Interkultureller Messeguide – Teil 1: Planung und Vorbereitung

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Eine Messe ist zweifellos immer ein wichtiger Auftritt für ein Unternehmen. Doch während die Teilnahme an verschiedenen nationalen oder auch kleineren Messen für die meisten Unternehmen zur jährlichen Marketingplanung gehört, ist der erste Auftritt auf einer internationalen Messe, die im Ausland stattfindet, für viele eine große Herausforderung und Chance zugleich: Es bietet sich die Möglichkeit, ein persönliches Verhältnis zu potenziellen Kunden oder Geschäftspartnern aus dem Ausland aufzubauen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass Sie ohne eine gute Vorbereitung womöglich einen eher negativen Eindruck hinterlassen und somit das Messeziel verfehlen – von den entstandenen Unkosten ganz zu schweigen.

Die nachfolgenden Fragen und Punkte sollen Sie bei der erfolgreichen Planung und Vorbereitung Ihrer internationalen Messeaktivitäten unterstützen.

Einladung: schriftlich oder mündlich?

Sollte die Einladung Ihrer potenziellen Kunden und Partner zur Messe schriftlich oder mündlich erfolgen? Diese Frage mag Ihnen auf den ersten Blick banal erscheinen, sie ist jedoch keineswegs immer einfach zu beantworten.

In Russland zum Beispiel sollten Sie potenzielle Kunden, die Sie also noch nicht so gut kennen, bereits frühzeitig schriftlich einladen, dann noch einmal eine Erinnerung nachschicken und schließlich persönlich nachtelefonieren. Kennen Sie einen Geschäftskontakt gut, sollten Sie ihn zunächst anrufen und persönlich einladen, um dann eine schriftliche Einladung folgen zu lassen. In Deutschland hingegen reicht auch manchmal nur ein Telefonanruf oder eine E-Mail.

Wie auch immer: Sie sollten wissen, wie man im jeweiligen Zielland Kunden angemessen zu einer Messe einlädt – und natürlich auch Gesprächstermine vereinbart.

Wie ist Ihr Messestand aufgebaut?

Ein Messestand, der für eine deutsche Messe gut geeignet ist, erfüllt nicht immer die notwendigen Kriterien einer internationalen Messe. Bildet er zum Beispiel eine Einheit oder ist er geteilt? Letzteres kann in Asien ein Nachteil sein, da Sie hier als guter Gastgeber verpflichtet sind, den jeweiligen Besucher persönlich zum anderen Standbereich zu begleiten.

In anderen Ländern wie Russland hingegen sollte Ihr Stand sehr hochwertig wirken. Dies signalisiert dem russischen Messepublikum, dass Ihr Unternehmen erfolgreich und vermögend ist.

Wirkt Ihr Stand einladend?

Was für deutsche Messebesucher einladend wirkt, muss in anderen Kulturen noch lang nicht denselben Effekt erzielen. So hatte ein deutsches Unternehmen beispielsweise auf einer Messe in Japan einen leicht erhöhten Stand mit Parkettfußboden und zwei kleinen Stufen aufgebaut, die in das Standesinnere führten.

Nach deutschem Maßstab sieht das sehr einladend aus – die japanischen Messebesucher blieben dem Stand aber eher fern. Der Grund: Wenn man in Japan einen Raum über Stufen betritt, zieht man zuerst seine Schuhe aus. Aber wer möchte sich auf einer Messe gerne die Schuhe ausziehen?

Welche Sitzgelegenheiten sind geeignet?

Gibt es genügend Sitzgelegenheiten und sind diese im wahrsten Sinne des Wortes auch für Besucher der entsprechenden Zielkultur passend? So sind zum Beispiel ein Stehtisch oder Tresen samt Barhockern in europäischer Standardhöhe für viele Asiaten zu hoch.

Entspricht die technische Ausstattung dem Standard?

Auch wenn Deutschland als Land der Technik gilt, ist Hightech bei deutschen Messeständen noch längst kein geforderter Standard. In asiatischen Ländern und in Nordeuropa, aber auch in Russland ist dies anders. State oft the art Technologie gehört dort unter anderem zum absoluten Standard, alles andere wirkt altbacken.

Wie ist Ihr Prospektmaterial gestaltet?

Richtig. Das Prospektmaterial sollte in Englisch, besser noch in der Landessprache oder mehrsprachig verfügbar sein. Achten Sie aber auch darauf, dass es in Aufbau, Form und Anmutung den Konventionen des jeweiligen Landes entspricht. Dazu gehört beispielsweise, dass je nach Produkt auf den Bildern Einheimische und eine lokale Umgebung zu sehen sind.

Welche Rolle spielen Farben?

Prinzipiell hängt die Farbgebung Ihres Standes und Ihres Werbematerials natürlich auch von Ihrer corporate identity und den Produkten Ihres Unternehmens ab. Haben Sie allerdings die Wahl, sollten Sie unbedingt auf die Bedeutung achten, die einzelne Farben in anderen Ländern haben: So wird die Farbe Rot in Korea etwa mit Blut und Tod in Verbindung gebracht, in China hingegen gilt sie als Glücksfarbe. Und während Weiß in Deutschland eher sauber und neutral wirkt, steht es in Asien generell für Trauer.

Wie sollten Produktbezeichnungen und Slogans gestaltet sein?

Vorsicht ist auch bei der Verwendung von Bezeichnungen und Slogans im internationalen Kontext geboten! Was in Deutschland funktioniert, kann woanders im schlimmsten Fall sogar den gegenteiligen Effekt haben. Ein Beispiel hierfür ist das frühere Modell „Uno“ des italienischen Autoherstellers Fiat. Während in Italien „uno“ einfach „eins“ bedeutet, steht das Wort im Finnischen für „Trottel“ – wer möchte schon mit solch einem Auto umherfahren?

Wie sollten Visitenkarten gestaltet sein?

Kalkulieren Sie vorab, wie viele Visitenkartenboxen Sie benötigen und wo Sie sie am Messestand aufstellen sollten. Generell sollten Sie immer genügend Visitenkarten vorrätig haben. Die Entschuldigung: „Leider habe ich keine Visitenkarten mehr“, mag am letzten Messetag für deutsche Geschäftsleute gerade noch akzeptabel sein, in anderen Kulturen wirkt dies jedoch extrem unprofessionell.

Denken Sie an zweisprachige Visitenkarten. Vielerorts ist es wichtig, nicht nur englischsprachige Visitenkarten zu haben, sondern sie sollten in Englisch und in der jeweiligen Landessprache verfasst sein.

Machen Sie sich auch Gedanken über die Optik Ihrer Visitenkarten: In Deutschland werden Visitenkarten gerne individuell gestaltet, in anderen Kulturen wie etwa in Japan sind die Karten eher genormt, in manchen Ländern Osteuropas wiederum wird ein möglichst prunkvolles Design bevorzugt.

Visitenkarten haben in anderen Kulturen häufig einen anderen Stellenwert als in Deutschland. In vielen hierarchieorientierten Kulturen sind sie nicht nur Träger der Kontaktinformationen, sondern repräsentieren in erster Linie den Status einer Person.

Das hat zur Folge, dass auch Personal, das in der Hierarchie eher unten angesiedelt ist, einen wichtig klingenden Titel auf der Visitenkarte stehen hat. Sie müssen also bei der Wahl einer international funktionierenden Bezeichnung entsprechend hochstapeln und gleichzeitig signalisieren, welche Entscheidungsbefugnis Sie tatsächlich haben, sonst werden lokale Entscheidungsträger vielleicht nicht mit Ihnen sprechen wollen.

Dresscode: Welche Kleidung ist angemessen?

Die Kleiderfrage variiert stark, je nachdem, in welchem kulturellen Raum Sie sich befinden. Während die Richtlinien in Deutschland nicht zu streng sind, sollten Sie sich in Bezug auf andere Länder vorab sehr genau informieren. So sollten z.B. in Asien Frauen ihre Haare ab Schulterlänge nicht mehr offen tragen, und es gilt für beide Geschlechter ein konservativer Dresscode, also Kostüm oder Anzug, gedeckte Farbtöne und ja nicht zu auffällig!

Welche Give-aways sind gefragt?

Auch hier sollten Sie sich im Vorfeld Gedanken machen: Welche Geschenke sind in der jeweiligen Geschäftskultur passend? Müssen Sie die Give-aways vielleicht sogar verpacken? Und wann und wie sollten Sie sie übergeben?

Grundsätzlich gilt: Geschenke mit Bezug zum eigenen Heimatland werden überall geschätzt. Allerdings müssen Sie darauf achten, ob Ihr Geschenk dem Geschmack der jeweiligen internationalen Besucher entspricht – oder ob es nicht im schlimmsten Fall sogar gegen lokale Sitten und Traditionen verstößt?

Ein Schweizer Taschenmesser für Chinesen? Schöne Idee, doch leider bedeutet in China ein geschenktes Messer, dass man dem Beschenkten den Lebensfaden abschneiden möchte.

Pralinen aus deutscher Herstellung für arabische Kunden? Klingt gut, allerdings nur, wenn die Leckereien keinen Alkohol enthalten. Und ein russischer Messebesucher freut sich über ein Magnettäfelchen, das man zu Hause an den Kühlschrank heften kann – wer hätte das gedacht!

Welche Speisen sollten Sie anbieten?

Welche Speisen und Getränke sollten Sie an Ihrem Messestand anbieten? Dass bei einem Inder etwa Rindfleisch ebenso unangebracht ist wie bei einem Moslem Schweinefleisch ist hierbei natürlich ebenso relevant wie der Umstand, dass man einem chinesischen Gast nicht unbedingt ein Stück Fleisch als Ganzes servieren sollte, da dieser normalerweise beim Essen kein Messer gebraucht. Vielerorts fahren Sie am besten, wenn Sie überhaupt kein Schweine- oder Rindfleisch anbieten, schließlich sieht man niemanden seine Religion an. Die Veranstalter großer Messen bieten aber in der Regel ohnehin ein passendes Catering an, womit Sie auf jeden Fall auf der sicheren Seite wären.

Achten Sie dennoch auf religiöse Aspekte des Gastlandes. Könnte vielleicht gerade der islamische Fastenmonat Ramadan sein? Und sollte dies der Fall sein, was ist dann geboten? Bereits ein Wasser anzubieten wäre nämlich eine grobe Unhöflichkeit, andererseits kann das Fasten auf einer Geschäftsreise auch unterbrochen werden. Fragen Sie deshalb im Zweifel einfach nach: „Are you fasting?“ – „Fasten Sie?“ Damit zeigen Sie, dass Sie sich der Tatsache bewusst sind, dass gerade Ramadan ist, und kommen nicht in die Verlegenheit unhöflich zu sein, weil Sie nichts anbieten. Aber Achtung: Trinkt ein Gast nichts, sollten Sie das als Gastgeber aus gebotener Höflichkeit ebenfalls nicht tun! Bereiten Sie Ihr Standpersonal auf solche Umstände vor.

Bei Getränken sollten Sie übrigens vorher ebenfalls Informationen einholen, was bei einer Messe im jeweiligen Land üblicherweise angeboten wird.

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Über den Autor

Steffen Henkel

Geschäftsführender Gesellschafter der crossculture academy

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