In einem international besetzten Meeting treffen oft mehrere verschiedene Akzentgruppen aufeinander, die der Lingua franca Englisch ihren eigenen Stempel aufdrücken. Für die jeweils andere Seite kann dieser Akzent das Verständnis des Gesagten einschränken. Abgesehen davon ist ein Akzent eigentlich nichts Schlimmes. Arnold Schwarzenegger wäre wohl ohne seinen unverwechselbaren österreichischen Akzent nur halb so bekannt geworden.
Doch allzu oft fühlen sich gerade deutsche Geschäftsleute unangenehm enttarnt, wenn beim anfänglichen Small Talk im englischsprachigen Ausland nach ihrem ersten englischen Satz sofort die Frage kommt: „Where are you from?” Ihren deutschen Akzent deklarieren auch Expats schnell als Grund, letztlich nie richtig dazuzugehören, statt ihn dem Beispiel Schwarzeneggers folgend als ihren individuellen Wiedererkennungswert einfach zu akzeptieren.
Bürger anderer Nationen machen sich hingegen um ihren Akzent im Englischen kaum Gedanken, allerdings beeinflusst dieser vielleicht auch etwas weniger die Art und Weise, wie sie von ihrem Umfeld als Person wahrgenommen werden. Der deutsche Akzent wirkt nun mal leider in den meisten Sprachen eher hart.
Wie entsteht eigentlich ein Akzent?
Kinder lernen ihre Muttersprache, indem sie andere Personen imitieren. Unsere Art zu sprechen bzw. Wörter auszusprechen, wird also von Anfang an von unserer Umwelt beeinflusst. Zunge, Lippen und Kiefer verändern je nach Laut ihre Position, das geschieht jedoch ungesehen und in der Regel unbewusst. Sprechen wir dann später im Leben als Deutsche Englisch, wissen wir nicht, wie Briten oder Amerikaner ihre Sprechorgane benutzen und können deshalb keine hundertprozentig englischen Laute produzieren. Wir sprechen also Englisch mit einem deutschen Akzent, so wie Inder Englisch mit einem indischen Akzent sprechen.
Um ein fremdsprachliches Wort wie ein Muttersprachler auszusprechen, muss man die richtige Zungen- und Kiefertechnik beherrschen und diese wird in Schulen nur selten gelehrt. Zudem ist die phonetische Schreibweise eines Wortes wichtiger als die normale Schreibweise, welche viel zu leicht mit Hilfe der eigenen, muttersprachlichen Methodik gelesen wird.
Wer entschlossen ist, seinen deutschen Akzent loszuwerden, sollte Folgendes tun:
1. Sich auf einen bestimmten englischen Akzent festlegen
Britisches Englisch, Amerikanisches Englisch oder auch Australisches Englisch weist einen bestimmten Akzent oder Dialekt auf. Wenn Sie Ihre englische Aussprache verbessern möchten, dann sollten Sie sich auf einen bestimmten Akzent festlegen. Ein englischer Mischmasch wird Sie – und Ihre Gesprächspartner – nur durcheinander bringen.
2. Beschäftigen Sie sich mit dem Thema Aussprache
Sehen Sie sich Filme in der Originalfassung an, pausieren Sie die DVD und sprechen Sie einzelne Sätze nach. Je mehr Sie sich mit einem bestimmten Akzent aktiv befassen, umso vertrauter werden Sie mit den Charakteristika der Aussprache.
3. Trainieren Sie Ihre Sprechorgane wie ein Schauspieler
Die amerikanische Schauspielerin Renée Zellweger hat sich für ihre Rolle in „Bridget Jones“ einen britischen Akzent antrainiert. Schauspieler erhalten professionelles Sprechtraining. Sie können sich jedoch ähnliche Kurse zum Selbsterlernen kaufen. In diesen Sprachtrainings werden die Zungen- und Kiefertechniken, um Laute in einem bestimmten Akzent zu sprechen, genau erklärt. Viel Üben ist natürlich gut, oft reicht aber auch schon, dass einem bestimmte typisch deutsche oder typisch britische Sprachbewegungen bewusst werden.
Ein Beispiel ist der deutsche Glottalstopp, der sogenannte Knacklaut, den wir bei anlautenden Vokalen vollziehen. Vergleichen Sie das deutsche „ein Apfel“ mit dem englischen „an apple“ (gesprochen: „änäppl“). Hier kommt die in vielen anderen Sprachen so gebräuchliche „Liasonbildung“ zur Anwendung. Das bedeutet, beide Wörter werden aneinandergereiht und um Grunde wie eines ausgesprochen. Wegen dieses Unterschiedes wird die deutsche Sprache häufig als hart bezeichnet. Wir sprechen jedes Wort einzeln abgesetzt, auch in einer Fremdsprache.
Mit oder ohne Akzent – auf die Freundlichkeit kommt es an
Mit etwas Praxis haben Sie eine gute Chance, Ihre nächste englische Präsentation vor einem britischen, amerikanischen, australischen oder international gemischtem Publikum nahezu akzentfrei zu halten.
Sie können Ihr Augenmerk aber auch einmal darauf lenken, wie unterschiedlich die Akzente Ihrer ausländischen Businesspartner bzw. US-Bürger aus dem Norden oder Süden der Vereinigten Staaten ausfallen und ob dies letztlich ein Problem darstellt? Denn ihre Herkunft und Kultur verstecken zu wollen, ist ein vornehmlich deutsches Phänomen. Somit können Sie sich auch dafür entscheiden, zu Ihrem deutschen Akzent zu stehen und dafür vielleicht durch Wortwahl, Mimik und Gestik die damit verbundene Härte in der Kommunikation etwas abzufedern, um insgesamt freundlicher zu wirken.
Letztlich ist Englisch nicht nur eine foreign language, die es bis zur Perfektion zu erlernen gilt, sondern die lingua franca oder auch Verkehrssprache des internationalen business, was per definition bedeutet, dass alle Beteiligten verstehen, was gemeint ist.
Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.
Literaturtipps:
Linda James
Get Rid of Your Accent for Business: Pt. 3: The English Pronunciation and Speech Training Manual
Business and Technical Communication Services Limited (8 Aug. 2012)
Helen Ashton
Work on your Accent (Collins Work on Your…)
Collins; First edition edition (16 Aug. 2012)