Meetings und Präsentationen in Russland

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Zu wichtigen Meetings sollten Sie in Russland keinesfalls alleine anreisen. Bringen Sie am besten eine ganze Schar von Beratern mit. Denn damit bringen Sie Ihre Wertschätzung zum Ausdruck und signalisieren Ihr großes Interesse am Gelingen der Gespräche.

Hierarchische Sitzordnung

Für Meetings werden in Russland die Tische im Konferenzraum häufig in U-Form aufgestellt. Der Chef oder die Entscheidungsbefugten positionieren sich in der Mitte. Auch bei einer anderen Formation wird immer der Hierarchie Ausdruck verliehen.

Agenda als Richtschnur

Je nach Unternehmen wird es für ein Meeting eine Agenda geben, die alle zu besprechenden Themen aufführt. Erwarten Sie jedoch nicht, dass diese chronologisch abgearbeitet wird. Russen springen gerne zwischen einzelnen Punkten hin und her und diskutieren die Themen so wie sie aufkommen.
Pünktlichkeit wird erwartet, aber eine Verspätung von 15 Minuten ist durchaus noch im Rahmen. Das Ende des Meetings ist jedoch meist offen.

Zeit für die Aufwärmphase

Gehen Sie es zu Beginn eines Meetings locker an. Ein Gespräch über den üblichen Small Talk hinaus, wird in Russland sehr geschätzt. Dass Sie dabei ehrliches Interesse an Ihrem Gegenüber zeigen, ist ebenso wichtig, wie Lob oder Komplimente auszusprechen. Sie sollten deutlich zeigen, dass Sie die Menschen, die in der Runde zusammengekommen sind, persönlich kennenlernen möchten. Dabei ist es hilfreich, alle „Antennen“ auszufahren und von der Kopf- auf die Gefühlsebene umzuschalten. Seien Sie offen und freundlich, zeigen Sie sich von Ihrer humorvollen Seite und schauen Sie keinesfalls auf die Uhr!

Harmonieorientierte Gesprächsführung

Lassen Sie sich auf diese lange Aufwärmphase ein und überlassen Sie die Führung durch das Meeting der russischen Seite.

Bei der weiteren Gesprächsführung sollten Sie sich motiviert zeigen, und alles vermeiden, was die Harmonie potenziell stören könnte. Denn die meisten Russen schätzen nicht, was Konflikte birgt. Russen kommunizieren beziehungsorientiert. Die persönliche Beziehung zum Gesprächspartner hat immer Vorrang vor der zu vermittelnden Sachinformation. Man drückt sich daher diplomatisch und vorsichtig aus. Vor allem Kritisches wird nur durch die Blume gesagt.

Ein russisches „Ja“ bedeutet oft nicht mehr, als dass Ihr Gegenüber Ihnen zuhört. Auch bestätigende Antworten dienen manchmal einfach nur der Wahrung der Harmonie. Ein direktes „Nein“ werden Russen möglichst vermieden. Die Aufrechterhaltung der guten persönlichen Beziehung steht vor der potenziell konfrontativen Aussage.

Präsentationen auf der Gefühlsebene

Bei einer Präsentation vor russischem Publikum sollten Sie die Sprache Ihrer Zuhörer sprechen. Zum einen heißt das, wenigstens ein paar Wörter Russisch einzustreuen, um das Eis zu brechen.

Zum anderen sollten Sie die viel zitierte russische Seele ansprechen und sich auf die Gefühlsebene begeben. Nutzen Sie das Instrument des „storytellings“. Schaffen Sie eine Atmosphäre der Integration, indem Sie Ihre Zuhörer einbeziehen. Bringen Sie Emotionen zum Ausdruck. Verwenden Sie Farben und Bilder.

Ganz wichtig: Vermeiden Sie es, Ihre Präsentation zu sehr mit technischen Details zu überfrachten. Für genauere Ausführungen wird auf informeller Ebene, etwa bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken, nach der Präsentation ausreichend Zeit sein. Begrenzen Sie daher Ihren Vortrag auf maximal 40 Minuten.

Fragen werden während oder direkt nach der Präsentation eher nicht gestellt, sondern ebenfalls erst später im persönlichen Gespräch. Russen fürchten oft, dass Sie dumm erscheinen, wenn Sie vor anderen eine Frage stellen. Sie haben in der Schule gelernt, Wissen zu wiederholen und nicht etwa aktiv mitzudenken. Macht man eine fehlerhafte Angabe oder hat man etwas nicht richtig verstanden, wird dies nicht etwa positiv als ein Schritt zur Gesamtlösung verstanden, sondern ist nur peinlich.

Unterbrechungen tolerieren

Während eines Meetings kann es in Russland immer wieder zu Unterbrechungen kommen. Telefone klingeln oder andere Angelegenheiten müssen parallel abgewickelt werden. Ihre russischen Geschäftspartner verlangen hierfür Verständnis und Sie sollten sich keinesfalls verärgert zeigen. Russe glauben, dass das Leben viel Unvorhersehbares in sich birgt, und dass es darauf situativ zu reagieren gilt. Bringen Sie daher für Meetings und Präsentationen ausreichend Zeit mit, damit Sie nicht zeitlich unter Druck geraten.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage.FrauKoll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der crossculture academy

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