Nimm’s nicht persönlich!

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„Nimm’s nicht persönlich.“ Haben Sie diesen Ausspruch schon einmal gehört? Wahrscheinlich hat Sie in diesem Moment jemand kritisiert. Vielleicht ein Kollege? Oder auch ein guter Freund? Mit seinen kritischen Worten hat er Sie als Person keinesfalls verletzen wollen, aber er hatte vielleicht etwas an Ihrer Arbeit oder Ihrem Verhalten auszusetzen. Vielleicht wollte er einfach, dass Sie das in Zukunft besser machen. „Nimm’s nicht persönlich“ bedeutet also „Meine Kritik richtet sich nicht gegen dich, ich mag dich genauso gerne wie vorher, sondern sie ist rein sachbezogen. Es ist eine Hilfestellung, ein gut gemeinter Rat.“

Wie gut Sie darin sind, sich diese sachlichen Worte nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen, sondern wirklich als konstruktive Kritik zu verstehen, hängt von Ihrer Persönlichkeit ab. Allerdings ist Ihnen durch Ihre kulturelle Prägung zumindest bewusst, dass diese Form der Kritik im Arbeitsleben nun einmal dazugehört. Also schieben Sie Ihre gegebenenfalls verletzten Gefühle schnell beiseite und konzentrieren sich wieder auf Ihre Arbeit. Was Anlass zur Kritik gab, wird nicht wieder vorkommen. Und alles ist gut.

Strikte Trennung zwischen persönlich und sachlich

Mit dieser strikten Trennung zwischen persönlichen Beziehungen und Emotionen auf der einen Seite und einer Sachorientierung, die solche Kritik zulässt, auf der anderen Seite, stehen wir Deutschen ziemlich alleine auf der Welt dar. Auch die damit verbundene Unterscheidung zwischen rein privaten Dingen und Beruflichem macht uns zu den Exoten in der internationalen Businesscommunity.

In den meisten anderen Geschäftskulturen dieser Welt wird Wert darauf gelegt, den anderen immer erst einmal als Person kennenzulernen, bevor man mit ihm zusammenarbeitet. Man möchte wissen, ob man dem potenziellen Geschäftspartner oder Kollegen auf der rein menschlichen Ebene vertrauen kann? Eine Trennung zwischen privat und beruflich erfolgt also nicht. Im Gegenteil, wichtige Verhandlungen finden hier auch mal nach Büroschluss im Restaurant oder gar in der Karaokebar statt. Ein netter Small Talk kann oft wichtiger sein als die gelungene Präsentation des Produkts. Und vielerorts wird es sicherlich zu keinem Geschäft kommen, wenn man nicht auch bereit ist, viel Privates preiszugeben. Die persönlichen Beziehungen, die Sie im Ausland aufbauen, sind für das Gelingen eines Geschäfts sehr viel wichtiger als die Sache selbst.

Rückzug auf die Sachebene

Unser Problem ist, dass wir im internationalen Geschäftsleben davon ausgehen, dass alle Geschäftspartner in der Lage sind, nur auf der Sachebene mit uns zu kommunizieren. Wir ziehen uns gerne auf das rein Sachliche zurück. Unserer Ansicht nach haben Emotionen und Privates im Geschäftsleben eher nichts zu suchen. Was zählt sind Fakten und gute Resultate. Ob ich meinen Verhandlungspartner menschlich sympathisch finde oder nicht, sollte für ein gelungenes Ergebnis keine Rolle spielen.

Doch wie wirken wir mit unserer scharfen Trennung zwischen Sache und Person in anderen Ländern? Unser ständiger Rückzug auf die Sachebene ermöglicht uns deutschen eine sehr direkte Kommunikation, in der wir auch vor kritischen Worten keinen Halt machen. Unsere durchaus starken Botschaften werden von anderen Kulturen als sehr brüsk bis hin zu äußerst unhöflich wahrgenommen. Wir sagen „Nein“, wenn uns etwas nicht passt oder „keine Ahnung“, wenn wir etwas nicht wissen. Das ist nicht böse gemeint. Wenn wir Deutschen die Wahl haben zwischen Wahrhaftigkeit und Harmonie, entscheiden wir uns häufig für die Wahrhaftigkeit. Auch wenn das Konsequenzen hat. Immer die Wahrheit zu sagen, ist eine unserer höchsten Tugenden. Es ist wichtig, zu seiner Meinung zu stehen. Unabhängig davon, was die anderen denken.

Offenheit vor Harmonie?

Ein weiterer Wert, den wir Deutschen schätzen, ist Offenheit. Dies zeigt sich besonders im Umgang mit Konflikten. Wir leben in dem Glauben, dass man alle Dinge offen ansprechen kann und auch sollte. Und zwar mit der Absicht, dass gemeinsam ein Kompromiss gefunden werden kann. So gehen bei uns die Dinge wieder vorwärts. Das offene Ansprechen von Konflikten ist in vielen anderen Ländern jedoch so nicht möglich. Hier dominiert der Wert der Harmonie. Konflikte werden daher ignoriert und isoliert. So kann es passieren, dass Sie als Deutscher im Ausland nicht einmal merken, wenn es Probleme gibt. Denn es sagt Ihnen ja niemand etwas. Im Gegenteil, man versucht mit aller Anstrengung, Ihr provozierendes Verhalten zu ignorieren und so gut wie möglich damit umzugehen. Irgendwann erkennen Sie vielleicht Ihre Isolation und wundern sich, warum Sie mit Ihrem Projekt keinen Schritt weiterkommen.

Keiner kann aus seiner Haut. Sie sollen Ihre kulturelle Identität nicht verleugnen und ab sofort die Harmonie über alles stellen! Aber im Umgang mit anderen Kulturen hilft es, sich dieses konsequenten Rückzugs auf die Sachebene bewusst zu sein und zu erkennen, dass man mit dieser deutschen Eigenheit in anderen Geschäftskulturen auf Unverständnis stößt. Dann können Sie zumindest bestmöglich gegensteuern.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der crossculture academy

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