Wichtigste Grundlage der Projektzusammenarbeit ist in England eine hohe Kompromissfähigkeit. Darauf basiert auch die große Liebe der Engländer, für alle Anlässe ein Komittee mit diversen Unterkomittees zu gründen, die sich gemeinsam einer (Teil)Aufgabe widmen. In kleinen Gruppen wird jeder gehört, die Konsenssuche vereinfacht sich. Die gefundenen Kompromisse werden eine Ebene höher getragen. Disharmonie wird hingegen am meisten gefürchtet. Meetings zur Konsenssuche können in unendlicher Menge abgehalten werden – sowohl lange im Voraus geplante mit umfassender Tagesordnung wie auch kurzfristig eingeschobene.
Meinungsverschiedenheiten werden in Projektmeetings immer nur sehr vorsichtig ausgetragen. In der praktischen Konsequenz heißt das: Die Ansicht seines Vorredners erst einmal ausreichend zu würdigen, bevor man selbst den ein oder anderen gegensätzlichen Punkt einbringt. Ziel der Diskussion ist stets, einen Konsens zu finden, der alle zufrieden stellt. Dieses unbedingte Kompromissstreben kann ab und an aber auch einmal zu einer gewissen Inkonsequenz verleiten. Die Einigung zwischen allen Beteiligten wiegt in der englischen Geschäftskultur einfach mehr als das suboptimale Ergebnis.
Kompromisse tolerieren
Um auch mit vermeintlich schlechten Kompromissen leben zu können, benötigt man eine hohe Toleranzfähigkeit. Daran mangelt es den Engländern keinesfalls. Bekannt für ihre Spleens oder Exzentrik können sie nicht nur die verrücktesten Modetrends, verschiedensten Lebensformen oder auch einfach nur die geistige Verwirrtheit eines Mitmenschen mit stoischer Gelassenheit hinnehmen. Auch Dinge, die nicht so laufen, wie das ursprünglich geplant war, werden mit einer gewissen Leichtigkeit toleriert. Bei der gemeinsamen Projektarbeit zwischen Deutschen und Engländern heißt das, dass die Deutschen sehr viel weniger zu akzeptieren bereit sind als die Engländer, was auf beiden Seiten zu Verärgerung führen kann. Für Deutsche gilt, sich immer wieder auf die Suche nach dem Konsens zu begeben und ihre Toleranzfähigkeit zu trainieren.
In die gemeinsame Projektarbeit spielt auch der typisch englische Pragmatismus mit hinein. Oberstes Gebot ist, sich nicht mit Nebensächlichkeiten aufzuhalten. Daher sind die Deutschen bei den Engländern zwar einerseits wegen ihrer hohen Sachorientierung sehr beliebt, andererseits wirken sie ihnen aber häufig einfach zu detailverliebt, wenn sie bei jedem Treffen gleich alle Fakten, Daten und Hintergründe präsentieren und stets eine ausführliche Planung anstreben. In England reagiert man lieber flexibel und ändert die Dinge eben ab, wenn dies notwendig wird.
Englische Teams führen
In englischen Unternehmen hat ein Manager oder Teamleiter eine Vorbildfunktion inne. Es wird von ihm erwartet, dass er seine Mitarbeiter mit Respekt behandelt. Er sollte zugänglich, stets vorbereitet, handlungsfähig und gut informiert sein. Auch in kritischen Situationen gilt es, sachlich zu bleiben und nicht emotional zu reagieren. Eine direkte Konfrontation und das Ausüben von Druck sollten ebenfalls vermieden werden – solch ein Verhalten sorgt für Feindseligkeit.
Die Kommunikation zwischen Teamleiter und Mitarbeitern ist in der Regel zurückhaltend. Anweisungen werden als äußerst freundliche Aufforderungen und oftmals als höfliche Frage oder auch als Wahlmöglichkeit getarnt gegeben. Englische Manager sind stets bestrebt, ihre Mitarbeiter zu überzeugen und sie für eine Sache „zu gewinnen“.
Gegenüber Mitarbeitern besteht eine wertschätzende Haltung. Deshalb wird ein Manager oder Teamleiter seine Mitarbeiter nach ihrer Meinung fragen und sie in Entscheidungsprozesse einbinden. Ein Führungsstil, bei dem der Chef alleine und ohne Rücksicht auf andere entscheidet, kommt in englischen Unternehmen so gut wie nicht vor.
Dennoch spiegelt sich in der Projektarbeit auch die funktionale Hierarchisierung englischer Unternehmen wider. Jeder Mitarbeiter hat eine genaue Stellenbeschreibung und konzentriert sich vornehmlich auf seine Aufgaben. Von Vorgesetzten werden genaue Anweisungen und eine regelmäßige Beurteilung der Leistungen erwartet.
Genau zuhören
Eine wesentliche Rolle in der Teamführung spielt das genaue Zuhören. Englische Mitarbeiter stellen ihr berufliches Know-how selten in den Vordergrund. Unternommene Anstrengungen, um eine Aufgabe zu erfüllen, lassen sie sich keinesfalls anmerken. Weiß ein englischer Mitarbeiter beispielsweise etwas besser als seine Kollegen, wird er nur ganz bescheiden darauf hinweisen. Auf die Fehler anderer hinzuweisen, verkneifen sich die meisten. Kritik wird ohnehin nur sehr indirekt und äußerst sparsam geäußert. Daher gilt es, Kompetenzen der Teammitglieder genau zu eruieren und Aufgaben gekonnt zu verteilen.
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Katrin Koll Prakoonwit
Katrin Koll Prakoonwit ist eine Frau der Sprache – und arbeitet sowohl mit Medien und im Content-Management. Sie baute eine Plattform auf, in welcher sie interkulturelle Zusammenarbeit zum Kernthema hatte.
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