Rumänen kommunizieren ausführlich. Ihre Ausführungen in Meetings und Verhandlungen sind meist lang und komplex. Auch auf gestellte Fragen antworten sie gerne umfassend, wobei sich aus deutscher Sicht eigentlich nur ein Teil der Antwort tatsächlich auf die gestellte Frage zu beziehen scheint. Dabei übersehen deutsche Manager allerdings häufig, auch zwischen den Zeilen zu lesen. Denn vieles, was von Rumänen ausgesprochen wird, umschreibt eigentlich etwas, das unausgesprochen bleibt. Dieser indirekte Art zu kommunizieren ist sicherlich nicht einfach, aber das erforderliche gute Zuhören lässt sich mit der Zeit lernen.
Präsentationen sollten für ein rumänisches Publikum detailliert und faktenorientiert gestaltet werden. Zu kurze Darstellungen sind aus rumänischer Sicht wenig vertrauenswürdig. Mit ihrer grundsätzlich skeptischen Haltung fragen sich rumänische Geschäftspartner dann, was die deutsche Seite zu verheimlichen versucht. Stattdessen suchen sie nach den persönlichen Überzeugungen ihrer deutschen Geschäftspartner. Ohne diese zu kennen, kommen Geschäfte in Rumänien nur schwer in Gang. Small-Talk über alle erdenklichen Themen, z. B. bei gemeinsamen Geschäftsessen, ist daher ein wesentlicher Bestandteil der gemeinsamen Geschäftsbasis.
Die wahrheitsliebenden Deutschen kommen in Rumänien häufig mit einer flexiblen Auffassung von Realitäten in Berührung. Rumänen haben ein gutes Gespür dafür, was die andere Seite hören möchte. Genau das werden sie tendenziell sagen und somit können sich ihre Aussagen je nach aktueller Lage blitzschnell wandeln. Bei einer ersten Geschäftsanbahnung wird potenziellen Partnern daher möglichst viel in Aussicht gestellt, was sich letztlich aber nicht wird realisieren lassen. Deutsche Manager müssen hier unterscheiden lernen, nicht alles für bare Münze zu nehmen, was ihnen ihre rumänischen Geschäftspartner versprechen. Gleichzeitig sind die großen Worte auch nicht als Trickserei zu verstehen, denn Rumänen lieben einfach einen „Think Big“-Ansatz. Gemeinsam erdachte Luftschlösser verbinden!
Geschäftliche Netzwerke einbeziehen
Als größtes Land Südeuropas und als eines der jüngsten Mitglieder der Europäischen Union ist Rumänien besonderst bestrebt, sich an die Gepflogenheiten des internationalen Handels anzupassen. Rumänische Unternehmer sind ausländischen und insbesondere deutschen Partnern gegenüber offen und aufgeschlossen. Dennoch machen Rumänen ihre Geschäfte meist mit Blick auf ihr persönliches Beziehungsnetzwerk. Deutsche Manager, die mit einer rumänischen Firma neu ins Geschäft kommen, sollten daher immer damit rechnen, dass die rumänische Seite innerhalb des gemeinsamen Projektes stets versuchen wird, weitere Netzwerkpartner mit einzubeziehen. Dies mag man einerseits als Vetternwirtschaft bezeichnen, es ist andererseits aber auch ein wichtiger Teil der rumänischen Geschäftskultur, die auf einem Beziehungsgeflecht basiert. Es gilt dabei, eine korruptionsfreie Balance zu finden, so dass beide Seiten ihre ethischen Grundsätze verwirklichen können. Ein erfahrener Mittelsmann kann dabei der deutschen Seite die nötige Unterstützung bieten.
Rumänischer Verhandlungsstil
Rumänen sind harte Verhandlungsführer, die das Risiko nicht scheuen. Sie sind sehr darin bestrebt, aus Verhandlungen den bestmöglichen Vorteil zu ziehen und gehen dafür bis zum äußersten. Deutsche Manager sind gut darin beraten, ihre Position in langwierigen Verhandlungen eisern zu halten. Dann werden sie erleben, wie aus ihren unbezwingbaren Gegnern plötzlich äußerst kooperative und freundliche Partner werden, denen kein Weg zu weit ist, um ein Projekt zum Erfolg zu führen. Vorsicht ist allerdings gegeben, den rumänischen Partnern bestimmte Vorgehensweisen aufzuzwingen. Hier reagieren die meisten sehr empfindlich und fühlen sich sofort in ihrem Stolz gekränkt. Dies kann schnell zu einem Abbruch der Verhandlungen führen.
Ist eine Einigung erzielt, werden Verträge aufgesetzt, die dem rumänischen Kommunikationsstil entsprechend selbst für deutsche Manager extrem ausführlich, detailliert und umfangreich sind. Es ist empfehlenswert, für die Vertragsgestaltung einen Experten zu beauftragen. Denn trotz oder gerade wegen der Ausführlichkeit der Dokumente bleiben bei wichtigen Punkten gerne einige Hintertürchen offen! Auch nachdem die Verträge unterzeichnet wurden, versuchen rumänische Geschäftspartner gerne, hier und da einige Änderungen durchzusetzen. Dann gilt es für die deutsche Seite, entweder wieder eine harte Verhandlungsposition einzunehmen oder aber für die gute Beziehung und den damit direkt verbundenen Projekterfolg strategische Eingeständnisse zu machen.
Deutsch-rumänische Projektarbeit
Pünktlichkeit und Dringlichkeit sind für Rumänen Fremdwörter. Daher können sie mit den genauen Projekt- und Zeitplänen ihrer deutschen Projektpartner meist nur wenig anfangen. Ihre Erfolgsfaktoren heißen Engagement, Kreativität und Spontaneität. Einzig eine regelmäßige gute freundschaftliche und vor allem persönliche Kommunikation sorgt dafür, dass Projekte gerne zügig durchgezogen werden.
Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.