Cola kommt in Indien aus der Mode

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Zwisch! Jetzt eine Cola mit viel Eis. Das tut gut und bringt den schlappen Kreislauf wieder in Schwung. Besonders an heißen Sommertagen.

„Denkste!“ Ruft man in Indien. „Zu viel Zucker, zu viele Kalorien. Das Zeug macht dick und ist ungesund. Wer will denn so was?“ Das Bewusstsein ändert sich rapide im Land mit der höchsten Zahl an Diabetikern weltweit. Deshalb heißt es: „Colas are not fashionable anymore!“

Coca Cola und PepsiCo verlieren in Indien in den letzten drei Jahren kontinuierlich Marktanteile. Die beiden Konzerne hatten es ohnehin nie leicht in Indien. Nachdem sie endlich mit erheblichem Einsatz und allen Tricks aus der Kiste der Marketingtools Fuß fassen konnten und den Markt unter sich aufgeteilt hatten, kehren ihnen die Verbraucher den Rücken zu. Diese haben nämlich keine Lust mehr auf Dickmacher.

Bewußtseinsänderung und sin tax

Softdrinks auf Fruchtsaft- oder Milchbasis sind voll angesagt. Wie kommt das? Das Bewusstsein, gesund zu essen und zu trinken, nimmt zu. Vorbei die Zeit, in der eine Tüte Chips und eine Cola zum Inbegriff dessen gehörte, was sich die Mittelschicht gerne als Snack gönnt. Zunehmend adipöse Kinder und Diabetes sind das Ergebnis. Angesichts dieser Fakten fordert Arvind Subramanian, Chefberater der indischen Regierung in Sachen Wirtschaft, eine drastische Maßnahme: eine „sin tax“ mit 40%, um die Ursachen dieser Zivilisationskrankheiten zu bekämpfen. Dazu kommt, dass die Auswahl an Softdrinks heute viel größer ist und die Fan-Gemeinde von kohlensäurehaltigen Getränken nicht ganz so groß ist wie in anderen Ländern.

Überdies fällt ein dritter Faktor ins Gewicht: die Gruppe, in der Coca Cola und Pepsi noch wachsen könnten, die untere Mittelschicht, ist sehr preissensitiv. Für sie sind Sprudelgetränke, die seit 2015 mit einer extra Steuer von 3,5% belegt werden, nach wie vor ein Luxus, den man sich nur ab und zu leistet. Cola ist für sie wie Schokolade oder Kekse: Genuss pur, wenn man sie sich manchmal gönnt. Aber eben nicht notwendig fürs tägliche Überleben.

Außerdem ist „homemade“ in Indien ziemlich angesagt. Lokale Getränkehersteller treffen den Geschmack der Verbraucher besser und haben kürzere Entscheidungswege als das in den Großkonzernen der Fall ist. Auch das spielt eine Rolle in einem Markt, wo jeden Sommer ungefähr 600 neue Getränke auf den Markt gebracht werden, wovon allerdings 90% die nächste Saison nicht erleben.

Was tun Coca Cola und Pepsi?

Zugegeben, geklagt wird auf hohem Niveau. Denn Coca Cola und Pepsi zusammen dominieren den Markt noch mit 55,7% (Euromonitor 2016). Das Ärgerliche ist jedoch, dass sie in einem jährlich um knapp 10% wachsenden Markt auf der Verliererseite stehen. Deshalb ergreifen die Unternehmen zwei Maßnahmen.

Nummer 1: Die Cola weniger süß machen. Andere Süßmittel nutzen. Dabei geht aber der ursprüngliche Geschmack verloren, was auch wiederum nicht allen schmecken wird.

Nummer 2: Groß mitspielen in der Liga der gesunden Getränke!

Gerade der zweite Punkt ist vielversprechend: Coca Cola brachte unlängst drei neue Getränke auf den Markt: Aquarius, ein kohlensäurehaltiges Getränk mit wenig Kalorien, Vio auf Milchbasis und Zico mit Kokoswasser. Maaza, eine Mangoschorle, zum Coca Cola-Konzern gehörend, boomt mit einem Marktanteil von 29,7%, während Pepsis Fruchtsaftmarke Tropicana zwar erfolgreich ist, aber gegenüber den einheimischen Akteuren noch Potenzial nach oben hat. Gute Aussichten, denn der Fruchtsaftmarkt in Indien ist im letzten Jahr (2016) um stattliche 16% gewachsen.

„Future is golden“ und das liegt vor allen an der Mango

Doch auch kohlensäurehaltige Getränke auf Fruchtsaftbasis haben ihren Markt. Hier mischen zunehmend lokale Marken auf: Parle Agro launchte Appy Fizz als neue Marke und produziert sehr erfolgreich Frooti Fizz, eine Sprudelvariante des Erfolgsprodukts Frooti mit mindestens 11% Mango-Fruchtfleich. Mango-goldgelb ist, so könnten wir sagen, das neue schwarz. Um mit den Farben der Softdrinks etwas zu spielen.

Das Fazit: Der Kunde ist König

Der indische Verbraucher ist experimentierfreudiger und gesundheitsbewusster. Zuckerhaltige Dickmacher sind „no longer the first choice“! Der Markt an Softgetränken in Indien wird vielfältiger und gesünder, kalorienreduzierter und fruchtiger. Säfte, Nektar, Schorle liegen voll im Trend. Milch mit Hafer oder auch Kokoswasser gemischt mit Früchten sind most fashionable.

Enjoy a healthy future. Seien Sie ruhig hipp, indem Sie die die trendigen Softdrinks bei Konferenzen und Geschäftsverhandlungen servieren. Cheers! Prosit! Zum Wohlsein!

Prof. Dr. Simone Rappel

Simone Rappel ist selbst sehr vielseitig: von Hause aus Theologin, ist sie lange im Bereich Globales Lernen tätig gewesen, hat eine a.o. Professur inne und berät ihre Kunden zu allen Themen, die mit der Geschäftskultur in Indien zu tun haben. Ihr besonderes Interesse gilt ethischen Fragen in der interkulturellen Zusammenarbeit und ihre Einsichten bringt sie gern ganz konkret und praktisch auf den Punkt.

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