Thailand heißt übersetzt „Land der Freien“. In diesem Sinne sollte man Geschäften in Thailand viel Zeit und Raum geben. Umsicht und Herzlichkeit bilden die solide Basis einer gemeinsamen Geschäftstätigkeit. Lächeln und Harmonie sorgen für eine gute Balance. Westliche abschlussorientierte, drängende Verkaufs- und Verhandlungsstrategien führen hier kaum zum Ziel.
Das erste Meeting
Ein erstes Treffen mit thailändischen Geschäftspartnern hat meist lediglich das gegenseitige Kennenlernen zum Ziel. Dementsprechend steht auch nicht das anvisierte Projekt im Vordergrund, sondern die Pflege der Beziehungsgebene. Daher wird man auch sehr schnell zu einem gemeinsamen Essen übergehen. Dabei stehen unbedingt das Essen und die Unterhaltung im Vordergrund. Zeigen Sie Wertschätzungen und pflegen Sie den persönlichen Austausch.
Indirekter Kommunikationsstil
Thailänder kommunizieren sehr indirekt. Sie sprechen meist leise und verwenden wenige Gesten. Generell achten sie sehr darauf, anderen nicht zu nahe zu treten. Kritik und Konflikte werden daher niemals direkt angesprochen, das käme einer tiefen Kränkung gleich. Auftauchende Probleme in der Projektarbeit werden nicht beim Namen genannt und möglichst lange verschwiegen, einfach um dem Geschäftspartner „Leid“ zu ersparen. Keiner möchte zudem der Überbringer schlechter Nachrichten sein. Deutsche Manager müssen sich daher Informationen zum Verhandlungs- oder Projektstand meist selbst einholen. Eine moderate, gelassene Art ist dabei der Schlüssel, um Gespräche zum gewünschten Ergebnis zu führen. Viele Fragen, die ein unliebsames Thema nur ganz vage anschneiden, reichen meist aus, um die eigene Unzufriedenheit am Verhandlungs- oder Projektverlauf zu üben. Dabei können ruhig Vorwände genutzt werden, warum welche Verbesserung unbedingt erzielt werden sollte. Gleichermaßen sollten Kritikpunkte immer mit viel Lob ausbalanciert werden. In jeder Kommunikation muss das Wahren der Harmonie an oberster Stelle stehen.
Zustimmung abwägen
Eine weitere Quelle für Missverständnisse ist, dass Thailänder sehr häufig positiv und zustimmend reagieren, was die deutsche Seite fälschlicherweise als 100-prozentige Zustimmung einschätzt. Kräftiges Nicken und das Wort „yes“ kann häufig auch einfach bedeuten, dass der Verhandlungspartner recht wenig verstanden hat und durch seine zustimmende Reaktion lediglich sein Gesicht zu wahren versucht. Außerdem ist es möglich, dass die thailändische Seite ein „nein“ als zu konfrontativ empfindet und das „ja“ in einer Art und Weise vorbringt, aus welcher ein erfahrener Zuhörer die eigentlich beabsichtigte Ablehnung sofort heraushören würde. Denkbar ist auch eine Übersetzung des thailändischen „khrap“, welches in Thai sehr häufig verwendet wird und eigentlich nicht mehr heißt als „Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie gerade etwas zu mir gesagt haben“. Folglich sollten sich deutsche Manager – insbesondere mit einem Dolmetscher an ihrer Seite – genau vergewissern, wie die zunächst eindeutig erscheinende Zustimmung des thailändischen Gesprächspartners tatsächlich zu verstehen ist.
Verhandlungen freundlich führen
Meetings und Verhandlungen beginnen in Thailand in der Regel immer mit einem freundlichen Small-Talk. Eine positive Ausstrahlung, fröhliche Worte und ausreichend Lob für Land und Leute öffnen in Thailand Türen – jedes Mal auf ein Neues. Nach einiger Zeit des gegenseitigen Austausches, der vor allem die persönliche Ebene stabilisiert, werden thailändische Verhandlungspartner von selbst auf Geschäftliches zu sprechen kommen.
Wichtig ist, vor dem Einstig in Verhandlungen genau zu hinterfragen, welcher Gesprächspartner mit welchen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist. Deutsche Unternehmer berichten immer wieder, dass sie viel Zeit damit verbracht haben, mit den falschen Leuten am Verhandlungstisch zu sitzen. Die Hierarchien in thailändischen Unternehmen sind für Außenstehende nur schwer zu durchschauen, gleichen sie doch weniger einer Pyramide als einem vielfach verzweigten Tannenbaum. Trotzdem kann es nützlich sein, mit vielen Managern auf unterschiedlichsten Ebenen in Kontakt zu stehen. Zum einen können so viele wichtige Informationen gesammelt werden, zum anderen werden sich beim Entscheidungsprozess viele positiv äußern und Anliegen bzw. Anfragen engagiert nach oben weiterreichen.
Die Entscheidungsfindung ist an der Spitze eines thailändischen Unternehmens zu erwarten. Allerdings werden Entscheidungen nicht immer auf dem direkten Weg gefällt. Häufig werden dazu nötige Informationen von unten nach oben und wieder von oben nach unten weitergereicht. Dabei durchläuft der Informationsfluss die diversen Verzweigungen der Hierarchie. Bürokratische Vorgehensweisen werden in diesem Informationsprozess genau befolgt. Dies alles kostet sehr viel Zeit.
Wie in vielen asiatischen Kulturen gilt es auch in Thailand, dass die Verhandlungspartner jederzeit ihr Gesicht wahren. Deutsche müssen sich darin üben, ihrem Unmut – zum Beispiel über die lange Dauer einer Entscheidungsfindung – niemals sichtbar Luft zu machen. Denn das führt lediglich zum persönlichen Gesichtsverlust – der für beide Seiten sehr unangenehm und kaum zu bewältigen wäre.
Zeit kehrt immer wieder
Pünktlichkeit hat in Thailand keinen Stellenwert. Zeit ist hier zyklisch und kehrt somit immer wieder. Was sich heute nicht regeln lässt, wird auf morgen verschoben. Auch Geschäftschancen kehren immer wieder. Erfolg ist daher mehr als eine Schicksalsfrage zu betrachten als von einem guten Timing abhängig. Bei angesetzten Terminen sollten Deutsche auf ihre thailändischen Verhandlungspartner geduldig warten. Wahre Größe zeigt, wer sich in jedem Fall höflich und neutral für die wunderbare Gelegenheit des gemeinsamen Gespräches bedankt und dieses mit positiven Worten beginnt.
In der gemeinsamen Projektarbeit führen Fristen und Termine kaum zum Ziel. Hier sollten deutsche Geschäftsleute ihre Energie besser in die Schaffung einer dauerhaft guten zwischenmenschlichen Beziehung investieren. Regelmäßige Telefonate, in denen dargelegt wird, warum eine bestimmte Sache besonders wichtig ist, zeigen sehr viel mehr Effekt, als gesetzte Deadlines und leere Drohgebärden. Thais verabscheuen es, gedrängt oder unter Druck gesetzt zu werden. Und Geschäfte – so lukrativ sie auch sein mögen -, denen „Sanuk“ fehlt, sind zum Scheitern verurteilt.
Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.