Tipp 1: Lernen Sie die Teammitglieder persönlich kennen und gleichen Sie Ihre Erwartungen in einem Kick-Off-Meeting ab!
Gehen Sie nicht davon aus, dass in der “globalen Unternehmenskultur” alle dieselben Vorgehensweisen haben! Auch wenn es internationale Standards gibt, unterscheiden sich Ihre TeamkollegInnen wahrscheinlich in Dingen von Ihnen, an die Sie noch gar nicht gedacht haben: in der Art und Weise, wie sie Vertrauen aufbauen, wie Kritik geäußert werden darf, in dem Bedürfnis, über persönliche Dinge zu sprechen, im Umgang mit Anerkennung und in vielem mehr. Aus diesen subtilen Unterschieden ergeben sich komplett andere Erwartungen an die internationale Zusammenarbeit, die ein Projekt sprengen können, wenn sie nicht rechtzeitig auf den Tisch kommen.
Tipp 2: Wenn etwas nicht klappt, hinterfragen Sie die ungewohnten Vorgehensweisen!
Hört sich einfach an. Ist es aber nicht. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und gewohnte Handlungsabläufe sind emotional hoch besetzt. Wenn es zu Irritationen kommt, reagiert der Mensch schnell gereizt oder verunsichert. Die hohe Kunst ist es, sich im internationalen Team bewusst zu machen, dass jemand, der ungewohnt agiert, noch lange nicht inkompetent ist! Versuchen Sie den Grund für die andere Vorgehensweise herauszufinden – vielleicht liegt in ihr ein Vorteil verborgen, der ihr Projekt noch viel weiter bringen wird?
Tipp 3: Nehmen Sie sich Zeit für den Beziehungsaufbau!
In vielen Kulturen müssen Sie zunächst eine persönliche Beziehung aufbauen, bevor Sachthemen behandelt werden können. Small-Talk ist unerlässlich. Informieren Sie sich jedoch vorher gründlich über akzeptierte Small-Talk-Themen und wieviel persönliche Kommunikation erwartet wird!
Tipp 4: Achten Sie auf unterschiedliche Einstellungen zu Hierarchie!
Die Einstellung zu Hierarchie beeinflusst Kommunikationswege und Entscheidungsprozesse: Wissen Sie, wen Sie direkt ansprechen können und wen nicht? Wissen Sie, wem gegenüber Sie Kritik äußern können und wem gegenüber nicht? Ist es üblich, dass der Ranghöhere entscheidet oder gibt es eine Konsensentscheidung?
Tipp 5: Achten Sie auf den unterschiedlichen Umgang mit der Zeit!
Klären Sie im Kick-off-Meeting, wie sie im Team mit der Zeit umgehen wollen. Wann werden welche Schritte in der Planung unternommen? Wird erst alles detailliert festgelegt oder gibt es viel Brainstorming? Sollen Fehler möglichst im Voraus ausgeschlossen werden oder darf man Fehler machen, die dann korrigiert werden? Wie viel darf man sich verspäten, um noch als pünktlich zu gelten? Wie lange darf man für eine Rückmeldung brauchen?
Tipp 6: Achten Sie auf ein höfliches Ausdrücken von Kritik!
In vielen Kulturen wird es als Schlag ins Gesicht erlebt, wenn man direkt kritisiert. Oft ist es adäquat, Kritik nur anzudeuten, in einem “positiven Sandwich” zu verpacken oder nur unter vier Augen anzusprechen. Finden Sie heraus, wie hier die Gepflogenheiten Ihrer Teammitglieder sind!
Tipp 7: Achten Sie darauf, wie Ihre Partner Anerkennung handhaben!
Anerkennung ist wichtig für die Motivation! Finden Sie heraus, was Ihre Teammitglieder gewohnt sind: Werden Einzelne für Erfolge honoriert oder erhält grundsätzlich das gesamte Team die Anerkennung, unabhängig von der individuellen Leistung?
Tipp 8: Achten Sie darauf, wie Ihre Partner mit Vertrauen umgehen!
Vertrauen ist der Schmierstoff, der Ihr Projekt zum Laufen bringt. Auch hier gibt es kulturell unterschiedliche Ansätze. Finden Sie heraus: Besteht ein anfänglicher Vertrauensvorschuss, der durch schlechte Erfahrungen abgebaut wird, oder herrscht eher Misstrauen, das durch gute Erfahrungen verringert wird? Woran merkt jedes Teammitglied, dass es den anderen vertrauen kann?
Tipp 9: Entwickeln Sie ein gemeinsames Ziel- und Prozessverständnis!
Gerade wenn unterschiedliche Sprachen im Spiel sind, ist es wichtig, im Kick-off-Meeting zu besprechen, wie jedes einzelne Teammitglied das Projektziel versteht. Werden bestimmte Konzepte unterschiedlich interpretiert? Stellen Sie sicher, dass Sie von Anfang an die gleiche Ausgangssprache sprechen! Stimmen Sie Ihr Grundverständnis des Projektmanagements miteinander ab und handeln Sie Spielregeln und Umgangsformen aus, die für alle Beteiligten funktionieren. Schaffen Sie Ihre eigene Teamkultur!
Tipp 10: Freuen Sie sich auf kreative Lösungen!
Zunächst schmerzt es vielleicht, ein Stück von alten Gewohnheiten abzurücken. Der große Trost: Nur so kann etwas Neues entstehen! Nicht umsonst haben Studien ergeben, dass internationale Teams deutlich kreativer sind, wenn ihnen ausreichend Zeit für die Teamentwicklung eingeräumt wird! Seien Sie positiv und gespannt auf neue Herangehensweisen!
Autorin: Johanna Marius -Die Übersetzerin und Dolmetscherin Johanna Marius verweist auf eine langjährige Erfahrung als interkulturelle Trainerin. Durch ihre vielseitige Auslandserfahrung, insbesondere in einigen afrikanischen Ländern, ist sie international gut vernetzt. Heute leitet sie das Münchner Institute für Languages & Intercultural Training und ist spezialisiert auf interkulturelle Kommunikation.