Dänische Meetings (Møder) sind zielgerichtet. Das gilt natürlich auch für Treffen mit ausländischen Geschäftspartnern. Über die konkreten Ziele hinaus, zum Beispiel den Projektstart, geht es auch um das Gefühl des Vertrauens und der Gemeinsamkeit. Dementsprechend ist der Begriff „Fælleskab“ – „Gemeinschaft“ zentral für die dänische Kultur.
Der dänische Designer Erik Magnussen sagte mir einmal: „Man kann doch nur mit Leuten arbeiten, die man mag.“ Dänen möchten deshalb in einem Meeting immer auch herausfinden, ob man sich denn mag bzw. im nächsten Schritt diese Beziehung aufbauen und weiter fördern. Eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen, ist mindestens so wichtig wie Inhalt und Ergebnis des Meetings.
Sie können davon ausgehen, dass Ihre dänischen Kontakte ohne hidden agenda arbeiten und nicht taktieren. Sie sollten sich entsprechend verhalten und kommunizieren.
Disziplinierte Besprechungskultur
Die Besprechungskultur in dänischen Unternehmen ist diszipliniert. Das ergibt sich schon alleine daraus, dass dänische Gesprächspartner regelmäßig wenig Zeit haben. Es gibt meist eine Tagesordnung, man beginnt pünktlich und kommt schnell zur Sache. Das Meeting wird auch pünktlich beendet. Eine spezielle Sitzordnung ist eher unwahrscheinlich.
Am Meeting nehmen von dänischer Seite diejenigen teil, die vom Thema betroffen sind. Auch hier gilt, dass aus Zeitgründen die Anzahl der Teilnehmer klein gehalten wird. Meist sind alle gut vorbereitet und auch alle werden potenziell mit einbezogen. Der Chef muss nicht zwingend das letzte Wort haben oder das Gespräch dominieren.
Meetings finden in einer offenen und ungezwungenen Atmosphäre statt. Der Ton ist locker, aber respektvoll. Die Teilnehmer lassen einander ausreden. Etwas bereits Gesagtes, dem nicht widersprochen worden ist, wird nicht wiederholt. Das wäre unhöflich und ließe auch darauf schließen, dass sich jemand profilieren will.
Es kann passieren, dass einer der Gesprächspartner während des Meetings einen Anruf erhält. Er hat dies vielleicht auch schon zu Beginn des Meetings angekündigt. Anderenfalls wird er sagen, dass der Anruf wichtig ist und kurz das Meeting verlassen.
Gehaltvoll, aber kurz präsentieren
Präsentationen in dänischen Unternehmen unterscheiden sich nicht sehr von dem, was Sie aus Deutschland gewohnt sind. Auch in Dänemark werden Sie sehr unterschiedliche Qualitäten antreffen, je nach Firma bzw. Person, die die Präsentation erstellt hat bzw. hält. Generell ist das grafische Niveau der Foliengestaltung jedoch eher besser als im deutschen Sprachraum.
Ihre Präsentation sollte gehaltvoll und nicht zu lang sein. Auf Übertreibungen und eine überzogene Selbstdarstellung sollten Sie unbedingt verzichten. Humor darf in Ihre Präsentation durchaus einfließen. Er sollte sich aber in Grenzen halten und nicht vom Inhalt ablenken. Am besten kommt Selbstironie an.
Kurzfristige Absagen ohne falsche Ausreden
Es kann durchaus passieren, dass ein Meeting kurzfristig abgesagt wird – aus Gründen, die in Deutschland niemals zu Absagen führen würden. Wenn zum Beispiel das Kind des Geschäftsführers krank geworden ist und seine Ehepartnerin schlechter aus ihren Verpflichtungen herauskommt als er, dann muss der Geschäftstermin mit Ihnen zurückstehen. Es ist also nicht automatisch so, dass die Ehefrau Ihres Geschäftspartners (wenn es denn ein Mann ist) zu Hause bleibt.
In Dänemark sind die Geschlechterrollen weniger unterschiedlich als in Deutschland. Dies gilt tatsächlich auch für absolute Toppositionen: Der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen sagte einst einen Termin mit einer großen Gruppe Botschafter ab, weil sich seine Tochter den Fuß verstaucht hatte. Die Ehefrau des Ministerpräsidenten hatte auch wichtige Termine. Es gab darüber zwar eine öffentliche Diskussion, ausgetragen in den dänischen Tageszeitungen. Nach kurzer Zeit war der Konsens aber klar: Es war in Ordnung, dass der Ministerpräsident sich um die Familie kümmerte statt um die Botschafter.
Die Geschichte zeigt übrigens auch, wie offen und transparent in Dänemark kommuniziert wird. Es werden keine Ausreden gesucht, sondern es wird gesagt, was ist.
Autor: Reiner Perau