Konfliktgespräche in einem interkulturellen Umfeld

Langfristig besser für die allgemeine Arbeitsatmosphäre ist es, einen schwelenden Konflikt sachlich auf den Tisch zu bringen. Aus deutscher Sicht empfiehlt es sich, dazu mit dem oder den betroffenen Kollegen ein klärendes Gespräch zu führen. Statt einfach loszupoltern gilt es, persönliche Eindrücke und Empfindungen zu schildern und aufmerksam zuzuhören, wenn die andere Seite ihre Sicht der Dinge erklärt. Kommunikationsexperten empfehlen zudem, möglichst in eigenen Worten zu wiederholen, was der andere zu sagen versucht, um zu zeigen, was angekommen ist. Die zweite goldene Regel lautet, die Sachinhalte des Konflikts von der Person zu trennen. Man sollte sich in den anderen hineinversetzen können, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den jeweiligen Betrachtungsweisen festzuhalten. Die persönliche Beziehung zu der anderen Person sollte dabei in den Hintergrund rücken bzw. sollten sich die Beteiligten gegebenenfalls darauf einigen, trotz ihrer negativen Emotionen den Konflikt lösen zu wollen.

Sachliche Kritik funktioniert nicht überall

Aber nicht überall auf der Welt wird es als Idealfall angesehen, dass Auseinandersetzungen offen und konstruktiv ausgetragen werden. Die Bewältigung eines Konflikts gewinnt an Komplexität, wenn die beteiligten Personen aus unterschiedlichen Ländern kommen und somit der Konfliktwahrnehmung und -lösung verschiedene kulturelle Orientierungssysteme zugrunde liegen: Unterschiedliche Kommunikationsstile, Wertvorstellungen, Arbeitsprozesse oder ein anderes Führungs- und Rollenverständnis erschweren es, im Konfliktfall einen gemeinsamen Nenner zu finden. Der richtige Umgang mit einem Konflikt hängt jedoch zudem entscheidend davon ab, inwieweit Auseinandersetzungen von der anderen Seite grundsätzlich als etwas Förderliches, als ein klärendes Gewitter oder aber als Bedrohung der alles entscheidenden Harmonie verbunden mit einem potenziellen Gesichtsverlust betrachtet werden. Wird eine Trennung von Person und Sache in einer Kultur nicht vollzogen, sind in der Regel auch rein sachliche Auseinandersetzungen im Geschäftsleben unmöglich. Im Konfliktfall werden dann statt Gesprächen eher Vermeidungsstrategien wie Themenwechsel, Schweigen oder ein Rückzug aus der Situation gewählt. Was für das Arbeitsklima gesund ist, wird von den Beteiligten jeweils konträr betrachtet: Die deutsche Seite wünscht sich Klärung durch Offenlegung, die kulturell anders geprägte Seite strebt die Wahrung der Harmonie an und lässt es nicht zu, dass Personen durch kritische Worte ihr Gesicht verlieren.

Im diesem Fall werden auch die Konfliktreaktionen des anderen schnell missverstanden. Während beispielsweise eine zurückhaltende Art, ein konsequentes Lächeln oder andere Verhaltensweisen, um Gesicht und Harmonie zu wahren, von Deutschen oft nicht richtig interpretiert werden, können ihre expressiveren Gesten, die ausgeprägtere Mimik und das lautere Sprechen mit hohem Tempo sehr schnell als sehr viel aggressiver und bedrohlicher empfunden werden, als es eigentlich gemeint ist. Eine aktive Konfliktbewältigung im interkulturellen Umfeld setzt daher voraus, dass man sich mit den Kommunikationsgewohnheiten und dem allgemeinen Umgang mit Konflikten bewusst auseinandergesetzt hat. Von entscheidender Bedeutung ist es zu wissen, ob die Punkte, die zu einem Konflikt geführt haben, direkt angesprochen werden können, um mit der betroffenen Person den Konflikt auszutragen.

Kulturorientiert handeln

Eine interkulturell kompetente Konfliktlösung erfordert daher neben den oben beschriebenen Lösungsstrategien sehr viel Einfühlungsvermögen und Anpassungsfähigkeit in der Kommunikation. Kritische Worte von Angesicht zu Angesicht sind nicht unbedingt möglich. Häufig ist es daher geboten, durch die Blume zu sprechen: In vielen High-context-Kulturen, in denen zum Gesagten auch der Gesamtzusammenhang einbezogen werden muss, wird nicht immer alles verbal ausgesprochen. Häufig reicht es deshalb, eine vorsichtige Andeutung zu machen. Muss man das, was den Konflikt verursacht hat, dennoch aussprechen, ist es ratsam, dies durch sehr, sehr viel Lob abzufedern. Hilfreich kann es oft auch sei, die kritischen Punkte mehr als gutgemeinte Vorschläge zu tarnen. Demonstrieren Sie also keinesfalls Überlegenheit. Verzichten Sie auf Vorwürfe. Lassen Sie Ihren Gesprächspartner möglichst bald ebenfalls zu Wort kommen. Sie sollten schnell eine Ebene erreichen, auf der Sie gemeinsam nach Vereinbarungen zur Verbesserung der Situation suchen. Gelingt dies nicht, kann es zusätzlich empfehlenswert sein, eine dritte Partei, die in beiden Kulturen zu Hause ist, als Mediator einzuschalten.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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