Kulturelle Unterschiede Malaysia

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Die ethnische Mehrheit der rund 30 Millionen Einwohner Malysias stellen die Malaien, die dem Islam angehören. Etwas weniger als ein Viertel der Bevölkerung ist chinesischer Abstammung und buddhistischen Glaubens. Ca. 7% sind Inder, die wiederum fast alle Hindus oder Tamilen sind. Knapp über zehn Prozent sind indigenen Völkern zuzuordnen.

Während im politischen Leben bzw. öffentlichen Sektor die Malaien dominieren und viele Privilegien genießen, haben die Chinesen im malaysischen Business die Nase vorn. Die indische Bevölkerung ist überproportional stark in der Unterschicht vertreten, mit Ausnahme der zahlreichen indischen Händler, Ärzte und Anwälte.

Obwohl der Islam Staatsreligion ist, herrscht in Malaysia Religionsfreiheit, die im täglichen Leben deutlich zu spüren ist. Eine Vermischung der Kulturen und Religionen ist nur begrenzt zu beobachten, der Begriff „Parallelgesellschaften“ beschreibt das multikulturelle Zusammenleben in Malaysia treffender. Dazu hat in den letzten Jahren auch die identitätsstiftende Rückbesinnung der Malaien auf den Islam beigetragen. Man arbeitet miteinander, aber lebt nebeneinander, was durch den Gebrauch der Landessprache Bahasa Melayu während der Arbeitszeit und der eigenen Sprache im privaten Umfeld noch unterstrichen wird.

Geschäfte anbahnen

Wer als westlicher Ausländer in Malaysia neue Projekte starten möchte, sollte sich einen Grundsatz unbedingt einprägen: „Erst kommt das Essen, dann der Vertrag!“ Sowohl Malaien als auch Chinesen und Inder weisen eine hohe Beziehungsorientierung auf: Geschäfte macht man hier mit bekannten und nicht mit fremden Gesichtern. Eine gegenseitige Vertrauensbasis zu schaffen und bestehende Beziehungen langfristig zu hegen und zu pflegen, sind daher das A und O für den geschäftlichen Erfolg. Viele ausgiebige Geschäftsessen und persönliche Gespräche führen langsam und stetig hin zu einer geschäftlichen Kooperation. In Malaysia gibt es diesbezüglich keine Abkürzungen.

Um neue Geschäfte anzubahnen, kann es empfehlenswert sein, sich von einem einheimischen Kontakt empfehlen zu lassen. Der mitgegebene Vertrauensvorschuss öffnet ansonsten lange verschlossene Türen. Falls Sie über keine Kontakte vor Ort verfügen, ist ein Besuch bei der Handelskammer oder bei einem Business-Berater empfehlenswert.

Visitenkarten nicht vergessen!

Visitenkarten sind in Malaysia ein Muss und werden mit einem kleinen Ritual übergeben: Die Visitenkarte wird mit beiden Händen in Empfang genommen und auch mit beiden Händen überreicht. Beim Empfang der Karte wird eine leichte Verbeugung angedeutet und der Name des Gegenübers achtsam vorgelesen. Empfangene Visitenkarten sind unbedingt mit Respekt zu behandeln und sollten nicht einfach ungesehen in die Sakkotasche gleiten. Das sorgfältige Hineinlegen in ein teures Visitenkartenetui zeugt sehr viel mehr von dem nötigen Respekt, den man diesem Statussymbol entgegenbringen sollte.

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

Beim Aufbau von neuen Geschäftsbeziehungen in Malaysia kann das Überreichen von kleinen Geschenken den großen Unterschied machen. Bringen Sie zum Geschäftsbesuch kleine Mitbringsel aus Ihrer Heimat mit. Aber auch wenn Sie von familiären Ereignissen im Hause Ihres Geschäftspartners erfahren, bietet das einen guten Anlass, ein Präsent zu überreichen. Vor allem ein Dienstjubiläum, die Eröffnung eines neuen Standorts der Firma oder ein anderes Betriebsfest dürfen keinesfalls ignoriert werden.

Achtung: Wählen Sie die Geschenke je nach ethnischer Zugehörigkeit Ihrer malaysischen Geschäftspartner aus! Für muslimische Malaien keinen Alkohol, für Chinesen keine Geschenke mit falscher symbolischer Bedeutung: Taschenmesser zerschneiden das Freundschaftsband, Uhren werden mit dem herannahenden Tod in Verbindung gebracht, ungerade Zahlen bringen Unglück ( vor allem bei Geldgeschenken, die bei Familienfesten gerne gesehen sind). Inder freuen sich über farbenfrohe Geschenke, aber auch über Geldbeträge (ungerade Beträge!). Chinesen und Indern übergibt man das Geschenk bei der Ankunft, es wird jedoch erst später geöffnet. Malaien erwarten ein Gastgeschenk erst bei Ihrer Abreise.

Machen Sie häufig kleine Geschenke, um damit die Beziehung weiter zu fördern. Vermeiden Sie jedoch große Präsente, vor allem unmittelbar vor einer Auftragsvergabe oder Vertragsunterzeichnung. Denn dies könnte auch in Malaysia als Bestechungsversuch interpretiert werden.

Kommunikation – indirekt und harmonieorientiert

Ob malaiischer, chinesischer oder indischer Abstammung, wie alle Asiaten bevorzugen Malaysier eine zurückhaltende, indirekte Kommunikation. Vieles wird umschrieben und vorsichtig angedeutet, um das Gegenüber nicht mit zu harschen Worten vor den Kopf zu stoßen. Mit Hilfe vieler Kontextfaktoren lassen sich einzelne Informationen wie ein Mosaik zusammenzufügen. Negative Dinge oder Kritikpunkte werden freundlich und positiv verpackt. Oft fällt es Deutschen daher schwer, die unterschwellige Kritik herauszuhören. Unsere deutsche Art, alles offen anzusprechen, um konstruktiv zur Verbesserung der Situation beizutragen und Klarheit zu schaffen, ruft hingegen in Malaysia schnell Befremden und Unsicherheit hervor.

Eine kritische Diskussion, bei der alle um das bestmögliche Ergebnis ringen, ist hier unvorstellbar. Seine eigene Meinung zu vertreten, konträre Argumente vorzubringen liegt den meisten Malaysiern fern. Meetings dienen in Malaysia daher rein der Information und weniger der Diskussion. Auch Meetings zum Zwecke des gemeinsamen Brainstormings führen hier zu Irritationen.

Vor allem das Gefühl der Unterlegenheit trifft die meisten für uns unvorstellbar hart. Aufgrund der Kolonialgeschichte reagieren Malaysier auf Besserwisserei westlicher Besucher oft sehr empfindlich. Deutsche Geschäftsleute sollten daher ganz besonders darauf achten, nicht alles nach westlichen Maßstäben zu bewerten und zu kommentieren, was man alles anders machen könnte.

Denken Sie stets daran, dass in Malaysia die Harmonie über allem steht. Viele Dinge werden hier nicht infrage gestellt, um das Wohl der Gemeinschaft nicht zu gefährden. Vermeiden Sie zudem alle Themen, die zwangsläufig zur Kollision gegensätzlicher Meinungen führen können. Politik und Religion sollten Sie im Business außen vor lassen.

Mit Bedacht verhandeln

So lautet auch in schwierigen Verhandlungsgesprächen der Grundsatz Nummer eins: Ruhe bewahren. Sprechen Sie freundlich und zurückhaltend. Wer sich im Ton vergreift, verliert sein Gesicht – und die Verhandlung. Mit solch einem unreifen Partner möchte man in Malaysia keine Geschäfte machen.

Stocken die Verhandlungsgespräche, lässt sich dies nur über die Beziehungsebene lösen. Die Beziehung zwischen den Verhandlungspartnern ist die Basis. Stimmt die Beziehung nicht, kommt es auch zu keinem Geschäft. Statt also eine Meinungsverschiedenheit auszudiskutieren, ist es besser, das Thema zu wechseln und etwas für die Beziehungsebene zu tun – beispielsweise gemeinsam Essen gehen oder Golf spielen. In schwerwiegenden Fällen ist es hilfreich, einen ranghöheren Vermittler einzuschalten, ehe zu viel Schaden angerichtet wird, der nicht mehr behoben werden kann.

Eine tragfähige Vertrauensbasis schützt in Malaysia sehr viel mehr vor Verlusten als ein juristisch ausgetüfftelter Vertrag. Sammeln Sie alle Informationen über Ihren Verhandlungspartner und sein Unternehmen, um diese im Verhandlungsgespräch positiv und gewinnbringend einzusetzen. Stellen Sie sicher, dass Sie mit den richtigen Entscheidungsträgern am Tisch sitzen. Pflegen Sie diese persönliche Beziehung langfristig und regelmäßig, und nicht nur dann, wenn ein neues Vertragsgespräch ansteht. Zeigen Sie vor Ort Präsenz, nur dann verfügen Sie über alle notwendigen Informationen und werden am Verhandlungstisch Ihre Ziele erreichen.

Hierarchien beachten

Malaysische Unternehmen sind stark hierarchisiert. Zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern besteht eine hohe Machtdistanz, aber auch ein enges, loyales Verhältnis. Der Chef folgt seiner moralischen Verpflichtung, sich intensiv um seine Mitarbeiter zu kümmern. Dazu zählt, genaue Arbeitsanweisungen zu geben, die geleistete Arbeit zu beaufsichtigen und zu kontrollieren, jederzeit für Fragen bereitzustehen und sich generell um das Wohl jedes Einzelnen zu sorgen. Diese Fürsorge erstreckt sich bis ins Privatleben hinein, sodass der Chef auch auf Familienfeiern ein gerne gesehener Gast ist.

Im Gegenzug bringen ihm seine Mitarbeiter eine uneingeschränkte Loyalität entgegen. Seine Entscheidungen werden nicht hinterfragt, seine Position wird nicht herausgefordert. Die Machtunterschiede im Unternehmen werden akzeptiert, jeder fügt sich ins fein gefächerte Machtgefüge ein. Die Verantwortung wird nach oben abgegeben.

Bei der Zusammenarbeit mit malaysischen Unternehmen, sollten Sie sich stets darüber im Klaren sein, wer wem untergeordnet ist. Es ist durchaus üblich, bei Projektstart um ein Organigramm zu bitten. Richten Sie Fragen und Aufgaben an die richtige Person und bedenken Sie, dass malaysische Mitarbeiter mit zu viel Handlungs- und Entscheidungsspielraum meist nicht umgehen können und wollen. Der Chef soll den Ton angeben.

Planung versus Improvisationstalent

Auch mit der deutschen Planungsgenauigkeit können Malaysier häufig wenig anfangen, unterscheidet sich diese doch maßgeblich von ihrem gewohnten Arbeitsstil. In malaysischen Unternehmen geht man die Dinge direkt und ohne lange Konzeptionsphase an. Auf Unwägsamkeiten reagiert man spontan, mit etwas Improvisationstalent lassen sich fast alle Hürden nehmen. Genaue Deadlines werden selten gesetzt und Begriffe wie „dringend“ oder „kurzfristig“ sind reine Interpretationssache.

Der große Vorteil dieses lockeren Arbeisstils ist, dass meist mehrere Projekte gleichzeitig gestemmt werden, es wenig Leerlauf gibt und die Mitarbeiter aktiver bei der Sache sind – sofern sie regelmäßig Feedback und Motivation durch ihren Chef erfahren.

Betriebsklima ist Motivationsfaktor

Das Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter wie auch zwischen den Mitarbeitern selbst ist in Malaysia neben finanziellen Anreizen der wichtigste Motivationsfaktor. Die Identifikation mit dem Unternehmen und die darauf basierende Arbeitsbereitschaft ist hier oft viel höher als dies in Deutschland überhaupt vorstellbar wäre. Vor allem wenn die Fürsorge des Chefs – auch in finanzieller Hinsicht – nichts zu wünschen übrig lässt, arbeiten Malaysier sehr gerne für ihr Unternehmen. Bietet jedoch ein anderer Chef deutlich mehr Fürsorge, in jeglicher Hinsicht, wird der Job oder das Unternehmen auch schnell gewechselt.

Gemeinsam frühstücken, Mittag und Abendessen gehören in vielen Büros zum Alltag und dehnen den Arbeitstag entsprechend lange aus. Nicht selten werden geschäftliche Themen beim Essen besprochen. Auch die Freizeit verbringen viele hauptsächlich mit ihren Kollegen, große Unternehmen bieten meist diverse Sport- und Freizeitaktivitäten an.

Eine Vermischung zwischen Berufs- und Privatleben ist in Malaysia normal und sollte auch von ausländischen Kollegen und Arbeitgebern beherzigt werden. Vielerorts lässt sich jedoch beobachten, dass gemeinsame Mahlzeiten und Freizeitgestaltung entlang ethnischer Grenzen stattfinden. Zwar arbeiten alle friedlich zusammen, gegessen wird aber nur mit Kollegen gleicher Abstammung – und damit verbunden – gleichen kulinarischen Vorlieben und gleicher Sprache.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der crossculture academy

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