Verhandlungsführung in den Arabischen Golfstaaten

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Die arabische Basarmentalität oder Händlerkultur ist Ihnen wahrscheinlich schon ein Begriff. Sie sollten davon ausgehen, dass Ihre golfarabischen Geschäftspartner intensive Verhandlungen führen und um Preise feilschen werden.

Die Einstiegsverhandlungen fallen in der Regel sehr umfassend aus. Denn sie legen den Grundstein für die gesamte langfristig angelegte Geschäftsverbindung. Über allem steht immer die gute persönliche Beziehung zwischen den Geschäftspartnern. Ohne Vertrauen kein Geschäft. Bei nachfolgenden Projekten und Kooperationen wird dann teilweise gar nicht mehr verhandelt und die Dinge laufen fast von selbst.

Geduld ist gefragt

Um es gleich vorweg zu sagen: In Verhandlungen mit Golfarabern ist sehr viel Geduld nötig. Sofern nicht bereits in vorangegangenen Meetings ausgiebig geschehen, möchte man Sie über informelle Gespräche näher kennenlernen und die Beziehungsebene festigen. Antworten Sie auf Fragen offen und gesprächsbereit und vergessen Sie nicht, auch Gegenfragen zu stellen, die Ihr Interesse am Gegenüber bekunden.

Als Grundregel sollten Sie sich merken: Niemals versuchen, den Small Talk zu überspringen! Wer nämlich zu schnell zum Geschäftlichen kommen will, kann sich einiges verbauen. In der golfarabischen Welt muss immer erst Vertrauen hergestellt werden, ehe man bereit ist, miteinander Geschäfte zu machen. Zeigen Sie sich flexibel, das wird sich in jedem Fall auszahlen.

Auf Hierarchien achten

Steigen Sie mit Unternehmen in den Arabischen Golfstaaten in Verhandlungen ein, sollten Sie zunächst darauf achten, dass Sie Ihre Gespräche mit den „richtigen“ Personen führen. Golfarabische Geschäftspartner legen sehr viel Wert auf die hierarchische und soziale Stellung einer Person. Es ist daher empfehlenswert, vor der ersten Zusammenkunft genau auszuloten, dass immer Partner der gleichen hierarchischen Position miteinander verhandeln.

Verhandlungsteams sollten daher immer nach Gleichrangigkeit in der Hierarchiestufe gebildet werden – General Manager treffen General Manager, Assistenten telefonieren mit Assistenten. Der Austausch mit einem in der Hierarchie weiter unten stehenden Mitarbeiter könnte von Ihrem golfarabischen Geschäftspartner als persönliche Beleidigung aufgefasst werden. Schicken Sie daher auch nicht Ihre Sekretärin vor, um letzte Informationen zu überbringen. Eine Verletzung von Status, Hierarchie und Position führt schnell zum vorzeitigen Abbruch der geschäftlichen Beziehungen.

Beachten Sie auch, dass in den golfarabischen Ländern Status und Hierarchie viel mit Herkunft und Familienbande zu tun haben. Nicht immer hat ausschließlich die fachliche Kompetenz Ihr Gegenüber auf den hohen Posten gebracht. Gehen Sie also nicht von falschen Annahmen aus und vermeiden Sie Gesprächsthemen, die vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund missverständlich sein könnten. Vitamin B ist in den golfarabischen Ländern nichts Verwerfliches, sondern ein wichtiger Bestandteil gesellschaftlicher wie auch geschäftlicher Beziehungen.

Die eigene Person verkaufen

In der arabischen Geschäftskultur wird seit jeher von Angesicht zu Angesicht verhandelt. Erst verkauft man die eigene Person, dann seine Produkte. Der persönliche Eindruck ist daher enorm wichtig. Ein Produkt spricht niemals für sich selbst. Es ist immer die Person von höchster Bedeutung, die dahintersteht, nicht die Firma als solche.

Geschäftsbeziehungen basieren daher in den golfarabischen Ländern rein auf persönlichen Beziehungen, dementsprechend werden auch Verhandlungen geführt. Die Sachebene und vorliegende Fakten wie Preis, Garantieleistungen, Services etc. alleine reichen nicht aus. Verhandlungen sind meist langwierig und wenig gradlinig. Stattdessen verlaufen sie über Umwege, die der weiteren Stabilisierung der persönlichen Beziehungen dienen.

Im ersten Schritt gilt es daher immer, eine persönliche Verhandlungsbasis zu schaffen, indem man gemeinsame Interessen betont. Deutsche drängen meist viel zu früh auf einen Vertragsabschluss. Denn sie denken rein sachlich. Haben sie alle Informationen beisammen, fehlt für sie nicht mehr viel, um zu unterschreiben. Araber benötigen hingegen persönliche Informationen, wobei es sehr viel länger dauert, diese zu sammeln und zu verifizieren.

Indirekte Sprache berücksichtigen

Der arabische Kommunikationsstil ist indirekt und Sie werden immer das Gefühl haben, dass man nie so recht zum Kern der Sache kommt. Sammeln Sie einzelne Informationen und fügen Sie die Mosaiksteinchen nach und nach zusammen.

Achten Sie darauf, dass Sie durch die oftmals blumige Sprache nicht leichtfertig darauf schließen, dass Ihre golfarabischen Verhandlungspartner naiv oder leicht in die Knie zu zwingen sein werden. Es handelt sich hier nur um einen Unterschied in der Kommunikation. Golfaraber sind in der Regel knallharte Verhandler, auch wenn dies sprachlich bedingt nicht sofort ersichtlich ist.

Feilschen ist arabische Geschäftskultur

Das Feilschen um den besten Preis, der auch die Qualität der persönlichen Geschäftsbeziehung widerspiegelt, wird in den golfarabischen Ländern meist mit hohem sportlichem Ehrgeiz betrieben. Oft steht in Verhandlungen auch die Persönlichkeit des neuen Geschäftspartners auf dem Prüfstein. Denn man wünscht sich jemanden, der eine solide, langfristige Geschäftsbeziehung garantiert. Man möchte nicht zusehen, wie der Deutsche gleich beim ersten „Angriff“ in die Knie geht. Ein zähes Ringen ist Teil des Ganzen.

Steigen Sie also nicht mit realistischen Preisvorstellungen in die Gespräche ein, sondern kalkulieren Sie großzügige Preisnachlässe ein. Sie werden sie brauchen. Glauben Sie nicht, dass, wenn Ihre Preise fair kalkuliert sind, die golfarabische Seite keine allzu großen Rabatte mehr fordern kann. Golfaraber messen ihren Verhandlungserfolg einzig daran, wie weit sie ihr Gegenüber vom ursprünglichen Preis weggebracht haben. Es ist daher ein Trugschluss, dass ein niedrigerer Ausgangspreis zu geringerem Feilschen führt!

Nichtsdestotrotz spielt der Preis in der golfarabischen Welt nicht immer die größte Rolle, sofern die Qualität der „Made in Germany“-Produkte stimmt. Ein guter Preis plus Mehrwert an anderer Stelle – z. B. After-Sales-Leistungen, Support-Leistungen, Skonto, Mitarbeiterschulungen in Deutschland etc. – führen letztlich zur Win-Win-Situation. Zeigen Sie in jeglicher Hinsicht Flexibilität und Großzügigkeit.

Auf Schauspielerei gefasst sein

Besonders hingewiesen sei auf ein möglicherweise großes schauspielerisches Talent Ihrer golfarabischen Geschäftspartner. Emotionale Ausbrüche sind insbesondere bei Preisverhandlungen keine Seltenheit. Bleiben Sie souverän und lassen Sie sich nicht künstlich unter Druck setzen. Mit etwas Übung können Sie auch in das „Verhandlungsdrama“ einsteigen, indem Sie sich ebenfalls bestürzt und nahezu ruiniert zeigen, wenn Ihr Gegenüber weitere Zugeständnisse fordert.

Denken Sie jedoch immer daran: Auch harte Preisverhandlungen werden stets kooperativ geführt, denn die Beziehungsebene ist das allerwichtigste. Nach einem zähen Verhandlungstag werden Sie mit Ihren golfarabischen Geschäftspartnern in aller Freundschaft zum Essen gehen. Beide Seiten dürfen daher in den Verhandlungsgesprächen niemals die persönliche Ebene aus den Augen verlieren. Kommt es dennoch zum Streit, ist es ratsam, rechtzeitig einen erfahrenen Vermittler einzuschalten, dem beide Seiten vertrauen.

Schweigen ist Gold

Mal geht es hoch her, dann wird lange geschwiegen. Stille kann ebenfalls ein Druckmittel sein, um den Verhandlungspartner zu Zugeständnissen zu zwingen. Lernen Sie, Schweigen auszuhalten und auszusitzen – und selbst anzuwenden. Das fällt Deutschen anfangs schwer, ist aber mit der richtigen inneren Einstellung machbar. Wer den längeren Atem hat, handelt den besseren Deal aus.

Nachverhandlungen in letzter Minute

Rechnen Sie aber auch damit, dass Ihre golfarabischen Verhandlungspartner ausdauernd sind und nicht so schnell aufgeben werden. Dies schließt Nachverhandlungen ein, nachdem eine erste Einigung erzielt worden ist.

Vielleicht werden Sie beim Essen am Abend vor Ihrem Rückflug nach Deutschland um einen weiteren Preisnachlass gebeten. Geraten Sie dann nicht in Panik, sondern verlängern Sie Ihren Aufenthalt. Kehren Sie am nächsten Morgen an den Verhandlungstisch zurück. Zeitdruck ist eine übliche Verhandlungstaktik, da man weiß, dass Sie möglichst bald mit guten Ergebnissen nach Hause fliegen wollen.

Hüten Sie sich also vor allzu frühzeitiger Euphorie ihrem Chef gegenüber. Von einem geglückten Geschäft sollte nämlich erst dann erzählt werden, wenn tatsächlich Geld auf dem Firmenkonto eingegangen ist. Vorher ist selbst nach Vertragsunterzeichnung noch alles möglich.

Zustimmung oder Ablehnung?

Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass Sie nach langen Verhandlungsgesprächen mit dem Gefühl nach Hause fliegen, es sei endlich alles unter Dach und Fach. Es kommt dann einige Wochen später aber doch nicht zur Vertragsunterzeichnung. Was ist passiert?

Golfaraber benutzen kein direktes Nein, um die persönliche Beziehung zu schonen. Jemandem eine negative Antwort zu geben, wäre ein Affront. Es werden daher indirekte Aussagen gemacht, um keine klare Absage aussprechen zu müssen. Für Deutsche, die einen sehr direkten Kommunikationsstil verfolgen, ist es daher oftmals schwierig zu erkennen, ob Ihre arabischen Geschäftspartner etwas gut finden oder eher nicht.

Lesen Sie zwischen den Zeilen und achten Sie auf Signale der Körpersprache. Wenn Ihr golfarabischer Gesprächspartner nicht direkt auf Ihren Vorschlag eingeht, wenn er nicht oder nur sehr allgemein antwortet, das Thema wechselt oder andere Alternativen anbietet, ist dies als negative Antwort zu werten. Ein Ja oder eine vage Aussage wie „I’ll see what I can do“ ist daher lediglich als Bereitschaft zu werten, nicht aber als finale Zusage.

Auf eine Entscheidung warten

Wenn Ihre golfarabischen Verhandlungspartner einen Termin für die Bekanntgabe ihrer finalen Entscheidung nennen, können Sie getrost noch einige Wochen hinzuaddieren. In die Entscheidungsfindung sind nämlich meist sämtliche Abteilungen des Unternehmens involviert. Bis jeder seine Zustimmung gegeben und die Unterschrift unter den Vertrag gesetzt werden kann, kann deshalb einige Zeit vergehen. Die Zauberformel lautet somit: Locker bleiben!

Prinzipiell ist es jedoch erlaubt, nachzuhaken, wenn die Antwort gar zu lange auf sich warten lässt. Schließlich wollen Sie ausloten, ob überhaupt noch Interesse vorhanden ist. Doch sollten Sie dabei keinesfalls ungeduldig rüberkommen. Druck auszuüben kommt bei golfarabischen Geschäftspartnern nämlich nicht gut an. Eleganter wäre es deshalb, wenn Sie vorsichtig anfragen, ob noch Hilfe oder Unterstützung für das Projekt benötigt wird.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der crossculture academy

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