sie sich entsprechend.

Anpassungsfähige Kommunikation

In der gesamten geschäftlichen Kommunikation sollten Sie in Luxemburg anpassungsfähig sein, denn Sie werden in einem so interkulturellen Umfeld vielen verschiedenen Kommunikationsstilen begegnen. Beobachten Sie also genau, wie Ihre Gesprächspartner kommunizieren und miteinander umgehen. Drücken Sie sich bei ersten Kontakten so diplomatisch und vorsichtig wie möglich aus, um Fettnäpfchen zu vermeiden – und zwar so lange Sie nicht genau wissen, ob Ihr Gegenüber direkte und offene Worte gewohnt ist oder eher nicht.

Ähnlich wie in Deutschland, ist auch der Kommunikationsstil der gebürtigen Luxemburger tendenziell eher reserviert und förmlich. Man zeigt im Berufsleben wenige Emotionen und spricht meist rein sachlich. Gleichzeitig sollten Sie aber in jeder beruflichen Situation auf direkte Worte gefasst sein. Sowohl die Luxemburger selbst als auch die dort vertretenen Niederländer werden frei von der Leber weg sagen, was sie denken.

Vorsicht mit Kritik!

Die daraus oft resultierende herbe Kritik ist in der Regel sachlich gemeint, d.h. man trennt gedanklich strikt zwischen der Sache selbst und der Person. Es ist möglich, im Meeting die Arbeit eines Kollegen kritisch auseinanderzunehmen und im Anschluss als „beste Freunde“ den Konferenzraum zu verlassen. Genauso ist es auch möglich, dass Mitarbeiter der unteren Ebene die Vorgehensweise ihres Vorgesetzten offen infrage stellen oder sich über eine Sache beschweren, da das gegenseitige Verhältnis dadurch keinen Schaden nimmt.

In vielen anderen Kulturen, denen Sie in Luxemburg begegnen können, wird Kritik jedoch keinesfalls offen ausgesprochen, da diese per se der guten zwischenmenschlichen Beziehung schadet. Hier wird kaum zwischen Sache und Person unterschieden. Das hierarchische Gefälle führt deshalb auch dazu, dass zwar Vorgesetzte ihre Mitarbeiter kritisieren, wenn auch eher unter vier Augen, aber niemals Mitarbeiter die Worte ihres Vorgesetzten infrage stellen oder kritisch diskutieren.

Meetings nach internationalem Standard

Meetings dienen in Luxemburg der Entwicklung von Ideen oder Vorhaben und der Weitergabe von Informationen. Sie werden nach einem gewissen internationalen Standard abgehalten. Je nach Unternehmenskultur ist der Rahmen mehr oder weniger förmlich. Es wird in der Regel rechtzeitig schriftlich zum Meeting eingeladen und bei größeren Zusammenkünften wird der Termin oft auch noch einmal kurz vorher bestätigt.

Nach Möglichkeit sollten Sie sich im Vorfeld darüber informieren, wer am Meeting teilnimmt, welche Sprachen und Nationalitäten dominieren und sich entsprechend darauf einstellen. Es kann hilfreich sein, vorab nachzufragen, in welcher Sprache das Meeting abgehalten wird und ob Teilnehmer gegebenenfalls für Sie übersetzen können.

Man fängt pünktlich an und hört auch relativ pünktlich wieder auf. Eine Agenda ist oft gerne gesehen, wird aber nicht unbedingt konsequent abgearbeitet. Sie können aber davon ausgehen, dass die angegebenen Themen im Meeting auch besprochen werden, wenn auch nicht immer in der vorgesehenen Reihenfolge.

Eine gewisse Debattierfreude kann in Meetings ebenfalls zu spüren sein. Abhängig vom jeweiligen Kommunikationsstil der anwesenden Nationalitäten werden die Dinge mehr oder weniger offen angesprochen und ausdiskutiert. In stark hierarchisch strukturierten Unternehmen wird eher der Vorgesetzte die finale Entscheidung treffen, in flacher organisierten Einheiten wird man sich im Meeting so lange auseinandersetzen, bis eine Einigung erzielt werden kann.

Wird ein Meeting in Englisch oder Deutsch abgehalten, sollten Sie es nicht als Beleidigung oder Ausgrenzung empfinden, wenn zwei oder drei Luxemburger plötzlich auf Luxemburgisch oder Französisch wechseln. Oft denken Luxemburger nicht wirklich darüber nach, weil sie in ihrem Alltag dauernd zwischen Sprachen hin und her wechseln. Was den Anlass zum Wechsel der Sprache gegeben hat, kann vielerlei Gründe haben, etwa der Hinweis auf eine Sache, die zuvor auf Luxemburgisch besprochen worden ist. Warten Sie einfach die Konservation kurz ab und bitten Sie dann, dass man das Gesagte noch einmal auf Deutsch bzw. Englisch wiederholt. Gehen Sie nicht per se davon aus, dass man Sie absichtlich aus dem Gespräch ausschließen wollte. Das kann natürlich auch einmal der Fall sein, denn Luxemburger wissen natürlich, dass die wenigsten Ausländer ihre Sprache beherrschen. Aber auch dann sollten Sie einfach darüber hinweggehen und nicht unfreundlich reagieren.

Je nach Usus im Unternehmen kann es sein, dass nach einem Meeting ein zusammenfassendes schriftliches Protokoll versandt wird, welches nicht nur die gefassten Entscheidungen, sondern ggf. auch die nächsten Schritte für einzelne Abteilungen oder Personen spezifiziert.

Präsentationen mit Beziehungsfaktor

Mit Zahlen, Daten und Fakten fahren Sie bei einer Präsentation in Luxemburg gut. Denn eine sachorientierte Vorgehensweise ist die Regel. Nichtdestotrotz sollten Sie die Beziehungsebene nicht vernachlässigen, indem Sie beispielsweise zu Beginn ein paar freundliche Worte an die Anwesenden richten, hinterher etwas unverfänglichen Small Talk betreiben oder für Fragen zur Verfügung stehen.

Halten Sie eine Präsentation auf Deutsch, sollten Sie als Muttersprachler sehr darauf achten, dass einige Ihrer Zuhörer im Raum zwar gut Deutsch sprechen, aber vielleicht nicht so geübt sind, was Fachbegriffe oder Akronyme betrifft. Fragen Sie nach, ob alle Termini vertraut sind bzw. vor Ort ebenfalls so verwendet werden. Bauen Sie vorsichtshalber einige umschreibende Worte in Ihren Vortrag ein. Bei einer Präsentation auf Englisch sollten Sie beachten, dass für viele Luxemburger Englisch nur die dritte oder vierte Sprache ist.

Vor diesem Hintergrund kann es auch empfehlenswert sein, dass Sie sowohl Ihre Präsentationsfolien als auch Handouts und andere Begleitmaterialien zwei- oder dreisprachig anbieten, sofern nicht alle Teilnehmer eine gemeinsame Arbeitssprache haben.

Verhandlungen und Entscheidungen

Je nach hierarchischer Struktur eines in Luxemburg ansässigen Unternehmens sind auch die Entscheidungskompetenzen verteilt. Achten Sie also darauf, dass Sie mit den richtigen Personen am Verhandlungstisch sitzen. Aber auch wenn zunächst nur Vertreter der mittleren Ebene ohne Entscheidungsbefugnis anwesend sind, können diese doch einflussreich sein. Es kann also nicht schaden, während laufender Verhandlungen zu allen in einer Organisation bekannten Gesichtern einen guten Draht zu haben.

Tendenziell wird in Luxemburg förmlich und detailorientiert verhandelt, aber auch der Beziehungsaspekt spielt eine Rolle. Vielleicht halten Sie es mit dem Motto: Hart in der Sache, weich zur Person. Verhandeln Sie respektvoll, auf Augenhöhe und flexibel. Behalten Sie stets im Blick, welche Nationalitäten am Verhandlungstisch sitzen und richten Sie Ihr Kommunikationsverhalten dementsprechend aus.

Bedingt durch die Anwesenheit der EU-Institutionen und des internationalen Finanzwesens können Sie davon ausgehen, dass luxemburgische Unternehmen Zugang zu ausgezeichneter rechtlicher Beratung haben und dementsprechend detaillierte Verträge ausarbeiten.

Geschäftsessen und After Work

Geschäftsessen gehören in Luxemburg zum Alltag. Es werden sowohl Arbeitsessen am Mittag angesetzt, bei denen man etwa die Themen aus dem Konferenzraum weiterführt oder ein gemeinsames Vorhaben bespricht, als auch Geschäftsessen am Abend rein zur Beziehungspflege. Diese Abendveranstaltungen beginnen meist um 20.30 Uhr und dauern mehrere Stunden. Sie finden in guten Restaurants oder auch privat zu Hause statt.

Genussvolles Essen spielt in Luxemburg eine große Rolle. Es wird ausgiebig geschlemmt und auch viel Alkohol getrunken. Ein guter Wein zum Essen ist nicht nur abends, sondern auch mittags die Norm. Restaurantrechnungen fallen entsprechend hoch aus und werden vollständig vom Gastgeber übernommen.

Je nach vertretenen Nationalitäten kann die Unterhaltung sehr lebhaft ausfallen, selbst handfeste Diskussionen sind möglich, die die Geschäftsfreundschaft an sich aber in der Regel nicht gefährden. Man setzt sich einfach gerne kontrovers auseinander und verabschiedet sich hinterher mit einer noch engeren Umarmung.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.


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