Kulturelle Unterschiede Slowakei

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Der slowakischen Kultur liegt eine hohe Familienorientierung zugrunde. Daraus resultiert, dass sich der Einzelne stark einer „Gruppe der Eigenen“ verbunden fühlt und sich dementsprechend loyal zeigt: Der Familie oder auch engen Freunden und gut bekannten Geschäftspartnern wird immer höchste Priorität gegeben. Im Umkehrschluss dauert es seine Zeit, bis Slowaken sich neuen Kontakten gegenüber öffnen und ihnen fremden Personen vertrauen. Diese Zurückhaltung zeigen sie durch eine gewisse Distanziertheit, die sich in einer ernsten Miene und einer oft fast übertrieben wirkenden Förmlichkeit äußert. Sobald sich die persönliche Beziehung jedoch weiter entwickelt, legen Slowaken ihre Zurückhaltung ab und zeigen sich auch im Business von einer emotionaleren Seite.

Begrüßung und Anrede

Bei einem ersten Geschäftstermin werden sich Ihre künftigen slowakischen Geschäftspartner also förmlich und distanziert zeigen. Nach einem kräftigen Handschlag erfolgt in der Regel die gegenseitige Vorstellung, bei der die vollständigen Namen und alle akademischen Titel bzw. die jeweilige Funktion im Unternehmen genannt werden. Denn Titel und Funktionen bilden häufig Teil der Anrede, insbesondere wenn Sie es mit Slowaken der älteren Generation zu tun haben. Nicht nur der akademische Doktortitel, sondern beispielsweise auch die Berufsbezeichnung des Ingenieurs oder die Position des Geschäftsführers werden berücksichtigt. So heißt es dann beispielsweise „pán“ (Herr) bzw. „pani“ (Frau) plus Titel bzw. Funktion. Auf Englisch: „Mr. Engineer“ bzw. „Mrs. General Manager“. Vornamen werden selbst bei langjährigen Geschäftsbeziehungen eher selten genutzt.

Ihre Visitenkarte sollte deshalb neben den Kontaktdaten alle relevanten Titel umfassen. Blickt Ihr Unternehmen auf eine lange Geschichte zurück, kann zudem die Nennung des Gründungsdatums von Vorteil sein, denn Erfahrung und Kontinuität werden in der Slowakei sehr geschätzt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man bei einem ersten Geschäftstermin in der Slowakei deutlich zeigen sollte, wer man ist. Das gilt sowohl für das Unternehmen als auch für Ihre Person. Seniorität, Hierarchie, Erfahrung und Kontinuität sind Eigenschaften, die in der slowakischen Geschäftskultur zählen.

Dauerhafte Kontaktpflege

Nach dem ersten Geschäftstreffen ist für Slowaken nicht die baldige Vertragsunterzeichnung das Ziel, sondern der Aufbau einer langfristigen, persönlichen Beziehung. Wie eingangs erwähnt, ist es von essentieller Bedeutung, zu einer „Gruppe der Eigenen“ zu gehören. Denn nur den Eigenen vertraut man. Daher werden Slowaken auch nur mit Personen ernsthaft Geschäfte machen, mit denen sie eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen konnten und die sich in ihr persönliches Netzwerk der geschäftlichen Beziehungen gut einfügen.

Slowaken sind daher vornehmlich an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert. Deshalb lohnt sich auch die anfängliche Investition in eine intensive Kontaktpflege. Nutzen Sie jeden kleinen Anlass der persönlichen Kontaktaufnahme. Gratulieren Sie zu Geburtstag und Namenstag, melden Sie sich mit neuen Informationen und vor allem reisen Sie regelmäßig zu Geschäftsterminen in die Slowakei. Schriftliche Korrespondenz alleine reicht in der Slowakei niemals aus.

Diplomatischer Kommunikationsstil

Die anfängliche Zurückhaltung und Reserviertheit der Slowaken macht sich natürlich am deutlichsten im Kommunikationsstil bemerkbar. Gehen Sie davon aus, dass einfach eine längere Anlaufphase notwendig ist, ehe Ihre slowakischen Geschäftspartner nicht mehr ganz so kühl und abweisend wirken und schließlich offen und ungezwungen mit Ihnen sprechen.

Darüber hinaus ist der slowakische Kommunikationsstil kontextorientiert, d.h. Ihre slowakischen Geschäftspartner werden nicht klipp und klar sagen, was sie meinen, sondern sich eher indirekt ausdrücken. Achten Sie auf Andeutungen, Gestik und Mimik. Lesen Sie immer auch zwischen den Zeilen. Augenkontakt ist ein wichtiges Kommunikationsmittel, um Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit zu signalisieren. Fehlender Augenkontakt hingegen deutet auf einen Mangel an Interesse oder Informationen hin.

Meist ist ein längerer, freundlicher Dialog notwendig, bis sich der genaue Sachverhalt langsam herauskristallisiert. Vor diesem Hintergrund ist es deshalb oft empfehlenswert, nicht gleich mit einer detaillierten Präsentation aufzufahren oder einen bis ins kleinste Detail ausgefeilten Projektplan vorzulegen, sondern die Dinge lieber im Gespräch gemeinsam Schritt für Schritt zu entwickeln.

Durch die hohe Gruppen- und Beziehungsorientierung steht für Slowaken das gute Verhältnis zwischen den Geschäftspartnern immer an erster Stelle. Folglich versucht man, den anderen nicht durch harsche Worte oder ein abweisendes „Nein“ vor den Kopf zu stoßen, sondern wird sich möglichst diplomatisch und gefühlsschonend ausdrücken. Zweifel an einem Vorschlag beispielsweise werden daher ebenfalls nicht direkt mitgeteilt. Warten Sie also nicht auf Klartext, sondern fragen Sie vorsichtig nach, wenn Sie das Gefühl haben, dass die Dinge nicht glatt laufen.

Kritik wird persönlich genommen

Sind Sie selbst mit etwas nicht einverstanden, gehen Sie mit kritischen Worten sparsam um. Bedenken Sie, dass Kritik in der slowakischen Kultur persönlich genommen wird. Slowaken kennen keine konstruktiv-sachliche Kritik, die Deutsche häufig eher als gut gemeinten Verbesserungsvorschlag betrachten.
Teilen Sie stattdessen reichlich Lob und Komplimente aus, um die Beziehungsebene vorsorglich etwas „aufzupolstern“. Machen Sie dann vorsichtige Andeutungen, was Ihrer Meinung nach besser werden muss. Man wird Sie genau verstehen!

Veränderung des Kommunikationsstils

Ist eine dauerhaft stabile persönliche Beziehung zwischen Geschäftspartnern geschaffen, verläuft auch die Kommunikation tendenziell offener und direkter. Nichtsdestotrotz werden Slowaken die typisch deutsche Offenheit und Direktheit immer noch als Affront auffassen. Selbst bei langjährigen Geschäftsbeziehungen sollten Sie also darauf achten, dass Sie sich möglichst freundlich, respektvoll und diplomatisch ausdrücken, um die über allem stehende Beziehungsebene nicht unnötig zu gefährden. Gehen Sie niemals auf Konfrontationskurs, denn Slowaken können die Sachebene kaum von der Beziehungsebene abkoppeln. Damit ist die persönliche Beziehung gleichermaßen gefährdet wir die sachlich-geschäftliche.

Gesprächsstil in Meetings

In slowakischen Unternehmen dienen Meetings vor allem dazu, Informationen weiterzugeben – und zwar von oben nach unten. Da Organisationen meist stark hierarchisiert sind, werden Entscheidungen nicht etwa mit allen Beteiligten im Meeting selbst gefällt, sondern nur von den Ranghöchsten hinter verschlossenen Türen. Mitarbeiter während eines Meetings nach ihrer Meinung zu fragen oder gemeinsam neue Ideen zu entwickeln, würde hier eher als Führungsschwäche ausgelegt. Deshalb wird Mitarbeitern im Meeting auch nur das Wort erteilt, wenn sie einen Sachverhalt erklären oder generell Informationen weitergeben sollen.

Zwischen Geschäftspartnern dienen Meetings immer auch dazu, die persönliche Beziehung zu festigen. Rechnen Sie also damit, dass zu Beginn eines Meetings Small Talk betrieben wird, um für eine gute Atmosphäre zu sorgen, ehe die Gespräche beginnen. In ersten Meetings widmet man sich vielleicht sogar ausschließlich dem gegenseitigen Kennenlernen und oft sind die eigentlichen Entscheidungsträger in dieser frühen Phase gar nicht selbst präsent.

Für größere Meetings gibt es meist eine Agenda, die in der Regel vom Ranghöchsten in der Hierarchie aufgestellt wird. Er oder sie wird auch durch das Meeting führen. Meetings werden pünktlich begonnen, aber selten pünktlich beendet. Denn ist das Meeting einmal in vollem Gange, werden Slowaken sich nicht unbedingt an die Agenda halten, sondern von Thema zu Thema springen. Dies liegt unter anderem daran, dass sie in der Lage sind, vereinzelt in den Raum gestreute Informationen gedanklich zu sammeln und nach und nach zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Deutsche, die eine stringente Kommunikationsweise gewohnt sind, sind mit dieser Art der Informationsverteilung häufig überfordert.

Kurz, aber gehaltvoll präsentieren

Präsentationen für eine slowakische Zuhörerschaft sollten im ersten Schritt kurz und informativ sein. Da Slowaken jedoch einen hohen Grad an Information suchen, ist es empfehlenswert, je nach Thema der Präsentation beispielsweise gehaltvolle Grafiken und Charts einzufügen, aber ausführlichere Kalkulationen oder Details in Form eines Handouts bereitzuhalten. Stellen Sie sich auf konkrete Rückfragen ein.

Verhandlungen angemessen führen

In Verhandlungen mit Slowaken zählt einmal mehr, dass die Beziehung zwischen den Verhandlungspartnern stimmig ist. Nichtsdestotrotz werden Slowaken einen angebotenen Deal auch auf der Sachebene genau prüfen und analysieren. Das kann eine gewisse Zeit dauern, da in vielen Fällen dazu verschiedene Experten-Komitees einberufen werden. Die finale Entscheidung trifft in der Regel jedoch der Unternehmenschef oder Ranghöchste.

Festgefahrene Verhandlungen können nur vorangetrieben werden, indem man mit viel persönlichem Austausch die Beziehungsebene aufbessert, bevor man an den Verhandlungstisch zurückkehrt und nach einer Win-Win-Lösung für beide Seiten sucht. Es gilt, immer wieder die möglichen Vorteile für alle Beteiligten herauszustellen, um die positive Grundstimmung zu jedem Zeitpunkt der Verhandlung aufrecht zu erhalten.

Achtung! Slowaken gehen häufig davon aus, dass ihre deutschen Geschäftspartner unter einem gewissen Zeitdruck stehen, was meistens ja durchaus der Fall ist. Deshalb kann eine Verzögerungstaktik Teil ihrer Verhandlungsstrategie sein. Es ist also besser, wenn Sie Ihren anstehenden Rückflug oder dringende Termine in Deutschland am Verhandlungstisch nicht erwähnen.

Nach Abschluss der Verhandlungen sind detaillierte schriftliche Verträge die Norm. Lassen Sie sich von Fachleuten bei der Vertragserstellung beraten.

Polychroner Arbeitsstil

Slowaken arbeiten sehr organisiert, formal und hierarchisiert. Im regionalen Vergleich sind slowakische Arbeitnehmer gut ausgebildet und produktiv. Allerdings erwarten sie klare Anweisungen und eine kleinteilige Kontrolle durch den Vorgesetzten. Zu viel Handlungsspielraum ist eher nicht gewünscht, da mit der größeren Verantwortung immer auch die Gefahr verbunden ist, Fehler zu machen und dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. In den meisten Ländern der ehemaligen Sowjetunion halten sich Mitarbeiter lieber bedeckt, sie machen einen guten Job, aber blicken kaum über den eigenen Tellerrand hinaus. Eigeninitiative ist bis heute nicht überall gerne gesehen.

Abgesehen davon denken und handeln Slowaken polychron. Sie erledigen meist mehrere Dinge zur gleichen Zeit. Dieses auf ihrem polychronen Zeitverständnis basierende Verhalten wird von Deutschen häufig als chaotisch fehlinterpretiert, weil sie es eher gewohnt sind, eine Sache nach der anderen abzuarbeiten.

Spielraum für Unvorhergesehenes

Für polychrone Kulturen steht zudem im Vordergrund, möglichst viel Spielraum für Unvorhergesehenes zu haben. Tritt ein Problem auf, wird gekonnt improvisiert. Der Blick richtet sich daher stets auf die Gegenwart, man plant nicht gerne in die Zukunft. Denn neben den möglichen Planungsszenarien kann doch so viel anderes passieren.

Slowaken meiden daher zu detaillierte Projektpläne. Langfristige Termine und Fristen werden prinzipiell mehr als grober Rahmen betrachtet. Man ist bemüht, den vorgegebenen Zeitplan einzuhalten. Aber wenn die Umstände es nun mal erfordern, wird ein Zeitrahmen nach Bedarf ausgedehnt. Die Dinge laufen eben wie sie laufen. Vom Projektpartner in Deutschland erwartet man dann vor allem Vertrauen, dass am Ende alles gut wird – was meistens auch stimmt.

Auf die Holschuld achten

Ein großer Unterschied im Denken besteht auch hinsichtlich der Frage, wer wen zu informieren hat. Deutsche gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass bei auftauchenden Schwierigkeiten alle Betroffenen auf dem Laufenden gehalten werden. Aus ihrer Sicht besteht eine Bringschuld.

In der slowakischen Geschäftskultur gilt jedoch das Prinzip der Holschuld, d.h. man ist für das Einbringen notwendiger Informationen selbst verantwortlich. Bei einer Fristüberschreitung im Projektverlauf beispielsweise muss man sich als Auftraggeber also die entsprechende Erklärung beim slowakischen Partnerunternehmen selbst abholen.

Pflegen Sie daher einen guten persönlichen Kontakt zu allen Projektverantwortlichen. Melden Sie sich regelmäßig und fragen Sie aktiv nach, wie der Stand der Dinge ist. Erklären Sie, warum die Einhaltung einer bestimmten Frist für Sie von großer Bedeutung ist. Durch die polychrone Arbeitsweise der Slowaken ist es einerseits wichtig, dass Sie ihnen Ihr Anliegen immer wieder aufs Neue in Erinnerung rufen, sonst werden andere, neu auftauchende Dinge Vorrang haben. Auf der anderen Seite wird man aus der hohen Beziehungsorientierung heraus die Dinge gerne für Sie als Person erledigen und nicht etwa in chronologischer Reihenfolge.

Wirken Sie einfach dem Sprichwort „Aus den Augen, aus dem Sinn“ entgegen – das sich sowohl auf das polychrone Arbeiten als auch auf die hohe Beziehungsorientierung der Slowaken bezieht!

Geschäftsessen und After Work

Insbesondere, wenn die Geschäftsbeziehung schon gereift ist, werden Ihre slowakischen Geschäftspartner Sie sicherlich einmal privat zu sich nach Hause einladen. Sie sollten die Einladung unbedingt annehmen und sich um ein passendes Gastgeschenk kümmern. Pralinen, Liköre, Weine und Spezialitäten aus Ihrer Heimat sind eine gute Wahl. Auch ein Blumenstrauß für die Dame des Hauses ist gerne gesehen. Schenken Sie aber unbedingt eine ungerade Anzahl an Blumen, jedoch keine 13 Stück, denn 13 ist eine Unglückszahl. Ziehen Sie an der Haustür Ihre Schuhe aus.

Gehen Sie davon aus, dass man Ihnen viele verschiedene Speisen anbieten wird. Sie sollten ein zweites Auffüllen Ihres Tellers zunächst aus Höflichkeit ablehnen, sich dann aber umstimmen lassen. Generell sollten Sie von allem etwas nehmen, Ihren Teller leer essen und die lokale Küche loben.

Alkoholische Getränke sind beim Essen fast ein Muss und die Stimmung ist entsprechend fröhlich. Sie werden sicherlich öfters auf die Gesundheit anstoßen. Sagen Sie „Na zdravie“ und blicken Sie der Person, mit der Sie anstoßen, dabei in die Augen.

Beachten Sie, dass es in der slowakischen Kultur immer dem Gast zufällt, ein Essen zu beenden, sowohl bei privaten Besuchen als auch im Restaurant. Sie müssen also den geeigneten Zeitpunkt finden, um sich zu verabschieden. Der Gast öffnet sich dann auch selbst die Tür und geht hinaus. Würde der Gastgeber dies übernehmen, sähe es aus slowakischer Sicht so aus, als würde man den Gast hinauswerfen.

Dress codes

Im slowakischen Geschäftsleben spielt es eine bedeutsame Rolle, gut gekleidet zu sein. Es heißt oft: Der Kleidungsstil drückt den Respekt dem Gesprächspartner gegenüber aus.

Der Dresscode ist konservativ. Männer sollten einen dunklen Anzug mit langärmligem Hemd und dezenter Krawatte tragen. Frauen sind in einem schlichten klassischen Kostüm oder Hosenanzug angemessen gekleidet. Große slowakische Unternehmen haben oft sogar spezifische Dresscode-Regeln.

Für Freizeit- und Abendveranstaltungen mit Geschäftspartnern gilt, besser over- als underdressed zu erscheinen.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der crossculture academy

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