Jeder, der global tätig ist, wurde bereits irgendwo, irgendwann mit kulturellen Unterschieden konfrontiert. Oft führt das „nur“ zu amüsanten Missverständnissen, es kann aber auch negative Auswirkungen und Konsequenzen haben. Wie vermeidet man interkulturelle Missverständnisse im globalen Umfeld? Den folgenden fünf Faktoren sollten Sie besondere Aufmerksamkeit schenken:
Unterschiedliche Sprechweisen
Das Verständnis für unterschiedliche Arten der Kommunikation ist ein wichtiger Punkt. Wie Menschen miteinander sprechen, ist nicht nur von Land zu Land, nein, auch oft von Region zu Region sehr unterschiedlich. In manchen Kulturen sind die Menschen eher laut, sehr direkt oder sogar schroff in ihrer Sprache. Sie unterbrechen ihre Gesprächspartner häufig und unverblümt. In anderen Kulturen dagegen sprechen die Menschen eher leise, benutzen eher blumige oder indirekte Redewendungen. Sie lassen ihre Gesprächspartner ausreden, nichts auf der Welt würde sie dazu bringen, jemanden in seinem Redefluss zu unterbrechen.
Stellen Sie sich jetzt eine geschäftliche Situation vor, in der diese beiden Kulturen aufeinanderprallen. Zum Beispiel in einem Meeting, in dem wichtige Dinge verhandelt werden sollen. Ohne das passende interkulturelle Verständnis endet solch ein Zusammenprall schnell desaströs.
Ein wichtiger Tipp ist daher: Versuchen Sie, auf Ihr Gegenüber einzugehen. Beobachten Sie, wie Ihre ausländischen Gesprächspartner kommunizieren, welche Verhaltensmuster sich finden. Diese können Sie oft schon bei den diversen Vorstellungsriten feststellen: Wie stellen sich die Menschen vor? Welche Fragen stellen sie? Wie verläuft der Small Talk? Ganz wichtig: Sprechen Sie Ihre Gesprächspartner immer mit Herr bzw. Frau Mustermann in der jeweiligen Sprache an (Mr., Ms., Madame, Monsieur, -san, etc.). Benutzen Sie keine Vornamen, es sei denn, Sie werden explizit dazu aufgefordert: „Hello, Mr. Smith.“ „Call me Tom!“
Hierarchie bzw. Rangordnungen
Viele Kulturen sind sehr hierarchisch aufgebaut. Hierarchien können den Kommunikationsfluss und Verhaltensweisen außerordentlich stark beeinflussen. Dies im Blick zu behalten, ist absolut wichtig! Die Positionen Ihrer Gesprächspartner in der jeweiligen Hierarchie müssen anerkannt werden, denn diese bestimmen meist, wer die Entscheidungen trifft. Wenn dem ranghöchsten Geschäftspartner in einem Meeting nicht der erforderliche Respekt entgegengebracht wird, hinterlässt das sofort einen schlechten Eindruck. Das kann dem angestrebten Business nicht dienlich sein.
Zeitmanagement: Ist Zeit Geld?
Beinahe nichts unterscheidet Kulturen so sehr, wie die verschiedenen Auffassungen des Begriffs „Zeit“. Und wenige Konzepte bergen so viel Konfliktpotential, wie „Zeit“. Welchen Stellenwert hat Pünktlichkeit? Wie flexibel ist die Terminierung eines Meetings? Ist ein Geschäftsabschluss gefährdet, weil jemand mit Verspätung eintrifft? Ist es erlaubt, persönlichen Angelegenheiten Vorrang vor geschäftlichen Verpflichtungen zu geben?
Pünktlichkeit ist in der deutschen Kultur sehr wichtig. Sie genießt einen hohen Stellenwert. In anderen Kulturen, wie z.B. Afrika, Südamerika oder Indien, ist eine vereinbarte Zeit allerhöchstens als Orientierungshilfe oder Leitfaden zu sehen. Sie ist ein keiner Weise verbindlich.
Das Problem, das jemand aus Deutschland mit dieser Auffassung von Zeit haben wird, ist offensichtlich. Dass Ärger über die Unpünktlichkeit des Geschäftspartners von diesem als unangemessen empfunden wird, ist genauso klar. Ohne das richtige interkulturelle Gespür ist hier die Katastrophe vorprogrammiert.
Mit dem Wissen, dass manche Kulturen „Zeit“ bewusster wahrnehmen als andere, ist es empfehlenswert, erstmal pünktlich zu sein, gleichzeitig aber eine entspannte Haltung zum Thema Zeitmanagement zu bewahren. Auch wenn Sie selbst immer pünktlich sind, kann es doch vorkommen, dass Ihre Gesprächspartner den vereinbarten Termin zeitlich nicht so eng sehen. Es hilft, sich bewusst zu machen, dass es sich hier nicht um Respektlosigkeit Ihnen gegenüber handelt. Unpünktlichkeit ist hier kein Zeichen geringer Wertschätzung, wie es z.B. in der deutschen Kultur sein könnte. Vielmehr handelt es sich um eine grundlegend verschiedene Auffassung des eigentlichen Begriffs von „Zeit“.
Kleidung und Dresscodes
Was ziehe ich an? Diese alltägliche Frage nimmt im interkulturellen Kontext eine ganz andere Bedeutung an, sind doch die Vorstellung dessen, was „angebracht“, „üblich“ oder „akzeptabel“ ist, von Kulturkreis zu Kulturkreis unterschiedlich. Recherchieren Sie die „Kleiderordnung“ des jeweiligen Kulturkreises, in dem Sie sich bewegen. Diese Investition einiger Minuten kann Sie vor manchem geschäftsschädigendem faux pas bewahren.
In Deutschland zum Beispiel, existiert seit Längerem keine einheitliche Kleiderordnung. Ob am Arbeitsplatz Anzug mit Krawatte, Kostüm oder Jeans getragen werden, hängt von der jeweiligen Unternehmenskultur ab. Im Vergleich zu Deutschland sind andere Länder, wie z.B. die USA, Kanada, Brasilien oder China, wesentlich förmlicher in Bezug auf den Business Dresscode. In Jobs mit Kundenkontakt sind in den USA oder Kanada „Schlips und Kragen“ für beide Geschlechter in der Regel Pflicht. Jeans und Turnschuhe gelten in der Regel als zu salopp fürs Business. Auch Brasilianer sind trotz des warmen Klimas konservativ in ihrer Business-Kleidung. In China machen Kleider Leute, eher im Stil der förmlichen Regeln in den USA oder Kanada.
Frankreich ähnelt Deutschland, eine Lockerung des Dresscodes macht sie hier bemerkbar. Casual Fridays treten immer häufiger auf. Die britische Businesskleidung hängt vom Arbeitsplatz ab. Anzug und Melone gehören zwar der Vergangenheit an, im Business und im höheren Beamtentum ist die Kleiderordnung dennoch weiterhin förmlich für beide Geschlechter. Islamisch geprägte Kulturkreise erwarten eine „sittsame“ Kleidung für Frauen, bei Männern ist ein förmlicher Business-Dress empfehlenswert.
Obwohl allgemeine Aussagen über die „richtige“ Kleidung im internationalen Business schwer zu treffen sind, ist es meist empfehlenswert sich eher konservativ zu kleiden. Overdressed ist in jedem Fall underdressed vorzuziehen.
Jetlag und Müdigkeit
Die Auswirkungen des Jetlags werden oft unterschätzt, kann er doch professionelle Kompetenzen in gefährlicher Weise untergraben. Übermüdet und gestresst zu sein, kann beim ausländischen Geschäftspartner keinen guten Eindruck hinterlassen. Um die Wirkung des Jetlags zu mindern, ist es empfehlenswert, mindestens zwei Tage vor einem Meeting anzukommen. Das gibt dem Körper etwas Zeit, sich zu akklimatisieren.
Dieser Rat mag unwichtig, sogar trivial erscheinen. Aber ein ausgeruhter, wacher und geistesgegenwärtiger Reisender ist viel besser in der Lage, mit kulturellen Stolperfallen umzugehen als jemand, der übernächtigt und erschöpft ist.
Autorin Patricia Hinsen-Rind -Die gebürtige Kanadierin hat ihre eigenen Erfahrungen mit dem Lernen von Sprachen in ihre zweite Karriere fließen lassen: Nachdem sie verschiedene Führungspositionen in der Finanz- und IT-Industrie bekleidete, leitet sie heute ihre eigene Sprachschule, die den Spracherwerb mit dem Eintauchen in die neue Kultur verknüpft.