Die involvierten Personen sind wichtiger als die Sache selbst, was Deutschen oft schwerfällt, nachzuvollziehen. Ihre peruanischen Partner werden alles daransetzen, erst eine gute, auf Langfristigkeit ausgerichtete, persönliche Ebene und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, ehe sie sich geschäftlichen Themen nähern. Geschäftliche Verbindungen werden nur mit Personen eingegangen, mit denen man sich gut versteht. Zeigen Sie sich deshalb von Anfang an authentisch und offen.
Teil dieser Personenorientierung ist auch der Netzwerkgedanke. Gute Kontakte in der peruanischen Geschäftswelt zu haben und zu pflegen, ist wichtiger als man es von außen zu erkennen vermag. Bereits im Reich der Inka bildeten die Familieneinheiten (Ayllu) den Kern des peruanischen Gesellschaftssystems. Daraus resultierte eine auch heute noch bestehende kollektivistische Orientierung: Der Einzelne definiert sich über seine Gruppenzugehörigkeiten. Man hilft sich gegenseitig: „Heute für dich, morgen für mich.“ Auch werden Privates und Berufliches kaum voneinander getrennt und vermischen sich. Der für den Beziehungsaufbau so wichtige Small Talk kann daher durchaus auch einmal Fragen zum Privatleben umfassen. Besonders gut kommen persönliche Anekdoten und humorvolle Erzählungen an.
Indirekte, aber emotionsstarke Kommunikation
Ihre starke Orientierung an den Menschen selbst bringt einen eher indirekten Kommunikationsstil mit sich. Peruaner wollen ihr Gegenüber nicht durch harsche Worte verletzen. Daher kommen sie ohne Kritik und oft ohne ein direktes Nein aus. Sie verpacken und verschlüsseln ihre Nachrichten, um die Harmonie zwischen den Gesprächspartnern zu wahren. Der Kontext, in dem etwas gesagt wird, ist von entscheidender Bedeutung und muss mit einbezogen werden, um das in vorsichtigen Worten Ausgedrückte richtig zu interpretieren. Aus diesem Harmoniebedürfnis heraus ist es Peruanern auch wichtig, stets viel Positives zu sagen: Sie loben gerne und lassen sich gerne loben. Damit werden Empathie, Vertrauen und Wertschätzung ausgedrückt. Gäste und Geschäftspartner aus dem Ausland werden meist umgarnt und sehr gut betreut.
Tritt in der Projektzusammenarbeit ein Problem auf, wird keinem die Schuld zugewiesen. Anders als im deutschsprachigen Raum versucht man eher nicht, den Schuldigen auszumachen. Stattdessen heißt es relativ neutral: „Tenemos que arreglar este asunto.“ – „Wir sollten dieses Problem lösen.“ Der Betroffene interpretiert dann richtig: „Du hast dieses Problem verursacht, nun löse es.“
Auch wenn die Kommunikation indirekt verläuft, ist sie keinesfalls ruhig. Der Ausdruck von Emotionalität und eine starke Gestik sind bei Peruanern üblich. Sie lachen oft und zeigen viel Mimik. Außerdem sprechen sie für deutsche Ohren sehr schnell und viel und nutzen zahlreiche Floskeln. Gegenseitige Unterbrechungen kommen häufig vor, was keinesfalls als Respektlosigkeit oder Unhöflichkeit zu bewerten ist, sondern viel mehr als Zeichen von Interesse: „Das interessiert mich, deshalb frage ich gleich nach!“ Hinzu kommt viel Körperkontakt während eines Gesprächs, welcher Nähe und Vertrauen zum Ausdruck bringt – für Deutsche oft gewöhnungsbedürftig.
Starke, autoritäre Vorgesetzte
Peruaner sind am Arbeitsplatz eine starke vertikale Hierarchisierung gewohnt. Sie verlangen nach einer starken Führung und Autorität des Vorgesetzten. Die Beziehung zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten weist teils paternalistische Züge auf: Der Chef ist wie ein Vater, der sich um seine Mitarbeiter kümmert. Er bietet ihnen Schutz und Sicherheit. Im Gegenzug bringen sie ihm eine uneingeschränkte Loyalität und Gehorsamkeit entgegen. Peruanische Mitarbeiter erwarten daher explizite Vorgaben und Anweisungen. In Abhängigkeit von ihrer Stellung in der Hierarchie und der Unternehmensgröße übernehmen sie nur vergleichsweise wenig Verantwortung für das Ergebnis ihrer Arbeit. Die notwendigen Schritte zur Durchführung einer Tätigkeit müssen genau vorgegeben werden, da sie kaum selbstständige Entscheidungen treffen werden. Jeder Vorgesetzte übt als Teil seiner Führungsaufgabe eine starke Kontrollfunktion aus und trägt einen großen Teil der Verantwortung, was als positiv gesehen wird. Ihnen gebühren entsprechende Privilegien und Statussymbole.
Für Sie als ausländischer Geschäfts- und Verhandlungspartner spielt dieses starke hierarchische Gefüge insofern eine Rolle, als dass immer nur Partner der gleichen Ranghöhe miteinander an einem Tisch sitzen sollten. In deutschen Unternehmen wird es oft als sinnvoll erachtet, zu bestimmten Gesprächen oder Verhandlungen einen Fachexperten zu schicken. In Peru könnte es hingegen als Kränkung aufgefasst werden, wenn nicht der Chef oder Entscheider persönlich im Konferenzraum erscheinen.
Polychrone Zeitvorstellung
Peruaner weisen eine polychrone Zeitvorstellung auf, was bedeutet, dass sie ohne Schwierigkeiten mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen können. Hinzu kommt, dass sie sich stark an der Gegenwart orientieren, sie leben im Hier und Jetzt und messen dem Augenblick die größte Bedeutung zu. Planung ist für Peruaner daher nur mit einer groben Richtlinie gleichbedeutend, die der Orientierung dient und meist nur kurzfristig ausgelegt ist. Einmal aufgestellte Pläne können sich jederzeit verändern, genauso wie die gesetzten Prioritäten. Es gilt das Motto: „Die Zeit heute ist wichtig.“ Themen werden daher oft sehr pragmatisch angegangen und im Vordergrund steht nur die Frage, was genau jetzt in diesem Moment von Bedeutung ist. Interessant ist außerdem die meist ganzheitliche Betrachtung der Dinge, die Peruaner in der Projektarbeit an den Tag legen. Dabei werden mehrere Perspektiven parallel einbezogen, was aus deutscher Sicht schnell chaotisch und uneffektiv erscheinen mag. Ein Nachteil dieses Merkmals kann eine daraus resultierende opportunistische Einstellung sein, die sich durch die ständigen Wechsel und der damit verbundenen Unsicherheit ergibt.
Flexibilität ist alles
Peruaner gehen mit Regeln, Normen und Strukturen flexibel um. Dafür sind sie im Umgang mit Problemen und Hindernissen äußerst kreativ. Es wird improvisiert und für alles findet sich schnell eine Lösung. Peruaner sind außerdem sehr anpassungsfähig und reagieren schnell auf positive Anreize. Sie können widersprüchliche Wirklichkeiten sehr gut akzeptieren und damit umgehen.
Geschäftsessen und After Work
In der beziehungsorientierten peruanischen Geschäftskultur ist die Kontaktpflege das A und O. Informelle Beziehungen und Treffen sind wichtige Bestandteile des Business. Planen Sie daher immer genügend Zeit für ausgiebige Geschäftsessen, entweder am Mittag oder am Abend, und auch gemeinsame Aktivitäten am Wochenende ein. Wie bereits erwähnt werden in Peru Berufliches und Privates nicht strikt voneinander getrennt. Mit der Auswahl eines guten Restaurants wird dem Gast Wertschätzung entgegengebracht. Genießen Sie das Essen. Werden Sie keinesfalls ungeduldig, wenn Ihre peruanischen Gesprächspartner ausführlich Small Talk betreiben möchten. Die Rechnung übernimmt der Gastgeber. Sie sollten sich revanchieren, wenn Sie eingeladen wurden.
Autorin:Lilia Castillo de Rehn
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