Dass Kommunikation nicht nur aus der Übertragung von Informationen besteht, sondern auch Emotionen, Vorstellungen, Meinungen und Appelle an das Verhalten des anderen enthalten kann, hat Karl Bühler bereits in den Dreißigerjahren in einem Kommunikationsmodell dargestellt. Dieses Modell wurde in den Siebzigern von dem Sprachphilosophen Paul Watzlawick ausgebaut und schließlich von dem renommierten Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun weiter vertieft und bekannt gemacht. Demzufolge hat jede Mitteilung, die wir von unserem Gesprächspartner empfangen oder selbst senden, vier Seiten:
1. Eine Sachebene, auf der wir unserem Gegenüber eine Information mitteilen. 2. Eine Aufforderung, mit der wir etwas erreichen möchten. Das kann eine Bitte, ein gut gemeinter Rat, eine Mahnung oder auch ein Appell sein. 3. Eine Beziehungsebene, denn durch die Art und Weise wie wir etwas sagen, zeigen wir immer auch, wie wir zu dem anderen stehen. 4. Eine Selbstaussage, denn in jeder Mitteilung sagen wir immer auch etwas über uns selbst aus, z. B. zeigen wir unsere Gefühle, Meinung, Haltung etc.
Wenn bei einer gemeinsamen Autofahrt der Beifahrer zum Fahrer sagt: „Du, da vorne ist grün.“ enthält diese Mitteilung folgende Informationen:
1. Sachinhalt: Die Ampel zeigt grün. 2. Aufforderung: Gib Gas! Sieh zu, dass du die Ampel noch schaffst. 3. Beziehung: Du benötigst beim Fahren meine Hilfestellung. 4. Selbstaussage: Ich habe es eilig. Ich bezweifele, dass wir so rechtzeitig ankommen.
Die vier Seiten einer Botschaft können immer unterschiedlich stark ausgeprägt sein, was wir in unseren Reaktionsmöglichkeiten während eines Gesprächs stets berücksichtigen sollten. So haben wir die Wahl, entweder näher auf die Sachinformation einzugehen, der Aufforderung nachzukommen, auf die Beziehungsaussage zu reagieren oder die Selbstaussage des anderen in den Vordergrund zu stellen.
Botschaften werden unterschiedlich entschlüsselt
Vor diesem Hintergrund lässt sich Kommunikation auch als Vermittlung von Bedeutungen definieren. Der Sender verschlüsselt seine Botschaft, der Empfänger entschlüsselt sie, je nachdem, wie er sie versteht. Eine erfolgreiche Kommunikation ist erst dann zustande gekommen, wenn die Botschaft vom Empfänger auch so aufgefasst worden ist, wie sie vom Sender gemeint war.
Menschen aus unterschiedlichen Kulturen
Bei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen kann es noch schneller zu Verständigungsschwierigkeiten kommen. Denn die nonverbale Ausdrucksweise als Teil der Beziehungsebene durch Blickkontakt, Stimmvolumen, Intonation, Gestik, Sprechpausen und -geschwindigkeit, Lachen, Mimik, Körperdistanz und vieles andere mehr wird vom Gegenüber oft falsch interpretiert, weil er seinen eigenen kulturell geprägten Erfahrungshintergrund besitzt, der sich deutlich von dem seines Gesprächspartners unterscheiden kann.
Während eines Auslandsaufenthalts sollten Sie sich daher mit den kulturspezifischen Merkmalen der Kommunikation im Gastland näher beschäftigen und sich die folgenden Fragen beantworten:
Welche Gesten werden häufig verwendet? Bedeuten Kopfschütteln, Nicken, Augenbrauen hochziehen etc. das gleiche wie in Deutschland?
Wie verläuft die Abwechslung in der Gesprächsfolge? Gibt es Pausen, ehe der nächste zu sprechen anfängt, oder reden die Teilnehmer einer Unterhaltung zeitweise parallel, ehe der nächste ganz übernimmt?
Wie schnell ist das Gesprächstempo? Wird eher laut oder leise gesprochen?
Wird während des Sprechens eine expressive Gestik angewandt? Oder wird nur vergleichsweise wenig des Gesagten mit Körpersprache unterstrichen?
Wie nahe stehen sich die Gesprächspartner einander gegenüber?
Ist der Blickkontakt während eines Gesprächs intensiv?
Wie direkt oder indirekt werden Sachverhalten ausgedrückt?
Klare Gesprächsziele definieren
Einige einfache Gesprächsregeln können eine Unterhaltung in jedem Kontext deutlich verbessern. Oberstes Gebot für eine erfolgreiche Gesprächsführung ist, die eigenen Gesprächsziele zu kennen. Ist dies nicht der Fall, kann es schnell passieren, dass die Gesprächspartner wieder auseinander gehen, ohne ein wirkliches Ergebnis erzielt zu haben. Achten Sie jedoch darauf, Ihre Ziele möglichst positiv und vor allem klar verständlich zu formulieren.
Das eigene Gesprächsverhalten beobachten
Eine andere Form der Vorarbeit für eine gute Kommunikation ist, das eigene Gesprächsverhalten besser kennenzulernen. Beobachten Sie in verschiedenen Gesprächssituationen genau, wann Ihre Antworten wertend, ungeduldig, nachforschend, zurückhaltend, interpretativ oder verständnisvoll sind. Schauen Sie genau hin, welche Annahmen und persönliche Vorstellungen Sie dem beifügen, was Sie von Ihrem Gesprächspartner hören und ob Sie ihn möglicherweise zu etwas drängen. Wie gestaltet sich Ihre nonverbale Kommunikation? Wie ist Ihre Körperhaltung?
Richtig zuhören und Feedback geben
Genauso wichtig für den Gesprächserfolg ist das richtige Zuhören. Bei einem „umschreibenden Zuhören“ wiederholen Sie das Gesagte Ihres Gegenübers mit Ihren eigenen Worten. Damit signalisieren Sie, dass Sie das Wesentliche der Aussage erfasst haben. Außerdem vermeiden Sie Missverständnisse oder stellen am ehesten Übereinstimmung her.
Einen Schritt weiter geht das „aktive Zuhören“: Dabei achten Sie nicht nur darauf, was Ihr Gesprächspartner sagt, sondern auch, wie er es sagt. Gefühle, Hoffnungen und Wünsche werden meist nicht direkt formuliert, sondern schwingen in verbalen Äußerungen mit. Bestätigen Sie, dass Sie diese unterschwelligen Signale verstanden haben, indem Sie Formulierungen wie „Sie befürchten jetzt, dass…“ „Sie ärgern sich, weil…“ „Sie sind noch unentschieden, ob…“ verwenden. Sie werden sehen, dass es die meisten Menschen als wahre Wohltat empfinden, wenn sie merken, dass ihnen ernsthaft zugehört wird. Auf diese Weise können Sie auch mögliche interkulturelle Missverständnisse schneller aufdecken.
Kommunikation kann manchmal schwierig sein – insbesondere im Ausland. Wer sich jedoch einmal mit seinem persönlichen Gesprächsstil auseinander gesetzt hat und sich aktiv bemüht, die Botschaften seines Gesprächspartners auch wirklich so zu verstehen, wie sie gemeint sind, kann dazu beitragen, dass die Kommunikation für beide Seiten angenehmer verläuft und die Gesprächsziele besser erreicht werden. Vor allem wird in einem guten kommunikativen Verhalten immer auch die Wertschätzung für den Gesprächspartner ausgedrückt – und das wird in jedem Land dieser Erde sofort verstanden.
Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.
Literatur: Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden 1, rororo Verlag
Diesen Beitrag teilen:
Wir freuen uns auf Sie!
Fragen Sie jetzt bei unseren interkulturellen Experten an:
• Interkulturelle Trainings
• Interkulturelle E-Learning-Kurse
• Global Mobility Plattform
• …
Auf Grund im persönlichen regionalen Umfeld erworbenen Annahmen und Vorstellungen kann es bei Begegnungen von Menschen aus zwei Kulturkreisen leicht zu Verständnisschwierigkeiten kommen. Mit Hilfe von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem Bereich der interkulturellen Kommunikation sollen Menschen lernen, sich über diese möglichen Unterschiede bewusst zu werden. Von Bedeutung ist dabei, dass es zur menschlichen Natur gehört, […]
Tipp 1: Lernen Sie die Teammitglieder persönlich kennen und gleichen Sie Ihre Erwartungen in einem Kick-Off-Meeting ab! Gehen Sie nicht davon aus, dass in der “globalen Unternehmenskultur” alle dieselben Vorgehensweisen haben! Auch wenn es internationale Standards gibt, unterscheiden sich Ihre TeamkollegInnen wahrscheinlich in Dingen von Ihnen, an die Sie noch gar nicht gedacht haben: in […]
Beschäftigen Sie sich schon ein wenig länger mit dem Thema interkulturelle Kommunikation, sind Ihnen sicherlich schon einige bildhafte Vergleiche begegnet, um kulturelle Unterschiede zwischen Menschen zu beschreiben. Da gibt es beispielsweise das Eisberg-Modell, welches sichtbare und unsichtbare kulturelle Merkmale abbildet. Sichtbar oberhalb der Wasseroberfläche bilden Verhalten, Kommunikation und Umgangsformen die Spitze des Eisbergs. Unterhalb der […]
Langfristig besser für die allgemeine Arbeitsatmosphäre ist es, einen schwelenden Konflikt sachlich auf den Tisch zu bringen. Aus deutscher Sicht empfiehlt es sich, dazu mit dem oder den betroffenen Kollegen ein klärendes Gespräch zu führen. Statt einfach loszupoltern gilt es, persönliche Eindrücke und Empfindungen zu schildern und aufmerksam zuzuhören, wenn die andere Seite ihre Sicht […]
Login
Kulturelle Integration von Mitarbeitern
„Code of Excellence“ – 10 Monate, 6 Länder, 30 Trainings, 185 Mitarbeiter – Ergebnis: Ein international zusammengesetztes Team arbeitet erfolgreich und wertschätzend zusammen.
Wir wünschen Ihnen viele gute Erkenntnisse beim Lesen und stehen natürlich gerne für einen
Austausch oder Fragen zur Verfügung.
Diese Unternehmen vertrauen bereits auf die crossculture academy