Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie rasch sich die Lage auch an vermeintlich sicheren Orten durch politische Ereignisse, Anschläge oder Naturkatastrophen ändern kann. Deshalb ist es gut, sich in Ruhe einige Gedanken über lokale Notwendigkeiten und persönliche Sicherheitsbedürfnisse zu machen. Unsere Zusammenstellung von sinnvollen Maßnahmen soll Ihnen dabei als Anregung dienen.
Es war der 24. September 2005, als der Hurrikan Rita, der sich zuvor in beängstigender Form im Golf von Mexiko aufgebaut hatte, um 02:38 Uhr Ortszeit amerikanischen Boden erreichte. Mit heftigen Regenfällen und Windböen von bis zu 200 km/h fegte der Sturm über die US-Golfküste hinweg und richtete in vielen Orten im Grenzgebiet zwischen Texas und Lousiana schlimme Verwüstungen an. Besonders betroffen waren die texanischen Städte Port Arthur und Beaumont, der Hurrikan ließ zerstörte Gebäude und überflutete Straßen zurück. Alex und Hannah Neudecker hatten Glück: Die Expatriates, die für einen deutschen Konzern in Beaumont arbeiten, konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Nach einem Evakuierungsaufruf waren sie am 22. September mit Kollegen und deren Familien in einem Autokonvoi Richtung Norden gefahren. In einem Hotel im rund 1000 Kilometer entfernten Tulsa (Oklahoma) warteten sie die Ereignisse ab, bis sie am 26. September nach Beaumont zurück kehrten, wo ihr Haus fast völlig unversehrt geblieben war.
Eine Evakuierung, wie sie die Neudeckers erlebten, ist selten notwendig, doch sie lässt sich für Expatriates nicht völlig ausschließen. Ereignisse, die Überlegungen zu einer vorzeitigen Ausreise oder einer angeordneten Evakuierung notwendig machen, sind extreme Stress-Situationen. Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wohin soll es gehen? Was muss, was kann mit? Zusätzliche Belastungen in einer solchen Situation lassen sich vermeiden, wenn Sie eine persönliche Notfallplanung für sich erstellen. Die folgende Checkliste hilft bei den Überlegungen:
Persönliche Daten
Stellen Sie für jedes Familienmitglied eine Liste mit den folgenden Daten zusammen und aktualisieren Sie diese Liste in regelmäßigen Abständen. Deponieren Sie zur Sicherheit ein Exemplar bei einer Person Ihres Vertrauens in Deutschland:
Reisepass oder Kinderreisepass: Nummer, Ausstellungsort und –datum
Personalausweis: Nummer, Ausstellungsort und –datum
Führerschein: Nummer, Ausstellungsort und –datum
Bankkonten: Nummern und Details
Kreditkarten: Nummern und Details
Krankenversicherung: Nummer, Gesellschaft
Rentenversicherung: Nummer
Persönliche Versicherungen: Nummern, Gesellschaft
Auto: Typ, Modell, Seriennummer, Kennzeichen
Regelmäßig erforderliche Medikamente und andere wesentliche medizinische Hinweise
Daten des aktuellen Brillenrezepts
Wichtige Telefonnummern: Arbeitgeber, Ärzte, Rechtsanwalt, Steuerberater etc.
Kopien und Scans wichtiger Unterlagen
Von den folgenden Dokumenten und Unterlagen sollten Sie Kopien anfertigen, von Zeit zu Zeit aktualisieren und sicher in Deutschland hinterlegen:
Familien-Stammbuch (Geburts- und Heiratsurkunden)
Testament und Patientenverfügung, Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht
Aktuelle Zusammenstellung Ihres Hausrats und Fotos von Wertgegenständen
Private Adressen und Telefonnummern
Eine gute Idee ist es auch, vor der Ausreise Online-Speicherplatz oder ein internetbasiertes E-Mail-Konto (Web.de, Yahoo, GMail u.a. – Achtung: Konto regelmäßig öffnen, um einer Löschung vorzubeugen!) anzulegen, auf das Sie weltweit Zugang haben. An diese Mailadresse schicken Sie dann alle wichtigen Informationen und eingescannte Bilder von Pässen, Stammbuch usw., die sich so nach einem Verlust leichter ersetzen lassen.
Vor der Ausreise
Die folgenden Punkte sollten Sie am besten bereits vor der Ausreise geklärt und erledigt haben:
Bevollmächtigen Sie eine Person Ihres Vertrauens, Sie im Notfall in Vermögens-, Steuer- und Rechtsangelegenheiten zu vertreten.
Klären Sie, wer die Vormundschaft für Ihre Kinder übernehmen soll, falls Ihnen beiden etwas zustößt.
Stellen Sie sicher, dass beide Partner Vollmacht über die Bankkonten haben. Beide Partner sollten über eigene Kreditkarten verfügen. Beides ist wichtig für den Fall, dass Sie einige Zeit an getrennten Orten verbringen müssen.
Stellen Sie eine Liste der regelmäßig wiederkehrenden finanziellen Verpflichtungen (Miete, Zinsen, Versicherungen, Steuer etc.) zusammen.
Überlegen Sie, was Sie ins Ausland mitnehmen. Persönliche Dinge sind für das Wohlbefinden wichtig, aber denken Sie auch daran, dass Unersetzliches verloren gehen kann. Suchen Sie Kompromisse. Beispiel: Nehmen Sie Ihre alten Fotoalben mit, aber lassen Sie die Negative in Deutschland. Digitale Fotos separat auf CDs speichern und an einem sicheren Ort lagern.
Schließen Sie auch für den Entsendungsort eine Hausratversicherung ab.
Packen Sie, unabhängig vom Entsendungsort, Sommer- und Winterkleidung ein.
Stellen Sie Ihren Angehörigen in Deutschland wichtige Telefonnummern zusammen.
Achten Sie darauf, dass Ihr Krankenversicherungsschutz ein Ausfliegen aus medizinischen Gründen einschließt.
Fragen Sie Ihren Arbeitgeber nach dem im Unternehmen geltenden Sicherheitsprozedere.
Wenn Ihr Einsatzort in einem gefährdeten Gebiet liegt, sollten Sie ein spezielles Sicherheitstraining in Erwägung ziehen.
Am Entsendungsort
Sie haben sich sicherlich bereits vor der Ausreise mit der politischen und wirtschaftlichen Situation im Gastland auseinander gesetzt, eventuell in einem interkulturellen Training mehr über Land und Leute erfahren. Nach der Ankunft sind folgende Schritte ratsam:
Nehmen Sie Kontakt mit dem nächstgelegenen deutschen Konsulat oder der Botschaft auf und registrieren Sie sich in der sogenannten „Krisenvorsorgeliste“. Diese Registrierung ist freiwillig, aber wichtig: Auf diese Weise können Sie bei Gefahren- und Krisensituationen leichter informiert werden. Die Registrierung erfolgt online über die Website der jeweiligen Auslandsvertretung.
Erkundigen Sie sich bei der Botschaft, bei Kollegen und anderen Expats über die aktuelle Sicherheitssituation.
Aktuelle Informationen zur Sicherheitssituation weltweit stellt das Overseas Security Advisory Council (OSAC) des US-amerikanischen Außenministeriums auf seiner Website zur Verfügung. Für viele Länder gibt es zusätzlich spezielle „Country Councils“, die vor Ort aktiv sind und ausführlich über die jeweilige Situation im Land informieren.
Stellen Sie sich Ihren Nachbarn vor.
Machen Sie sich mit den Gegebenheiten für Notfälle vertraut. Wo ist das nächste Krankenhaus, die Polizei, die Feuerwehr? Erstellen Sie eine Liste mit persönlichen Notfallnummern.
Bewahren Sie Medikamente und Verbandsmaterial so auf, dass Sie im Notfall sofort Zugriff haben und beides auch mitnehmen können.
Stellen Sie sicher, dass auch Ihr Hauspersonal weiß, wie bei einem Unfall oder einer Notsituation zu reagieren ist.
Achten Sie darauf, mit allen notwendigen Impfungen up-to-date zu sein.
In Gebieten mit erhöhter Sicherheitsgefahr sollten Sie einen batteriebetriebenen Kurzwellen-Empfänger bereit halten.
Erwerben Sie Grundkenntnisse in der Sprache des Gastlands.
Schließen Sie sich mit anderen Eltern zusammen, um eine Betreuung Ihrer Kinder in Notfällen sicherzustellen.
Überprüfen Sie regelmäßig, ob die von Ihnen bei der Deutschen Auslandsvertretung, beim Arbeitgeber und bei Verwandten hinterlegten Kontaktdaten noch aktuell sind!
Krisensituation
Wenn es in Ihrem Gastland zu einer kritischen Situation kommen sollte und eine vorzeitige Abreise oder Evakuierung nicht auszuschließen ist, sollten Sie sich vorbereiten:
Informieren Sie sich so umfassend wie möglich. Deutsche Auslandsvertretung, Arbeitgeber, seriöse Nachrichtenagenturen im Internet, Kurzwellensender etc. sind gute Quellen. Vorsicht vor Gerüchteküche und allgemeiner Panikmache.
Die deutsche Auslandsvertretung vor Ort spricht Sicherheitsempfehlungen aus. Diese reichen von der Empfehlung zu erhöhter Vorsicht bis hin zur Organisation einer Evakuierung der deutschen Staatsbürger. Eine Evakuierung wird im Notfall vom Krisenstab des Auswärtigen Amts beschlossen, gemeinsam mit der Auslandsvertretung organisiert und den Bürgern angeboten. Aber sie basiert, wie auch das Befolgen aller Reisehinweise und -warnungen, auf Freiwilligkeit. Das bedeutet: niemand wird gegen seinen Willen ausgeflogen.
Besprechen Sie im Familienkreis, wie das Notfallprozedere aussehen könnte.
Überlegen Sie, was Sie im Fall einer vorzeitigen Abreise mitnehmen. Planen Sie einen Koffer und ein Stück Handgepäck pro Person.
Erstellen bzw. aktualisieren Sie eine Liste Ihres Hausrats vor Ort.
Bereiten Sie Ihr Haus/Ihre Wohnung für die Abreise vor. Wer bekommt einen Schlüssel, wer kümmert sich um die Rechnungen?
Klären Sie, ob Sie Ihr Haustiere mitnehmen können bzw. klären Sie, wer sich während Ihrer Abwesenheit um sie kümmert.
Evakuierung – Was muss mit?
Wenn eine Evakuierung notwendig wird, ist es wichtig, dass Sie sorgfältig und überlegt packen. Denken Sie daran, Ihre Kinder in die Überlegungen mit einzubinden. Für Kinder ist es wichtig, persönliche Dinge wie Spielzeug einpacken zu können. Eine Checkliste für das persönliche Handgepäck:
Liste der monatlichen finanziellen Verpflichtungen
Adressbücher
Liste des zurückgelassenen Hausrats
Wäsche zum Wechseln
Kleinigkeiten zum Essen wie Kekse, Saft
Bücher, kleine Spiele
Nach einer Evakuierung
Nach einer Evakuierung oder vorzeitigen Ausreise müssen Sie damit rechnen, dass die Situation eine Weile verworren und unklar bleibt. Versuchen Sie deshalb, so gut es geht, eine der neuen Situation angepasste Alltagsroutine zu schaffen. Sprechen Sie mit anderen über die gemachten Erfahrungen, versuchen Sie nicht, Ängste und Besorgnis mit sich alleine auszumachen.
Zu guter Letzt
Wir alle wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, im Ausland eine Krisensituation zu erleben, eher gering ist. Gleichzeitig wäre es illusorisch, eine solche Situation vollkommen auszuschließen. Eine gute persönliche Notfall-Planung kann Ihnen im Fall der Fälle die angemessenen Reaktionen erleichtern. Wenn dieser Fall nie eintritt, ist es umso besser.
Autorin: Brigitte Hild
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