Auch ein mexikanischer Manager hat wie seine Kollegen weltweit einen mit Meetings gespickten Terminkalender. Natürlich geht es in diesen Besprechungen darum, Projekte voranzutreiben, Informationen weiterzugeben oder Entscheidungen zu treffen. Dies sind jedoch nicht die alleinigen Zwecke eines Meetings in Mexiko.
Beziehungsaspekte berücksichtigen
Eine wichtige Bedeutung haben daneben der Beziehungsaspekt, die Kontaktpflege sowie der Ideenaustausch. Ein Meeting bietet zudem die Möglichkeit, sich selbst darzustellen. Es geht darum, die anderen durch Eloquenz und Charisma zu überzeugen. Eine mit vielen Zahlen, Daten und Fakten aufbereitete Präsentation ist da eher kontraproduktiv.
Erst recht, wenn es sich um ein erstes Projekttreffen handelt. Dann stehen die Beziehungsbildung und der Aufbau von Vertrauen klar an erster Stelle. Mexikaner werden daher wenig über die konkrete Ausgestaltung der künftigen Zusammenarbeit sprechen, sondern mehr über allgemeine Grundsätze, die Unternehmensgeschichte oder Zukunftsvisionen.
Versuchen Sie hier in ähnlicher Weise zu agieren und legen Sie keine detaillierte Planung oder gar konkrete Kooperationsverträge vor, auch dann nicht, wenn Sie diese im Entwurf schon in der Tasche haben. Das würde bei Ihren mexikanischen Partnern den Eindruck erwecken, dass Sie ihre Ansichten gar nicht berücksichtigen wollen und nur den schnellen Geschäftsabschluss im Blick haben.
Wer ist anwesend, wer nicht?
Der Teilnehmerkreis eines Meetings oder einer Präsentation gibt Ihnen ebenfalls Anhaltspunkte darüber, welches Ziel verfolgt wird. Mexikanische Unternehmen sind sehr hierarchisch aufgebaut: Sind Teilnehmer verschiedener Hierarchieebenen anwesend, wird es wohl mehr um die Weitergabe von Informationen und Anweisungen gehen. Haben Sie ein Treffen mit der Unternehmensspitze oder gar dem Eigner allein, dann stehen strategisch wichtige Themen und auch Entscheidungen an.
Einfach mal zu spät kommen?
Ist eine Besprechung mit mexikanischen Partnern oder Kollegen angesetzt, sollten Sie sich darauf einstellen, dass diese eher nicht pünktlich beginnt. 20 bis 30 Minuten später zu starten, ist für Mexikaner völlig normal, und sich darüber aufzuregen, wäre vollkommen unangebracht. Nutzen Sie die Zeit, um mit denen, die bereits da sind, Small Talk zu pflegen, führen Sie Telefonate oder checken Sie Ihre E-Mails. Vermeiden Sie auf alle Fälle Anzeichen von Ungeduld und erwarten Sie von den Zuspätkommenden keine ausführliche Entschuldigung oder Erklärung.
Manche Geschäftsleute aus dem deutschsprachigen Raum überlegen, ob sie nicht einfach selbst zu spät kommen sollten, um so die mögliche Wartezeit zu verkürzen. Das kann jedoch böse Überraschungen mit sich bringen. Schließlich haben Menschen aus Deutschland in Mexiko den Ruf, pünktlich zu sein. Das kann den mexikanischen Partner wiederum dazu veranlassen, selbst rechtzeitig da zu sein. Er würde es dann als große Beleidigung auffassen, wenn sein deutschsprachiger Besuch mit der Begründung zu spät kommt, dass man dachte, in Mexiko sei das normal.
Agendafreies Chaos?
Viele deutschsprachige Geschäftsleute haben den Eindruck, dass Meetings in Mexiko völlig chaotisch ablaufen. Es mag zwar eine Agenda geben, aber ihre Punkte werden unstrukturiert diskutiert. Darüber hinaus werden Themen adressiert, die gar nicht auf der Agenda stehen.
Mexikaner sind der Auffassung, dass Themen, die im Moment akut sind, auch gleich angesprochen werden sollten und nicht erst viel später, wenn der Punkt laut Tagesordnung an der Reihe ist. Hier sollten Sie flexibel reagieren. Wenn Sie aus Ihrer Sicht dem ›Durcheinander‹ nicht folgen können, machen Sie sich zu den verschiedenen Tops Notizen oder haken Sie ab, was schon besprochen wurde. Das bringt vielleicht die vermisste Struktur wieder.
Kompetenz und Kommunikation
Ein weiteres Missverständnis: Mexikanische Teilnehmer scheinen unvorbereitet in die Meetings zu kommen und können nicht zu einzelnen Punkten detailliert Stellung nehmen. Natürlich kann es sein, dass Ihre Geschäftspartner einmal unvorbereitet sind. Aber häufig entsteht dieser Eindruck wegen eines anderen Zuhör- und Kommunikationsverhaltens.
Im deutschsprachigen Raum liegt der Fokus auf Zahlen, Daten und Fakten. Verwendet jemand viele Prozentzahlen und kann dabei auch die Stellen hinter dem Komma exakt angeben, trägt das dazu bei, dass er einen kompetenten Eindruck vermittelt. Kommuniziert jemand sehr direkt und verwendet keine Füllwörter, wie ›vielleicht‹ oder ›eigentlich‹, glaubt man, er weiß, wovon er spricht. Macht jemand jedoch einen Flüchtigkeitsfehler, unterstellt man ihm schnell mangelnde Sorgfalt.
Mexikaner hingegen gebrauchen häufig Konjunktive und kommen durch ihren indirekten Kommunikationsstil nicht auf den Punkt, sondern machen viele Andeutungen. Ein klarer Standpunkt ist daher nicht immer erkennbar. Ungefähre Angaben reichen ihnen häufig aus und ein Flüchtigkeitsfehler wird problemlos verziehen. Beweist jemand im Gespräch oder in einer Präsentation Improvisationstalent, ist das für Mexikaner eine sehr positive Eigenschaft und kein Zeichen mangelnder Vorbereitung und Planung.
Störfaktoren
Der Eindruck des allgemeinen Durcheinanders wird weiter dadurch verstärkt, dass in mexikanischen Meetings oft gleichzeitig gesprochen wird. Es ist zudem üblich, dass Telefone klingeln, kurze Seitengespräche geführt werden oder jemand aus dem Besprechungsraum hinausgeht und wieder hereinkommt.
Redegewandt präsentieren
Wie Sie aus dem typischen Ablauf von Meetings schon erschließen können, liegt der Fokus einer Präsentation in Mexiko nicht ausschließlich auf der Vermittlung von Zahlen, Daten und Fakten.
Ein Präsentator wirkt kompetent, wenn er die Zuhörer auch emotional einbindet. Überzeugen Sie durch Redegewandtheit, eine bildhafte Sprache und ansteckende Begeisterung für Ihr Thema. Beantworten Sie aufkommende Fragen sofort und verweisen Sie besser nicht darauf, dass diese am Ende gestellt werden können.
Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn Mexikaner während Ihres Vortrags noch etwas anderes machen. Mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, ist in Mexiko üblich und keine Missbilligung oder Kritik an Ihrer Präsentation.
Kritikfreie Fragen stellen
Hören Sie einer mexikanischen Präsentation oder einem Vortrag zu, wird es der Redner gutheißen, wenn Sie Fragen stellen. Mit Hinweisen auf Fehler und Ungereimtheiten sollten Sie sich jedoch sehr zurückhalten. Durch Kritik in großer Runde verlieren der Präsentator und Sie selbst das Gesicht. Ihre gemeinsame Beziehung wird darunter leiden und die anderen Teilnehmer werden Ihre kritischen Worte ebenfalls missbilligen.
Sprechen Sie den Präsentator lieber im Anschluss unter vier Augen an und ›verpacken‹ Sie Ihre Kritik, indem Sie z. B. sagen: ›Ich bin nicht sicher, ob ich … richtig verstanden habe, aber …‹ oder ›Mir ist noch nicht ganz klar, wie …‹ anstatt ›Wie Sie das Problem lösen wollen, ist absolut unmöglich.‹
Autorin: Alexandra Metzger –Die Diplom-Kulturwirtin Alexandra Metzger fokussiert ihre interkulturellen Seminare auf den spanisch- und portugiesischsprachigen Raum. Die vielfältigen Erfahrungen in verschiedenen Arbeitsbranchen spiegelt sich in ihrem breitgefächerten Repertoire wider.