Viele internationale Geschäftspartner zeichnen sich beim Verkauf ihrer Produkte durch diplomatisches Verhandlungsgeschick aus. Dazu werden sie zunächst auf die Person eingehen, bevor sie sich – nicht weniger gewissenhaft – den geschäftlichen Belangen zuwenden. Auf dem internationalen Parkett geht es oft um den Menschen, nicht um die Sache alleine.
Sach- versus Beziehungsebene
Dieses diplomatische Geschick, das Verhandlungspartner anderer Nationen scheinbar mühelos beherrschen, lässt deutsche Geschäftsleute oft ratlos zurück. So neigen die meisten Deutschen beispielsweise dazu, den ungeliebten Smalltalk zu Beginn eines geschäftlichen Meetings einfach wegzulassen. Wozu auch, denken sie, wenn man auch gleich zur Agenda – also dem scheinbar Wichtigen – übergehen kann? Deutsche steuern also gleich auf die Sache zu und sind zudem in ihren Aussagen meist zu direkt.
Bleiben am Ende der knallhart übermittelten Fakten noch ein paar Minuten, um sich über scheinbare Belanglosigkeiten wie das Wetter, das Land des Verhandlungspartners oder dessen sportliche Hobbies auszutauschen, ist das in Ordnung, aber nicht zwingend nötig, meinen deutsche Geschäftsleute. Sie verfahren nach dem Motto: „Eine gute Beziehung zu meinen Kunden ist zwar nice to have, muss aber nicht sein“.
Beziehungen ebnen den Weg
Dadurch öffnen sich uns die Türen auf dem globalen Markt weniger leicht. Denn der Rest der Welt ist meist beziehungsorientierter und beginnt Gespräche oder Verhandlungen mit Smalltalk. Denn ohne eine gute Beziehung zum jeweiligen Geschäftspartner würde man gar nicht erst Geschäfte machen. Der Begriff „Partner“ wird im Sinne von „gemeinsam etwas erreichen wollen“ sehr wörtlich genommen. Der Beziehungsebene wird eine enorme Bedeutung beigemessen. Es ist unbedingte Voraussetzung, den Geschäftspartner persönlich kennenzulernen und eine gute, vertrauensvolle Beziehung zu etablieren, bevor Produkte verkauft werden können.
Versuchen Sie also bei internationalen Kontakten etwas mehr auf Ihr Gegenüber einzugehen, als sofort konkret zum Punkt der Verhandlungen zu kommen. Das schafft eine Vertrauensbasis, auf der Sie aufbauen können.
Langfristige Bindung statt kurze Affäre
Zu Recht argumentieren viele Deutsche nun: „Aber wir sind doch sehr erfolgreich, warum sollten wir unser Verhalten dann ändern?“ Was sicher nicht zu leugnen ist. Die Gegenfrage lautet aber: „Wollt ihr nicht noch bessere Geschäfte machen?“ Und vor allem: „Sollte es nicht um dauerhafte Geschäftsbeziehungen gehen?“ Denn mit dem Modell: „Ich komm gleich zur Sache“ werden sicherlich keine langfristigen Bindungen des internationalen Kunden ans deutsche Unternehmen forciert.
Wie kommen wir an?
Daher sollte zuerst einmal hinterfragt werden, was denn die deutschen Tugenden sind, auf die wir so stolz sind? Da wäre wie bereits erwähnt die Sachorientierung, das heißt, wir kommen ohne Umschweife gleich zum Punkt und zu den harten Fakten.
Zudem sind wir strikt darauf bedacht, dass alle Regeln eingehalten werden. Pünktlichkeit ist eine weitere deutsche Tugend, auf die wir sehr stolz sind.
Zudem tendieren wir dazu, Berufliches und Privates voneinander zu trennen. Dies alles lässt auf Kompetenz und Qualität schließen.
Doch was sagen unsere europäischen Nachbarn oder unsere Geschäftspartner auf dem Weltmarkt über unsere Tugenden? Wie ist unsere Wirkung nach außen? Wie sehen uns andere?
Neben Pünktlichkeit und Qualität als positive Aspekte sind es oft noch andere, negativ empfundene Attribute, die den Deutschen zugeschrieben werden. Genannt werden hier Arroganz, Regelversessenheit, Humorlosigkeit, fehlende Diplomatie. Als „sympathisch“ werden wir leider selten wahrgenommen. Wenn unsere Eigenwahrnehmung sich derart von der Fremdwahrnehmung unterscheidet, sollte uns das zu denken geben.
Kulturelle Eigenheiten der anderen
Vorsicht vor der Einstellung „die ganze Welt dreht sich um mich“. Das tut sie mitnichten und wir tragen alle unseren Kulturrucksack. Unsere Erziehung, unser Umfeld, wo und wie und mit welchen Werten wir aufgewachsen sind, prägen uns. Daher hilft beim Aufeinandertreffen mit Menschen aus anderen Kulturen ein „Das sollten die doch wissen“ wenig.
Gerade wenn wir mit unseren Produkten internationale Märkte erobern wollen, ist es wichtig, über bestimmte kulturelle Eigenheiten möglichst genau und nicht nur oberflächlich Bescheid zu wissen.
Dann reagieren wir nämlich gelassen, wenn der spanische Kunde im Meeting ständig an sein Handy gehen muss. Er tut dies nicht aus mangelndem Respekt, sondern weil es ihm die Hierarchie im spanischen Unternehmen gebietet: Für seinen Chef muss er immer erreichbar sein. Eine malaysische Ansprechpartnerin wiederum hält einen wichtigen Telefontermin nicht ein, weil ihr Bruder Hilfe brauchte, so ihre Entschuldigung. Erst wenn wir wissen, dass in Malaysia die Familie über allem steht, werden wir verstehen, dass es nichts weiter zu bedeuten hat, wenn dieser Termin geplatzt ist. Gleiches gilt für die arabischen Partner, die es wenig bedenklich finden, dass ein Meeting durch ihre Verspätung drei Stunden nach der geplanten Zeit beginnt. Nicht die Uhr gibt für sie den Startpunkt vor, sondern die Personen: Man fängt an, wenn alle da und zum Meeting bereit sind. So machen das übrigens auch die französischen Nachbarn.
Marketing der eigenen Person
Grundsätzlich sollten Sie immer, egal aus welchem Land der Verhandlungspartner stammt, im Hinterkopf haben, dass Produkte und Dienstleistungen mittlerweile austauschbar geworden sind. Daher ist es von immenser Bedeutung, sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Dies sollte keineswegs falsch verstanden werden. Stichwort „Die ganze Welt dreht sich um mich“. Selbstbewusstes Auftreten ist nie ein Fehler, rechthaberisches, selbstherrliches dagegen schon.
Wenn Sie jedoch den Leitsatz „Business is made by people“ stets im Hinterkopf behalten, dann werden Sie im internationalen Markt punkten können. Sie als Person sind etwas ganz besonderes, individuelles. Wie gut Sie ankommen, kann kaufentscheidend sein und Ihnen Türen für langfristige Geschäftsbeziehungen öffnen. Es kommt darauf an, als Person zu wirken, eben nicht ein Gesicht unter vielen zu sein. Es die Persönlichkeit, die Eindruck macht.
Die Ausstrahlung macht’s!
Wieso kommen an meinen Messestand mehr Menschen als an den Nachbartresen, obwohl ich vielleicht nahezu dasselbe zu bieten habe? Weil ich schlicht nett, freundlich und obendrein kompetent bin. Die Ausstrahlung, das auf Ihr Gegenüber eingehen, macht den Unterschied. Ist es Ihnen nicht in die Wiege gelegt, Menschen für sich einzunehmen, dann lohnt es sich, professionell daran zu arbeiten.
Diplomatie heißt das Zauberwort
Es wäre sicher kein Fehler, an unseren Social Skills zu arbeiten. Mit unserer direkten Kommunikation stehen wir ziemlich alleine da in der internationalen Geschäftswelt. Sich hier etwas zurückzunehmen und sich diplomatischer auszudrücken, kann daher nicht schaden.
Wenn Sie also mehr als eine einmalige Zusammenarbeit anstreben, dann sollten Sie Folgendes beherzigen: Internationales Verkaufen heißt Beziehungen pflegen, Smalltalk und Networking betreiben. Verkaufen heißt, andere von sich zu überzeugen.
Ein bisschen öfter lächeln, ein klein wenig indirekter kommunizieren, den Menschen hinter Ihrem Geschäftspartner sehen, das wird Ihren Umsatz noch mehr steigern.