Verhandlungsgespräche in Südostasien

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Hierarchien sind in südostasiatischen Unternehmen von großer Bedeutung. Deshalb wird auch bei Verhandlungsgesprächen die Sitzordnung nicht dem Zufall überlassen: Beide Verhandlungsseiten nehmen an jeweils einer Seite des Konferenztisches Platz. Ranghohe und Entscheidungsträger sitzen mit dem Rücken zur Wand, meist mit Blickrichtung zur Tür, wo oft der Gast und Verhandlungspartner platziert wird. Die in der Hierarchie ebenbürtigen Gesprächspartner sitzen sich dabei meist direkt gegenüber. Die Dolmetscher sitzen gegebenenfalls dahinter oder knien bzw. stehen gebeugt etwas hinter dem Sitzenden. Übrigens schieben sich Ihre südostasiatischen Verhandlungspartner gerne untereinander Notizen zu, die während der Gespräche gemacht werden.

Verhandlungen in Südostasien werden mit dem ranggleichen Counterpart geführt. Daher können zeitgleich mehrere kleinere Verhandlungsrunden stattfinden, in denen Fachleute beider Seiten mit gleicher Position einzelne Punkte aushandeln. Die Ergebnisse werden intern nach oben in die große Verhandlungsrunde weitergegeben.

Übereinstimmungen herausstellen

Deutsche sind es gewohnt, ihre Verhandlungsziele meist schnell und offen auf den Tisch zu bringen, zügig auf die wesentlichen Themen zu sprechen zu kommen und die Dinge schnell auf den Punkt zu bringen. Ihnen geht es um Effizienz.

Südostasiaten hingegen betonen in beginnenden Verhandlungsgesprächen zunächst die Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen. An schwierige Themen wird sich eher langsam herangetastet. Südostasiaten neigen zu einer zirkulären Gesprächsführung: Themen werden angeschnitten, fallengelassen und später wieder aufgegriffen. Vor allem bei wichtigen und schwierigen Themen, bei denen es schnell zu Unstimmigkeiten und einer Störung der Harmonie kommen kann, wird dies praktiziert. Sobald die Wogen wieder geglättet sind, kommen die heiklen Themen erneut zur Sprache.

Ein Ziel ist es, im Verlauf der Verhandlungen mehr vom Gegenüber zu erfahren und neue Aspekte zu erkennen, die eventuell weiterverfolgt werden können. Selbstverständlich steckt hinter südostasiatischen Verhandlungstaktiken auch Zielorientiertheit, aber es wird mehr Zeit und Raum für Flexibilität eingeräumt.

Bei schwierigen und zähen Verhandlungen können bewusst Auszeiten von eigentlich relevanten Themen genommen werden. Man geht dann über zu bereits besprochenen Konsensthemen und betreibt ein wenig Small Talk.

Beschleunigung kurz vor Ende

Nicht selten geschieht es, dass erst kurz vor Ende der Gespräche die eigentlichen Anliegen, Wünsche und Forderungen gestellt werden. Südostasiaten wissen um das enge Zeitkorsett der Deutschen. Sie setzen dieses Wissen oft gezielt ein, um die Verhandlungen in ihrem Sinne voranzutreiben.

Das Gegenüber fühlt den Zeitdruck und ist eher bereit, Kompromisse zugunsten des südostasiatischen Partners einzugehen. Dahinter steckt außerdem die Kenntnis, dass Deutsche sich oft erst sicher fühlen, wenn ein schriftlich fixierter Vertragsabschluss zustande gekommen ist.

Intensive Preisverhandlungen

Preisverhandlungen können sich in den südostasiatischen Geschäftskulturen oft sehr intensiv und langwierig gestalten. In der Regel erwarten südostasiatische Geschäftspartner und Kunden, dass es Preisbewegungen gibt. Sie gehen davon aus, dass diese Flexibilität bereits im Preis berücksichtigt worden ist, Zugeständnisse also bereits einkalkuliert wurden.

Häufig wird auch davon ausgegangen, dass die After-Sales-Services vom Lieferanten kostenlos erbracht werden.

Entscheidungsfindung in der Gruppe

Die Entscheidungsfindung in Verhandlungsgesprächen unterliegt in Südostasien meist einem Gruppenprozess. Neben den eigentlichen Entscheidungsträgern, die zum Teil nicht über die notwendige fachliche Expertise verfügen, sind die jeweiligen Fachleute beteiligt. Wie zuvor bei den Verhandlungen diskutieren sie nun innerhalb ihres Unternehmens in Gruppen über mögliche Empfehlungen, die von unten nach oben gegeben werden.

Am Ende trifft der ranghöchste Zuständige die finale Entscheidung, die von den beteiligten Mitarbeitern nicht mehr infrage gestellt wird.

Es kann auch der Fall sein, dass der eigentliche Entscheidungsträger an den Verhandlungen und Prozessen gar nicht aktiv mitwirkt. Die anstehenden Entscheidungen werden dann entlang der Hierarchie nach oben weitergegeben.
Wenn Sie in Südostasien auf eine Entscheidung warten, vergessen Sie nicht, dass Small Talk unabdinglich ist. Small Talk dient der Festigung der Beziehung, bildet Vertrauen und unterstützt somit die Entscheidungsfindungen zu Ihren Gunsten.

Hoher Stellenwert mündlicher Vereinbarungen

In Südostasien heißt es, dass Geschriebenes in der Sonne rasch verblasst. Gemeint ist, dass schriftlich Fixiertes keinen so hohen Stellenwert einnimmt wie in vielen westlichen Kulturen.

Historisch betrachtet gab es in Südostasien kein Privatrecht im Sinne eines Bürgerlichen Gesetzbuches oder auch Handelsgesetzbuches. Seit jeher existieren mündliche Verabredungen, denn asiatische Kulturen waren schon immer sehr stark personen- und somit beziehungsorientiert aufgebaut.

Je kleiner und unerfahrener ein südostasiatisches Unternehmen in der Zusammenarbeit mit westlichen Geschäftspartnern ist, umso höher ist der Stellenwert mündlicher Vereinbarungen einzuschätzen. Aber auch umso flexibler wird mit der Einhaltung dieser Vereinbarungen umgegangen!

Verträge als temporäres Ergebnis

Ob mündlich oder schriftlich, getroffene Vereinbarungen stellen für Südostasiaten häufig ohnehin nicht die Beendigung der Verhandlungen dar! Verträge werden eher als ein temporäres Ergebnis behandelt, das veränderlich ist und sich neuen Gegebenheiten flexibel anpasst. Somit kommt es nach einem Vertragsabschluss, wie wir es im deutschen bzw. westlichen Sinne kennen, zu weiteren Nachverhandlungen. Diese sind üblich und zeugen nicht etwa von Vertragsbruch wie nach unserem Verständnis.

Autorin: Susann Sumadirana – Susann Sumadirana ist Halbindonesierin und studierte Indonesistik in Indonesien und Jena. Seit 2003 arbeitet sie als interkulturelle Trainerin mit Schwerpunkt auf Südostasien in verschiedenen Bereichen.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der crossculture academy

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