Ein Produkt, ein Angebot oder ein Projektvorhaben präsentieren Deutsche gerne auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten. Gute Argumente sollen die potenziellen Geschäftspartner überzeugen. Je komplexer eine Sache ist, desto mehr Details werden vorgetragen. Das kann auch einmal länger dauern. Damit alle Zuhörer trotzdem der Präsentation gut folgen können, ist ihr Aufbau durchstrukturiert. Übersichtliche Präsentationsfolien, die Zahlen und Ergebnisse in Diagrammen und Grafiken ansprechend darstellen, unterstützen die Argumentationskette. So das Erfolgsrezept deutscher Fach- und Führungskräfte für eine Präsentation.
Nicht immer steht die Sache im Vordergrund
In anderen Geschäftskulturen dieser Welt erfüllen Präsentationen jedoch häufig ganz andere Zwecke als die reine Informationsübermittlung. So geht es in vielen Ländern eher darum, die eigene Person zu präsentieren. Nicht die Sache steht im Vordergrund, sondern man selbst als potenziell guter Geschäftspartner. Ist man eloquent und unterhaltsam, gewinnt man die Sympathie der Zuhörer. Durch eine freundliche und offene Art entsteht Vertrauen – die Basis jeder Zusammenarbeit.
In diesem Umfeld wird ein deutscher Präsentator mit seiner perfekt aufgebauten Präsentation von Zahlen, Daten und Fakten, aber ohne nennenswerten Unterhaltungsfaktor als kühl und unsympathisch empfunden. Mit ihm möchte man später keine Geschäfte machen, keine Zeit verbringen. Die Aneinanderreihung der vielen Informationen übersteigt zudem häufig die Aufmerksamkeitsspanne der ausländischen Zuhörer, da sie solche faktenlastigen Präsentationen einfach nicht gewohnt sind. Alle warten darauf, dass die Präsentation zu Ende geht.
Emotion in Sprache und Bild
In anderen Business-Kulturen wird eine Präsentation erst interessant, wenn sie viele Bilder und Animationen enthält und sich der Redner einer blumigen Sprache bedient. Was für Deutsche schnell überladen wirkt, ist für Geschäftsleute dieser Länder gerade richtig. Ihre Aufmerksamkeit wird nur geweckt, wenn alle Sinne angesprochen sind. Dazu reichen die eher nüchternenen Darstellungen, die der deutsche Präsentator an die Wand wirft, kaum aus.
Besonders vermisst werden beispielsweise nationale Symbole, wie Flaggen oder die Nationalfarben, die die Zuhörer sofort mit Stolz erfüllen. Daneben werden Emotionen in Sprache und Bild als absolut notwendig erachtet, da sie der Präsentation das passende Feeling geben.
Humor und icebreaker?
Vorsicht ist jedoch mit Witzen und sogenannten icebreakern geboten: Humor ist kulturell geprägt und fällt daher in jedem Land anders aus. Sie können also durch einen Witz sehr schnell aus dem Rahmen fallen, ohne es zu bemerken. Auch ist ein freies, offenes Lachen während einer Präsentation nicht in jedem Land angebracht. Aber gegen eine nette Anekdote oder ein interessantes Beispiel hat sicherlich niemand etwas einzuwenden!
Mit Tradition und Reputation punkten?
In einer ersten Präsentation führen Deutsche gerne die Firmengeschichte auf und präsentieren vergangene Erfolge. In vielen Kulturräumen ist das gut, insbesondere wenn „Made in Germany“ einen hohen Stellenwert genießt und sich die Menschen ohnehin stark mit der Geschichte und den Traditionen eines Landes identifizieren. Oft gilt es dann zu unterscheiden, ob man in der jeweiligen Geschäftskultur eher personenorientiert ist und sich daher mehr für die Menschen eines Unternehmens, also z. B. den Firmengründer selbst, interessiert, oder für die gewachsene Reputation des Unternehmens, beispielsweise aufgrund von namhaften Kunden oder erfolgreichen Referenzprojekten.
In anderen Ländern wiederum spielt die Vergangenheit keine bedeutende Rolle. Hier möchten die Zuhörer ganz einfach wissen, welchen Nutzen das vorgestellte Produkt oder Projekt ihnen heute und vor allem in ihrem eigenen Land und Markt bringt? Es gilt also, konkrete Wirkungen zu projizieren, in die Zukunft zu blicken, lebendige Erfolgsszenarieren zu kreieren.
Als Zuhörer die deutsche Brille abnehmen
Ganz wichtig zu erkennen ist jedoch auch, wie man selbst auf Präsentationen seiner ausländischen Geschäftspartner reagiert: Nehmen Sie bunte, blinkende Grafiken in PowerPoint-Folien als unseriös wahr? Erscheint Ihnen ein Geschäftspartner, der frei über ein geplantes Projekt spricht, aber keine genauen Zahlen nennen kann, vielleicht als unvorbereitet? Sind Sie in der Lage, alle relevanten Informationen selbst herauszufiltern, während der Präsentator munter von einem Thema zum anderen springt? Können Sie auch ohne erkennbare Struktur der Präsentation gut folgen?
Diese Fragen sollten Sie im Hinterkopf behalten, wenn Sie Rednern aus einer anderen Geschäftskultur lauschen. Legen Sie nicht automatisch den deutschen Maßstab an und beurteilen Sie vor allem die Qualität von Produkten und Projekten nicht anhand des dargebotenen Präsentationsstils!
Kritisches Feedback vermeiden
Weitere Fettnäpfchen lauern am Ende einer Präsentation, wenn Deutsche gerne die Hand heben und durch kritische Fragen und Anmerkungen ein konstruktives Feedback geben möchten. In vielen Ländern ist dies nicht gerne gesehen. Meist ist ein beziehungsorientierter, indirekter Kommunikationsstil der Grund: Man möchte den anderen nicht durch negative Worte verletzen. Jegliche Form von Kritik wird daher „verpackt“ und nur durch die Blume gesagt. Feedback wird vielerorts, wenn überhaupt, auch nur unter vier Augen gegeben, keinesfalls öffentlich im Konferenzraum.
Tipps für eine Präsentation vor internationalem Publikum
Welche Tipps lassen sich nun für eine Präsentation vor internationalem Publikum geben?
1. Informieren Sie sich möglichst im Vorfeld darüber, was im Gastland üblich ist: Achten Sie auf den Kommunikationsstil Ihrer Gastgeber und passen Sie Ihre Präsentation entsprechend an.
2. Verzichten Sie auf eine zu detaillierte Darstellung von Zahlen, Daten, Fakten und Hintergründen. Bereiten Sie lieber Handouts vor, sodass Sie bei Bedarf konkretere Informationen vorweisen können.
3. Gehen Sie immer davon aus, dass das Produkt nicht für sich alleine spricht. Durch Persönlichkeit und Präsentationsstil sollten Sie um Sympathie und Vertrauen werben. In vielen Ländern gilt: Geschäfte macht man nur mit Freunden.
4. Betrachten Sie die Präsentation Ihrer ausländischen Partner nicht rein durch die deutsche Brille. Ziehen Sie keine falschen Rückschlüsse.
5. Halten Sie sich mit kritischem Feedback zurück. Stellen Sie lieber Fragen, die ein positives Interesse signalisieren.
Tipps für die richtige Präsentationsform in einzelnen Geschäftskulturen finden Sie in unseren Länderrubriken.
Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.